Larven und Kolonien

  • Hallo,


    Ich konnte die Tage eine sehr interessante Beobachtung machen.
    Ich hatte mir unter einem Stein einige vermutlich Lasius sp Larven geklaut, um meine Lasius flavus Kolonie vor der Winterruhe noch etwas zu vergrößern. Ich habe so nach und nach immer wieder ein paar hinzugegeben, und sie wurden auch eifrig angenommen (vielleicht wurden sie auch im Bau gefressen).
    Aber ich hatte natürlich viel mehr mitgenommen, als ich der Kolonie zumuten wollte, so dachte ich mir gebe ich die restlichen meiner Mayrmica rubra Kolonie als gutes Futter.
    Ich habe die restlichen Larven also in die Arena gegeben, und schon nach einiger Zeit kam eine Arbeiterin, zu meinem Erstaunen wurden die Larven aber nicht gefressen, sondern schön säuberlich eine nach der anderen in das dunkle Anschlussstück des Schlauches zum Nest verbracht. Hier werden die Larven nun schön versorgt.
    Ich bin schon überrascht, denn man ließt ja immer das es maximal möglich wäre auf Gattungsebene zu vermischen. Da sieht man mal wieder, Papier ist geduldig!


    Viele Grüße Peter

  • Hi und Hallo,


    bedauerlich, dass Du die "bestohlene" Kolonie nicht betimmen konntest, so ist ja nicht auszuschliessen, dass Du keine Larven einer Lasius sondern Jungtiere einer Bambusratte zugegeben hast.


    Hast Du jetzt tatsächlich Larven genommen, oder Puppen?


    Die Empfehlungen, nur Puppen der eigenen Art zu nehmen (wenn man denn wieder keine Geduld hat) hat mehrere Gründe:
    - die Akzeptanz bei eigener Art ist meist, innerhalb einer Gattung oft, innerhalb einer Unterfamilie selten und bei verschiedenen Unterfamilien ausnahmsweise erfolgreich.
    - schlüpfende Arbeiterinnen haben bereits auf ihre Art eingestellte Instinkte/Verhaltensmuster. Kippst Du jetzt Arten mit stark abweichenden Verhaltensmustern zusammen, kann es nmE einige Irritationen innerhalb der Kolonie geben. Möglicherweise hast Du Dich so der Aussicht beraubt, ein "normales" Verhalten bei Deiner Kolonie zu beobachten.


    Wie sich eine monogyne Lasius sp in einer polygynen Myrmica rubra Kolonie verhält, wäre zumindest interessant zu wissen.


    Ich für meinen Teil lege eher Wert auf reine Kolonien... nur so kann ich ihr normales Verhalten kennenlernen. (OK, normal im Formi :D)
    Pushen lehne ich ebenfalls rundherum ab, da ich auf eine gepushte Kolonie niemals stolz sein kann... und meine Beobachtungen zur Entwicklung für den "verlängerten Rücken" wären!!

  • Servus Sahal,


    Habe mich etwas unverständlich ausgedrückt! Es ist schon eine Lasius sp, sonst hätte ich sie auch nicht mitgenommen. Ich war mir der Risiken schon bewusst, generell kann man davon ausgehen, das das Gleichgewicht einer Kolonie durch solche Aktionen aus den Fugen gerät. (ist ja eigentlich auch logisch)
    Es waren hauptsächlich Larven.
    Für mich stand bei der Aktion nicht einzig die Vergrößerung der Kolonie im Vordergrund, sondern auch mein naturwissenschaftliches Interesse :smiling_face:


    Also wie ich schon schrieb, die Myrmica rubra wollte ich logischerweise nicht mit den Larven verstärken! Ich wollte die Larven nur nicht sinnlos wegwerfen, sondern halt an die Myrmica rubra verfüttern. Das diese die kleinen Dinger so gerne haben, dass sie gepflegt werden war nicht beabsichtigt, bzw. hatte ich nach dem gelesenen nicht für möglich gehalten.


    Ich sehe das eigentlich ähnlich wie du auch, allerdings mit dem Unterschied, das ich es nicht als "natürliches Verhalten" interpretiere, was ich bei Tieren in gefangenschafft beobachte! (das ist aber eine nicht diskutierbare Ansichtssache!)


    Viele Grüße Peter

  • Servus Kuglers Peter,


    also können wir Bambusratten ausschliessen... schade eigentlich :grinning_squinting_face:


    Viele natürliche Verhaltensmuster lassen sich auch bei (einigen) Ameisen-Arten in einer halbwegs guten Haltung beobachten, vor allem innerhalb des Nestes. Das es zu Abweichungen oder Fehlverhalten (gerade bei dem häufigen Platzmangel) kommt, liegt auf der Hand. Daher schrieb ich ja: "...(OK, normal im Formi )..."

  • Hallo Sahal,


    Ja Bambusratten wären echt toll gewesen! :grinning_squinting_face:
    Wie ich schon schrieb, das kann man so und so sehen.
    Ich habe immer mein Problem mit so Begriffen wie "natürlich", "normal"... was ist, bzw. bedeutet das? Ich könnte da Bücher drüber schreiben, es gibt in der Heimtierhaltung sehr viele kuriose Dinge, da tauchen Begriffe wie "artgerecht" auf, da habe ich auch immer mein Problem! Kann man nicht sagen, dass es nicht artgerecht ist, wenn die Tiere plötzlich keine Feinde mehr haben? Und was ist eigentlich eine Art? Das ganze Nomenklatursystem ist ein künstlich aufgepresstes System, was allenfalls mäßig die Wirklichkeit wiederspiegelt! Die Wirklichkeit ist viel komplizierter.


    Tut mir leid, ich wollte dich nicht vollschwallen, aber das musste ich mal kurz loswerden :smiling_face:


    Gruß Kuglers Peter :grinning_squinting_face:

  • Das ist ja interessant. Ich wäre aber überrascht, wenn aus den Larven schließlich voll akzeptierte Imagos werden. Aber wer weiß, man hat ja schon Pferde kotzen gesehn. :grinning_squinting_face:


    Auf jeden Fall sehe ich da einige Hürden, die sich als unüberwindbar heraustellen dürften. Zum einen wurden zwar die Larven als Brut im allgemeinen Sinne erkannt. Aber es ist durchaus möglich, dass ihnen das für Myrmica verhaltensauslösende "Bettel"-Verhalten fehlt, so dass die Larven zwar im Nest gelagert und gepflegt werden, aber mangels Fütterung einfach verhungern.


    Zweitens haben Lasius Larven bekanntlich die Angewohnheit, einen Kokon zu spinnen, Myrmica hingegen nicht. Schlupfreife Lasius brauchen aber in der Regel Hilfe, um sich aus ihrem Kokon zu befreien. Myrmicas dürften wahrscheinlich weder die Signale zum Öffnen der Kokons erkennen, noch über das dazu passende Verhalten verfügen. Und so werden die Lasius wohl so lange in den Kokons gefangen bleiben, bis sie eingehen.


    Sollten trotz alledem schließlich ausgewachsene Lasius-Arbeiterinnen schlüpfen, ist es immer noch möglich, das diese von Myrmica als artfremd erkannt und getötet werden, da sie nun nicht mehr den Schutz des "Brut"-Pheromons genießen.


    Wenn aber das Wunder geschieht, und weder Myrmica noch Lasius einander als Fremde erkennen, werden sie wohl trozdem nich als wirkliches Mitglied der Kolonie funktionieren können. Die Kommunikation dürfe schwer gestört sein, und die eine Art wird die Signale der anderen Art wahrscheinlich nicht erkennen, oder falsch interpretieren. So dürfte eine Myrmica kaum in der Lage sein, eine Lasius zu rekrutieren, und umgekehrt. Auch werden sie wahrscheinlich nicht in der Lage sein, sich gegenseitig zu füttern, da die eine das Betteln der anderen nicht erkennen wird. Auch Gefahren- und Beutealarm werden wahrscheinlich nicht kompatibel sein, genauso wie dutzende andere Pheromone, die das Leben der Kolonie regeln.


    So kam zum Beispiel die Frage auf, wie die monogynen Lasius auf die Anwesenheit mehrerer Myrmica-Königinnen reagieren werden. Ich vermute, gar nicht, da sie diese nichtmal als Königinnen erkennen dürften. Die spezifischen Wirkstoffe, mit denen Myrmica-Königinnen mit ihrem "Volk" interagieren, sind bei Lasius wahrscheinlich einfach wirkungslos, so dass die Lasius "glauben", sie seien in einer weisellosen Kolonie.


    Also alles in allem habe ich keine große Hoffnungen für das Gelingen der Adoption, lasse mich aber gerne überraschen und eines Besseren belehren.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!