Arthropoden von Klebstoff lösen

  • Moin Ameisenfreunde,

    hoffe das Thema ist hier richtig.


    In meinem Assel Terra ist leider ein Hygrometer abgefallen und eine Assel hatte sich ungünstig in dem Klebestreifen verfangen.


    Hatte die kleine schon fast aufgegeben da ich mit Lösungsmitteln nicht dran wollte aber da kamen mir die Klimalkleber in den Sinn und dass die ja auch immer erfolgreich mit Speiseöl von der Strasse gelöst werden.


    Hat super funktioniert! Nach kurzer Einwirkzeit konnte sie sich selbst befreien und alle Beine, Fühler etc. sind drangeblieben.


    Wollte das nur mit euch teilen falls ihr mal selbst in so eine Lage geratet.

    Öl klappt auch hier wirklich super!

  • Ok, super. Und das Öl gibt auch hinterher keine Probleme? Wegen verstopfter Atemwege? Oder hast du sie noch irgendwie gesäubert?

    Das war in der Tat eine Sorge, aber sie schien es erst mal überstanden zu haben.

    Da Asseln quasi Krebse sind, läuft das bei denen über Kiemen ab, die eigentlich bei Verschmutzung gut geputzt werden können.

    Da die Tiere diese auch mit den Beinen befeuchten müssen, müssten dies gut erreichbar sein.

    Ich habe natürlich versucht, die Assel nicht komplett einzuölen, komplett vermeiden, dass auch der Rest etwas abkriegt, lässt es sich nicht.

    Gesäubert habe ich sie nicht.

    Wenn sie Putzverhalten gezeigt hätte und man gesehen hätte, dass sie alleine nicht fertig wird, hätte ich sie vermutlich erlöst, anstatt noch mehr zu machen.

    Da einzelnen Asseln doch recht schwer zu beobachten sind, kann ich nicht sicher sagen, ob sie noch lebt oder nicht.

    Ich fürchte aber nicht. Ich habe alle 5 Minuten mal geschaut, ob ich was Auffälliges sehe.

    Nach etwa 20-30 min habe ich eine tote Assel gesehen, die bereits angeknabbert wurde.

    Ob sie das war, weiß ich nicht sicher, liegt aber nahe, obwohl sie sich augenscheinlich normal verhalten hat.

    Da mir eine Verwendung von Hitze oder Lösungsmitteln gefährlicher erschien, war es entweder das oder euthanisieren.


    Ob es jetzt "moralisch richtig" war, eine möglicherweise "schmerzhafte Behandlung" Behandlung einer Euthanasie vorzuziehen, ist natürlich schwer zu entscheiden.


    In meiner Euphorie, dass alles super schien, habe ich da etwas vorschnell und undifferenziert gepostet.

    Man sollte sich unbedingt über die Risiken klar sein. Je kleiner das Tier, desto schlechter vermute ich.


    Zum Thema Euthanasie bei Insekten habe ich auch seit Längerem versucht, mich etwas schlauzumachen, und die humanste Methode ist scheinbar, das Tier zunächst im Kühlschrank mind. 20 min abkühlen lassen und erst dann ins Eisfach.


    In Studien an Kröten (die ja auch wechselwarm sind), konnten bei dieser Methode während der Prozedur keine Veränderung der Hirnströme festgestellt werden.


    Wer also sicherstellen will, dass auf keinen Fall mehr Leid entsteht (wenn man zu der Fraktion gehört, die glaubt, dass Insekten auch nur annähernd so etwas empfinden können), sollte, soweit ich das recherchieren konnte, die Kühlschrank+Eisfach Methode wählen.

  • Danke für die Erklärung.



    Zum Thema Euthanasie bei Insekten habe ich auch seit längerem versucht mich etwas schlau zu machen, und die humanste Methode ist scheinbar, das Tier zunächst im Kühlschrank mind. 20 min abkühlen lassen, und erst dann ins Eisfach.


    In Studien an Kröten (die ja auch wechselwarm sind) konnten bei dieser Methode, während der Prozedur, keine Veränderung der Hirnströme festgestellt werden.


    Wer also sicherstellen will daß auf keinen Fall mehr Leid entsteht (wenn man zu der Fraktion gehört die glaubt, daß Insekten auch nur annähernd so etwas empfinden können), sollte, soweit ich das recherchieren konnte, die Kühlschrank+Eisfach Methode wählen.

    Das finde ich einen sehr schönen Ansatz von dir. Tatsächlich ist das ja ein Forschungsfeld - aber ein unheimlich Schwieriges, weil man die Insekten ja nun kaum nach ihrem Befinden befragen kann und es - im Gegensatz zu vielen Wirbeltieren, auch nicht so leicht erkennt, z.B. an Körperhaltung, Verhalten usw.


    Nach allem, was man so über die letzten Jahrzehnte herausgefunden hat, ist das vermutlich auch bei jedem Insekt anders, gerade eusoziale Insekten sind da wohl auch etwas voraus.


    Ich kann es dir v.a. zu Ameisen sagen, will es aber möglichst kurz halten, weil es eigentlich nicht zum Thread-Thema passt (wir können das aber gerne auch in einen eigenen Thread auslagern, gib Bescheid :winking_face:) und außerdem schon sehr komplex ist (also Fragen wie "Was ist überhaupt Bewusstsein, was sind Empfindungen, ...?"



    Ein paar Beispiele, ohne jede Vollständigkeit:

    • Ameisen haben in jedem Fall ein Selbstbewusstsein und Körperbewusstsein (Ich bin Ich, Das dort bin nicht Ich/Ich bin an Ort XY im Raum/...)
    • Isoliert man Ameisen von der Kolonie (Studie Uni Mainz aus 2021), dann verändern sie - auch nach Isolationsende - ihr Verhalten v.a. in drei Punkten: Sie erhöhen die Dauer des Kontakts mit Brut. Sie senken die Zeit der Selbstpflege. Nach Ende der Isolation sind sie weniger an Nestgenossinnen interessiert; Zudem: Gene, die in Zusammenhang mit der Funktion des Immunsystems und der Stressreduktion zusammenhängen werden deutlich weniger aktiviert; Das Immunsystem wird in der Folge geschwächt, die Tiere stehen unter Stress; Meine eigene Beobachtung (leider): Die Tiere werden teils sehr inaktiv. Es sterben auch Tiere trotz Futter/Wasser einfach ab binnen weniger Tage
    • Ameisen retten verletzte Koloniemitglieder. Dazu muss man nicht mal weit ins Ausland schauen: Auch unsere Waldameisen machen das sehr aktiv. VerletzteTiere werden aktiv von anderen Arbeiterinnen aus der Gefahrenzone Richtung Nest geschafft und zwar durchaus mit hoher Priorität. Dort werden sie dann wohl auch gepflegt (Wunden belecken, denn Ameisen produzieren eine Reihe antimikrobieller Substanzen in ihrer einzigartigen Metapleuradrüse). Das bedeutet: Sie müssen ja irgendwie erkennen, dass die anderen Arbeiterinnen Schaden genommen haben und irgendwie sagt ihr Instinkt auch: Die ist wertvoll, die muss man retten. Das ist schon ein sehr komplexer Vorgang. In Afrika gibt´s eine Art die sogar gezielt Amputationen von infizierten Gliedmaßen durchführt. Klingt verrückt, ist aber 2022 entdeckt worden (Uni Würzburg)
    • Schmerzempfinden: Dieses ist wohl andersartig als unseres. Kürzlich habe ich selbst erst eine Camponotus herculeanus Jungkönigin OHNE Gaster vollkommen unbeeindruckt durch die Gegend laufen sehen. Das wäre für ein Wirbeltier vollkommen unmöglich. Werden Ameisen verletzt, krampfen sie durchaus, aber nach kurzer Zeit erscheinen sie wieder wie normal. Insekten haben soweit bekannt keine Nozizeptoren, die bei Wirbeltieren u.a. elementar für das Schmerzempfinden sind. ABER: Bei Versuchen mit Fruchtfliegen hat man herausgefunden, dass diese nach einer Verletzung hypersensibel gegenüber Schmerzreizen wie Hitze usw. bleiben, selbst nach Abheilen der Wunde. Die zugrundeliegenden Mechanismen ähneln stark denen, die man beim Menschen für chronische Schmerzen verantwortlich macht
    • Zudem: Schmerz ist nicht gleich Unwohlsein oder die Empfindung von anderen, negativen Reizen. Ameisen und andere Insekten können durchaus sehr deutlich Hitze, Elektrizität oder chemische Stoffe spüren und aktiv vermeiden, wenn sie damit ungewollt in Kontakt gekommen sind. Sie haben auch mit Sicherheit Rezeptoren für das Empfinden von Druck und Berührung - das kann auch zu Missempfindungen führen. Ameisen merken selbstverständlich, dass sie gequetscht werden und reagieren auch darauf mit Aggression und Fluchtversuchen. Sie vermeiden sehr aktiv alle solche Missempfindungen auslösenden Stoffe oder Areale etc.


    Da die Nervenaktivität bei wechselwarmen Tieren mit dem Abkühlen stark absinkt, ist aber wie du schreibst davon auszugehen, dass der Vorgang noch mehr oder weniger human ist. Die Tiere bekommen das Sterben vermutlich nicht wirklich mit.


    Das Abbrühen ist bei relativ kleinen Insekten ebenfalls vermutlich recht human, da der Tod binnen kürzester Zeit eintritt. Ein kleines bis mittelgroßes Heimchen in kochend heißem Wasser ist z.B. sofort tot. Allerdings gilt das nicht für größere Insekten. Eine ausgewachsene Heuschrecke oder große Schabe strampelt gerne mal noch mehrere Sekunden herum - für mich persönlich wäre das vollkommen inakzeptabel.

    Träume den unmöglichen Traum, besiege den unbesiegbaren Feind, strebe mit deiner letzten Kraft nach dem unerreichbaren Stern.

    Einmal editiert, zuletzt von ice_trey ()

  • wir können das aber gerne auch in einen eigenen Thread auslagern, gib Bescheid :winking_face: )

    Gerne, ich finde das Thema auf vielen Ebenen hochspannend!


    Ich lese dazu gerade auch Arthropod Brains.

    Ist schon etwas Mühe, da die Sprache auf einem hohen Niveau ist und ich viele Wörter nachschlagen muss.

    Aber auch dank der vielen faszinierenden Bilder absolut eine Empfehlung für Interessierte, die fortgeschrittene Englischkenntnisse mitbringen.


    Wie du auch schon erwähnt hast, unterscheiden sich die Nervensysteme von eusozialen Insekten deutlich von anderen.

    Selbst bei nahen Verwandten wie Bienen sind die Nervensysteme der nicht sozialen, markant anders.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!