2 Ameisenarten in einem Formicarium

  • hey ich möchte neu in die ameisenhaltung einsteigen und hatte vorher ein Aquarium (Marke:Rio) das eine Füllmenge von 240l hat und will das als Formicarium umbauen und habe mich gefragt ob ich dort 2 ameisenrassen halten könnte (Lasius niger und Myrmica rubra) da es ein sehr großes Becken ist. und eine Gottesanbeterin wollte ich auch noch irgendwann hinein tun zur populationskontrolle. dann wollte ich auch noch fragen was da noch alles mit rein muss mit die Erde uns so sauber gehalten wird zb kellerasseln und sowas

  • Hallo Jok3er,


    Willkommen auf Ameisenhaltung.de :winken:


    und habe mich gefragt ob ich dort 2 ameisenrassen halten könnte (Lasius niger und Myrmica rubra) da es ein sehr großes Becken ist

    Nein, das wird mit diesen beiden Arten (Rassen ist nicht der richtige Begriff) nicht funktionieren, auch nicht in einem großen 240l Becken. Grund ist, dass v.a. Lasius niger äußerst dominant und territorial ist. Aber auch Myrmica rubra ist im Bedarfsfall sehr wehrhaft. Beide Arten kollidieren in freier Natur gerne miteinander. Ergo wird es mit Sicherheit irgendwann Krieg zwischen beiden Kolonien geben, ggf. auch mit der Auslöschung einer Seite. Etwas, das wir in der Haltung sicherlich nicht anstreben. Denn du übernimmst die Verantwortung für Lebewesen, ergo - egal ob Insekt, Katze oder Echse: Du bist dafür verantwortlich, ihnen ein sicheres und artgerechtes Leben zu garantieren. Zwei aggressive Arten zusammen zu halten ist also nicht möglich.


    Du könntest allerdings eine der beiden Arten zusammen mit einer sehr defensiven Gattung wie Temnothorax oder Leptothorax halten. Diese sind sehr zurückhaltend und werden auch nicht als direkte Konkurrenz wahrgenommen. In der Natur sieht man gerne mal Lasius oder Myrmica mit dieser Gattung "zusammen", sie belaufen also die selben Wege zu Nahrungsquellen etc. und ignorieren sich weitestgehend.



    und eine Gottesanbeterin wollte ich auch noch irgendwann hinein tun zur populationskontrolle.

    Aus zwei Gründen keine gute Idee und nicht sehr durchdacht. Erstens: Erstmal musst du so weit kommen, dass du überhaupt eine Bestandskontrolle braucht, da wirst du schon einige Jahre beschäftigt sein, wenn es gut läuft :winking_face:

    Man stellt sich immer vor, das würde alles schon von alleine laufen. Aber in Realität ist die Ameisenhaltung nicht so einfach. Im ersten Jahr wirst du nur wenige Tiere haben, im zweiten, dritten vielleicht mal endlich die 100 Arbeiterinnen knacken. Der Großteil der Kolonie bei kleinen Völkern sitzt dabei gerne einfach Zuhause - denn sie vermeiden unnötige Außenaktivitäten.


    Dann geht es relativ steil bergauf, bis du ein paar tausend Tiere hast. Die Kolonien bleiben bei den meisten Arten weitaus kleiner, als die in der Natur. Und der Weg überhaupt mehrere Jahre zu schaffen, ist steiniger, als die meisten Einsteiger denken.


    Zweitens wäre wohl eher auf Dauer die Gottensanbeterin gefährdet. Denn wenn es um Bestandskontrolle geht, dann müssten die Ameisenkolonien ja schon stattlich groß sein - sie würden ohne Probleme die Gottesanbeterin attackieren und ggf. auch töten. Sollte wirklich irgendwann eine Bestandskontrolle nötig sein, dann reduziert man einfach die Proteinzufuhr - und schon kommen deutlich weniger Tiere nach.


    Von solchen Experimenten bitten wir also den Tieren zuliebe wirklich Abstand zu nehmen. Wir können in der Ameisenhaltung nicht einen Naturraum simulieren, also mit dutzenden Arten in einem Becken. Dafür ist der Platz einfach viel zu beschränkt. Die Territorien von Ameisenkolonien können in der Natur dutzende Quadratmeter umfassen - keine Chance, das zuhause abzubilden. In dem geringen Platzangebot ist dafür aber das Risiko ungewollter Begegnungen und Gefahren sehr hoch, wenn man wahllos diverse Arten zusammen schmeißt. Es gibt aber natürlich schon Möglichkeiten, daher gleich zu deiner nächsten Frage:


    dann wollte ich auch noch fragen was da noch alles mit rein muss mit die Erde uns so sauber gehalten wird zb kellerasseln und sowas

    Du kannst Asseln problemlos ins Becken geben, da diese von den Ameisen meistens in Ruhe gelassen werden. Kellerasseln sind wegen ihres harten Panzers für Ameisen kaum zu knacken, eher bereits sterbende oder tote Tiere werden angegriffen und als Beute ins Nest gebracht. Im Fall von weißen Asseln (gibt´s als Zuchtansatz bei vielen Terraristikshops) werden diese ggf. sogar im Nest geduldet. Diese Asseln leben in der Natur oft bei Ameisen und bedienen sich dort an Futterresten. Sie sind für die Kolonien komplett ungefährlich - andersherum gilt das meistens auch.



    Wenn man noch etwas Leben ins Formicarium bringen will, könnte man dieses auch gut mit Pflanzen (Bio/unbehandelt oder ungeschützte Arten aus der Natur, denn die aus dem Gartencenter sind oft mit Insektiziden belastet!) besetzen und diese erstmal gut wachsen lassen. Und dann ggf. mal schauen, was passiert, wenn man ein paar Blattläuse einbringt. Lasius niger und Myrmica rubra halten sich Blattläuse aktiv als "Vieh". Das funkti0niert in kleinen Maßen im Formicarium auch, man muss allerdings den Bestand dann wirklich kontrollieren - denn die meist doch eher kleinen Pflanzen werden von den Blattläusen schnell stark geschädigt.



    Am Ende würde ich dir gern noch unseren Wegweiser zum eigenen Volk (Link) ans Herz legen, um dich noch etwas besser über die Ameisenhaltung und deren Anforderungen zu informieren. Wir sind natürlich gern bei allen Fragen da.

    Träume den unmöglichen Traum, besiege den unbesiegbaren Feind, strebe mit deiner letzten Kraft nach dem unerreichbaren Stern.

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