Hey, kurze Frage. Ich hab meine Messor barbarus jetzt seit ungefähr einem Jahr, wie viele Arbeiterinnen sollte ich nach der Zeit ungefähr haben? Und ist es normal, dass einer meiner drei Jungköniginnen, die ich vor Kurzem entdeckt habe, die Flügel teilweise abgeknabbert werden? Aggression in der Kolonie und gegenüber den Jungköniginnen gibt es überhaupt nicht.
Messor barbarus
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Hey, kurze Frage. Ich hab meine Messor barbarus jetzt seit ungefähr einem Jahr, wie viele Arbeiterinnen sollte ich nach der Zeit ungefähr haben?
Hi Jona, da fehlt mir ein wenig der Hintergrund. Als Jungkönigin bekommen? Oder als kleine Kolonie?
Jungköniginnen gründen bei Messor barbarus in jedem Fall erst im Folgejahr nach dem Jahr des Schwarmflugs (also z.B. Schwarmflug 2023 -> Gründung 2024. Teils von den Shops sogar noch weiter rausgezögert um möglichst lange "Jungköniginnen" verkaufen zu können - oder andersherum: Jungkönigin hat noch gar nicht gegründet, wird aber mit fremder Brut gepusht). Je nach Vitalität der Gyne, der Fütterung usw. kann man da im Gründungsjahr mit grob irgendwas zwischen 10-30 Arbeiterinnen rechnen.
Jungkolonien sollten es dann im Folgejahr durchaus auf 50-100 Arbeiterinnen schaffen. Die Pygmäen aus der Gründung sind nicht sehr langlebig - es ist also normal, dass diese nach wenigen Monaten allesamt absterben und damit die Arbeiterinnenzahl schnell etwas gedrückt wird. Nach 3 Jahren kannst du sicher mehrere Hundert Arbeiterinnen haben usw., das Wachstum geht exponentiell. Je proteinreicher die Nahrung und je besser die Bedingungen der Haltung, desto schneller geht es bei einer gesunden Kolonie.
Erste Geschlechtstiere kommen meist erst ab dem 3. Jahr. Ist etwas verschieden, je nach Art/Kolonie, aber so Pi mal Daumen. Oft kommen auch erstmal ein paar Männchen und dann erst im Folgejahr erste Jungköniginnen. Geschlechtstiere sind ressourcenintensiv in der Entwicklung, v.a. die großen Jungköniginnen benötigen massiv Proteine und eine speziell aufbereitete Nahrung. Die Männchen hingegen sind halt einfach faule, unproduktive Tiere, die so lange nur durchgefüttert werden müssen, bis sie endlich schwärmen (daher werden Männchen auch quasi nie überwintert), also auch nur ein Kostenfaktor, den sich eine sehr junge Kolonie kaum leisten kann.
Und ist es normal, dass einer meiner drei Jungköniginnen, die ich vor Kurzem entdeckt habe, die Flügel teilweise abgeknabbert werden?
Selbe Kolonie? Sicher, dass die Flügel von Anfang an intakt waren? Es kommt bei Ameisen in jedem Fall sehr regelmäßig zu Deformierungen und Schadstellen, die mWn sogar schon im Larvenalter entstehen können. Stark vereinfachtes Beispiel: Eine Larve wird in einer Panikreaktion (z.B. bei Störung durch den Halter) von einer Arbeiterin beim Wegtragen zu fest gepackt -> Verletzung -> Verletzung verheilt, aber die Schadstelle bleibt bestehen (quasi eine Narbe) -> im Puppenstadium löst sich die Larve zwar quasi auf, aber effektiv findet in selbigem Areal durch die Zellen die Ausbildung von Extremitäten wie Beinen oder Flügeln statt, je nachdem, welches Genmaterial dort zugrunde liegt -> Schadstelle wird auch ausgebildet und ist nach Schlupf direkt sichtbar. Oder die Verletzung findet im Puppenstadium statt, wenn die "fertige" Ameise quasi in Grundzügen schon da ist. Gerade Nacktpuppen ohne den schützenden Kokon sind da gefährdet.
Wenn man eine Ameisenkolonie genau anschaut, sieht man oft solche Beschädigungen. Hier mal zwei Beispiele eine Messor minor hesperius aus der Haltung (also mit Sicherheit keine Kampfverletzungen und von mir irgendwie angepackt wurden die auch nicht):
Ergo: Ein paar mehr Hintergrundinfos wären gut, damit man deine Frage abschließend beantworten kann.
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Ich hab die Kolonie mit ungefähr 30 Arbeiterinnen vor genau einem Jahr bekommen und jetzt sind es schon ungefähr 2000-3000 Arbeiterinnen und Majore.
Ich bin mir nicht sicher, ob die Jungkönigin mit beschädigten Flügeln geschlüpft ist.
Ich Füttere eine Körnermischung, Wasser und eiweiß meistens (Schokoschaben)
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Das ist eine wahnsinnige Menge, gratuliere zu dem Haltungserfolg!
Wenn man natürlich sehr proteinreich füttert, kann das Wachstum auch deutlich höher sein. Ich gebe Sie Zahlen lieber gern etwas niedriger an, weil die meisten Einsteiger sonst zu viel erwarten. Deine Kolonie ist aber schon min. 3 Jahre alt (Schwarmflugjahr -> Gründungsjahr [-> ggf. ein weiteres Jahr beim Händler (die halten die Kolonien dann künstlich klein, weil sich große Kolonien schlecht verkaufen)] -> ein Jahr bei dir)
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Ja, das kann sein. Ich weiß nur, dass es am Anfang ungefähr 30 Arbeiter waren.
Ich bin mir auch noch unsicher bei der Proteinmenge. Ich füttere ihnen ungefähr 10 Schokoschaben pro Woche, aber immer 5 auf einmal. Ist das genug?
Gestern habe ich es mal mit einer Argentinischen Schabe ausprobiert, die war ca. 5 cm lang und sie haben es auch problemlos durch den Panzer geschafft.
Zusammengefasst würde mich die Meinung einer weiteren Person bei der Menge und Art des Proteinfutters interessieren.
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Theoretisch musst du bei Messor-Arten ja gar kein Proteinfutter extra geben - denn die ziehen ihre Proteine sonst komplett aus den Körnern und Samen. Alles was Insekten angeht kommt einfach nur noch on top. Sprich: Da gibt´s kein richtig oder falsch, denn offensichtlich wächst deine Kolonie ja rasant. Wenn das so gewollt ist, dann machst du einfach so weiter. Wenn du es bremsen willst, musst du die Proteinmenge deutlich runter fahren.
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Ich dachte das gar kein proteinfutter nicht so gut ist. Ist das falsch?
Vielen Dank für die ausführlichen Antworten.
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Ich dachte das gar kein proteinfutter nicht so gut ist. Ist das falsch?
Messoren sind da ziemlich speziell. Theoretisch kannst du sie wie gesagt komplett mit Körnern und Samen ernähren, quasi vegan. Das entspricht auch der Hauptfutterquelle in Natura. Da der Proteinanteil in dieser Art von Ernährung schon ziemlich hoch ist, ist das komplett ausreichend, um ein normales, gesundes Koloniewachstum zu ermöglichen. Natürlich werden auch da mal ein paar Insekten erbeutet oder tote Tierchen ins Nest gebracht. Nur eben nicht in der großen Menge wie bei Arten, die darauf angewiesen sind. Ich konnte diverse Messor im Ausland beobachten und da findest du tatsächlich kaum mal eine Arbeiterin mit einem Insekt zwischen den Mandibeln. Die Gabe von Insekten ist also optional.
Bei den meisten Ameisen ist es hingegen halt so, dass ihre Ernährung sich stark aufspaltet in Kohlenhydrate (meist über Honigtau/Nektarien) und eben den obligatorischen Proteinanteil über Insekten, Aas, etc.pp.; daher könnte man da natürlich nicht die Proteine einfach weglassen, dieser ist unbedingt notwendig, um die Brut zu versorgen und kann nicht auf anderem Wege erfolgen.
Sprich: "Nicht so gut" heißt halt, dass sich die Kolonien langsamer entwickeln. Aber es ist tatsächlich überhaupt nicht schädlich, die Insekten bei Messor wegzulassen, solange eine wertige Ernährung mit abwechslungsreichen Körnern und Samen stattfindet. Wie du bei dir selbst siehst - und ich sage da im positiven Sinne, dass du da eher die Ausnahme bist - entwickeln sich deine Messor ja geradezu explosiv. Das liegt natürlich am hohen Proteinfutteranteil, den du anbietest. Die Ameisen nehmen das dankend an und man sieht ja auch den Einfluss.
Da gibt´s oft kein Richtig oder Falsch. Wie schnell sich eine Kolonie entwickeln soll und wie groß wie werden soll, ist ja auch ein wenig eine Geschmacks- und Platzfrage. Man kann über die Proteinfütterung relativ gut steuern, wie gut sich die Brut entwickelt.
Vielen Dank für die ausführlichen Antworten.
Na klar, gern
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