Hallo liebe Ameisenfreunde,
vor genau zwei Jahren habe ich den folgenden Text in das alte Ameisenforum gestellt und nun in unser Forum kopiert, weil dieser Artikel einen Einblick in das Leben der Ameisen gewährt, welchen wir in der Haltung niemals erfahren dürfen.
Zugegeben ein langer Text, der vielen Usern nur ein Stöhnen entlockt. Aber sehr interessant und wirklich lohnend. Hier der Artikel:
ZitatAlles anzeigenKleiner Moorbläuling - Maculinea alcon
Schwarzgefleckter Bläuling - Maculinea arion
Grosser Moorbläuling - Maculinea teleius
Schwarzblauer Bläuling - Maculinea nausithous
Mit weltweit über 150.000 Arten bilden die Schmetterlinge (Ordnung Lepidoptera) die drittgrösste Insektenordnung - hinter den Käfern (Ordnung Coleoptera) und den Hautflüglern (Ordnung Hymenoptera). Eine der artenreichsten unter den rund einhundert Schmetterlingsfamilien ist die Familie der Bläulinge (Lycaenidae). In Mitteleuropa beispielsweise gehört fast ein Drittel aller Tagfalter der Bläulingsfamilie an.
Unter den Bläulingen befinden sich fünf Arten der Gattung Maculinea, welche wegen ihres aussergewöhnlichen Lebenszyklus zumindest in Fachkreisen Berühmtheit erlangt haben. Es handelt sich um den Kleinen Moorbläuling (Maculinea alcon), den Schwarzgefleckten Bläuling (Maculinea arion), den Grossen Moorbläuling (Maculinea teleius), den Schwarzblauen Bläuling (Maculinea nausithous) und den Enzianbläuling (Maculinea rebeli). Letzterer ist eng verwandt mit dem Kleinen Moorbläuling und wird von manchen Fachleuten als Unterart desselben betrachtet. Wir widmen diese Seiten deshalb den vier "unumstrittenen" Arten.
Lebensgemeinschaft mit Ameisen
Die Maculinea-Bläulinge sind mit einer Flügelspannweite von gewöhnlich 35 bis 40 Millimetern vergleichsweise grosse Mitglieder der Bläulingsfamilie. Verbreitungsgebiet und Lebensraum sind bei allen Arten etwas unterschiedlich: Der Kleine Moorbläuling ist von Frankreich im Westen quer durch Europa bis nach Kasachstan im Osten verbreitet und hält sich typischerweise in Riedwiesen und anderen feuchten Grasländern von Meereshöhe bis in Höhen von etwa 1.000 Metern ü. M. auf. Der Schwarzgefleckte Bläuling kommt von Westeuropa quer durch ganz Eurasien bis nach China und Sibirien vor und bewohnt magere, trockene Rasenstücke von Meereshöhe bis in Höhen von 2.000 Metern ü. M. Der Grosse Moorbläuling hat in Europa ein verhältnismässig beschränktes Verbreitungsgebiet, das sich zur Hauptsache vom östlichen Frankreich bandartig zum Ural hin erstreckt. In Asien ist sein Verbreitungsgebiet hingegen riesenhaft und reicht vom Ural bis nach Japan. Die Art ist zur Hauptsache in Feuchtwiesen zu Hause. Der Schwarzblaue Bläuling schliesslich kommt lückenhaft von Nordspanien quer durch das zentrale Europa bis zum Ural und zum Kaukasus vor. Auch er besiedelt vorzugsweise Riedwiesen und andere feuchte Grasländer.
Wie alle Tagschmetterlinge beginnen die Maculinea-Bläulinge ihr Leben als eher plumpe Raupe und machen später eine wundersame Verwandlung (Metamorphose) zum federleichten Falter durch. Im Laufe ihrer Stammesgeschichte haben sie jedoch - im Unterschied zu ihren Vettern - eine besondere Strategie entwickelt, um im "Kampf ums Überleben" gute Chancen zu haben: Im Raupenstadium bringen sie ausgerechnet ihre Feinde, die Ameisen, dazu, sie zu betreuen, das heisst sie zu ernähren, gegen andere Feinde zu beschützen und ihnen im wetterfesten Ameisennest Unterschlupf zu gewähren. Der Lebenszyklus und die ökologischen Ansprüche sind zwar bei den vier Arten nicht in allen Einzelheiten gleich, folgen aber mehr oder weniger dem folgenden Muster:
Die erwachsenen Falter sind jeweils ungefähr einen Monat im Jahr zu beobachen, in den meisten Bereichen ihres Verbreitungsgebiets irgendwann zwischen Ende Mai und Anfang August. Die durchschnittliche Lebensdauer des Einzeltiers beträgt in der Freiheit allerdings nur etwa fünf Tage. In dieser knappen Zeit ist jeder Bläuling bestrebt, seine biologische Aufgabe - die Sicherstellung der Nachkommenschaft - zu erfüllen. Die Männchen paaren sich mit den Weibchen, und die Weibchen legen bald darauf ihre Eier ab.
Bei der Wahl des Eiablageorts - der späteren Raupenfutterplanze - sind die Weibchen sehr wählerisch. So legen die Weibchen des Kleinen Moorbläulings ihre Eier fast ausschliesslich an Blütenknospen des Lungenenzians (Gentiana pneumonanthe) ab, die Weibchen des Schwarzgefleckten Bläulings an Blütenknospen des Feld-Thymians (Thymus serphyllum) oder des Dosts (Origanum vulgare), die Weibchen des Grossen Moorbläulings an Blütenknospen des Grossen Wiesenknopfs (Sanguisorba officinalis) und die Weibchen des Schwarzblauen Bläulings ebenfalls an Blüten des Grossen Wiesenknopfs, doch bevorzugen sie dabei deutlich jüngere, kleinere Knospen.
Jedes Weibchen legt gewöhnlich nur ein Ei an einer Blütenknospe ab, besucht aber innerhalb seines Streifgebiets jede verfügbare Raupenfutterpflanze. Ob sich in der Nähe einer Blütenknospe ein Ameisennest befindet, vermag das Falterweibchen nicht wahrzunehmen. Indem es seine Nachkommenschaft möglichst grossräumig verteilt, erhöht es aber die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest ein paar der Jungtiere von Ameisen gefunden und "adoptiert" werden.
Nach vier bis zehn Tagen, je nach Temperatur, schlüpfen die Räupchen aus den Eiern. Sie bohren sich sogleich in die Blüten hinein und ernähren sich dort von den sich entwickelnden Staubbeuteln, Fruchtknoten und Samen. Zwei bis drei Wochen lang bleiben sie im Innern ihrer Blüte verborgen und häuten sich in dieser Zeit zwei oder drei Mal.
Danach beginnt die erst drei bis vier Millimeter lange Bläulingsraupe ein seltsames Unterfangen: Sie kriecht kurz vor der Dämmerung aus ihrer Blüte und lässt sich auf den Boden fallen. Dort versteckt sie sich unter Pflanzenteilen oder in einer Erdspalte und wartet. Worauf sie wartet, ist eine Ameise - allerdings nicht irgendeine Ameise, sondern eine ganz bestimmte Knotenameise (Gattung Myrmica). Beim Kleinen Moorbläuling ist es Myrmica ruginodis, beim Schwarzgefleckten Bläuling Myrmica sabuleti, beim Grossen Moorbläuling Myrmica scabrinodis und beim Schwarzblauen Bläuling Myrmica rubra.
Fortsetzung folgt ...
Leider ging der Text aufgrund seiner Länge nicht in einen Beitrag, so dass ich ihn splitten musste.