Leider kann ich nicht mit einer Makro-Fotoausrüstung dienen, aber ich will versuchen die von mir beobachteten Verhaltensweisen einigermaßen genau wiederzugeben. Primär soll dies eine Gedächtnisstütze für mich sein um immer wiederkehrende Verhaltensweisen besser ausfindig machen zu können. Wer denoch Spass am Lesen hat, sei hiermit herzlich eingeladen am Leben von Ishtar und ihrem (noch) kleinen Volk teilzuhaben. Ich werde mir Mühe geben es einigermaßen unterhaltsam wiederzugeben. Allerdings werde ich sicherlich nicht täglich schreiben. Dazu fehlt mir leider die Zeit.
Gestern begann mein praktischer Einstieg in die kleine Welt der Ameisen mit einem Starter-Set, das ich geschenkt bekam. Das Formicarium, bestehend aus Arena und Farm, ist momentan noch recht einfach eingerichtet. Etwas Sand-Lehm-Mischung, das Reagenzglas (mit Papier umwickelt, damit kein direkter Lichteinfall erfolgt) und ein Futternapf mit Zucker-Honig-Lösung. Mit einem ca. 1m langen Schlauch ist daran die Farm befestigt. Sobald es draussen etwas grüner wird, werde ich es mit natürlichen Materialien weiter ausbauen. Die Kolonie besteht momentan aus der Gyne (Ishtar) und ca. 10-12 Arbeiterinnen. So genau kann ich das nicht sagen, weil es mir schwer fällt sie bei all dem Über- und Untereinandergekrabbel zu zählen.
Nach dem Öffnen des RGs dauerte es garnicht lange und die ersten Arbeiterinnen waren draussen anzutreffen. Während sie anfangs den Bereich direkt vor der Öffnung erforschten, wurde das untersuchte Gebiet binnen 15-20 Minuten auf die ganze Arena ausgedehnt. Nach etwa 2 Stunden war die erste Arbeiterin schon im Schlauch, allerdings verliess sie ihn auch recht schnell wieder, nachdem sie ca. die Hälfte durchquert hatte. Weitere 2h später wagte sich aber eine Arbeiterin auch bis zum Ende. Die Farm wurde allerdings noch nicht betreten, obwohl der Schlauch mittlerweile mehrfach durchquert wurde. Evtl. wurde der metallene Zugang, auf dem der Schlauch aufsitzt als Hindernis und Ende des Wegs identifiziert.
An der ZH-Lösung machten sich schon nach wenigen Minuten die ersten Arbeiterinnen zu schaffen. Nachdem sie von einer entdeckt wurde, hat diese den Klecks ausgiebig untersucht und kehrte dann in's Nest zurück. Etwa 5 Minuten später konnte man bereits 4 Arbeiterinnen an der ZH-Lösung entdecken. Nach etwa 1-2h waren sie offenbar satt, denn die weitere Erforschung der Arena gewann wieder Vorrang. 1-2 Arbeiterinnen waren währenddessen damit beschäftigt Sand in die Öffnung des Reagenzglases zu tragen und dort zum Verschliessen der Öffnung aufzuschichten.
Die ersten "Strassen" durch die Arena konnte ich mittlerweile auch anhand der Bewegungen ausmachen. So gibt es z.B. einen recht seltsamen Weg zum Futternapf. Normalerweise könnten die Ameisen aus dem Reagenzglas kommend nach rechts abbiegen und würden direkt auf ihn zulaufen. Stattdessen laufen sie aber prinzipiell erst ein Stück am Reagenzglas entlang, laufen dann wieder zurück zur Öffnung und gehen dann erst rüber zum Napf. Dieses Verhalten konnte ich bisher bei jeder Arbeiterin beobachten, die direkt die ZH-Lösung angesteuert hat.
Heute war ich leider recht lange unterwegs, so dass meine Beobachtungszeit etwas kürzer ausfiel. Allerdings konnte ich im Bad eine kleine Zitterspinne (Pholcoidea) einfangen, die ich tot in die Arena legte. Als sie von einer Arbeiterin entdeckt wurde, untersuchte diese sie zuerst ausgiebig. Dabei richtete sie sich auf ihre Hinterbeine auf (scheinbar kampfbereit) und näherte sich sehr vorsichtig. Erst nachdem sie einige Male reingebissen hatte, kehrte sie in's Nest zurück und kehrte mit 2 Kolleginnen zurück, die ihr beim Abtransport halfen. Auffällig war, dass immer 2 Ameisen zogen, während eine Ameise von hinten schob. Die mittlerweile zu 50% mit Sand verschlossene Öffnung des RG stellte sich dann doch als zu steil heraus und so waren die 3 dann erstmal eine Weile damit beschäftigt die "Rampe" flacher zu gestalten, während sie zwischendurch immer wieder versuchten die Spinne drüber hinwegzuziehen. Alles in allem dauerte die ganze Aktion ca. eine Stunde. Danach kehrten 2 Arbeiterinnen zum Fundplatz zurück und untersuchten diesen nochmal ausgiebig. Nach 3-4 Minuten kehrte eine von ihnen zum RG zurück, während die andere sich noch eine Weile mit dem Fundort beschäftigte und ihre Suche nochmal etwas ausdehnte.
So, das war es dann erstmal für den Anfang. Die Möglichkeit Ameisen jederzeit beobachten zu können hat auf jeden Fall einige Vorteile und bietet Einblicke, die kaum ein Buch oder gelegentliche Beobachtung in der Natur vermitteln kann. Ich hoffe, dass ich noch möglichst lange von Ishtar und ihrem Volk berichten kann.
Und damit keine Unklarheiten aufkommen, fasse ich alle Abkürzungen u.ä., die ich (auch in zukünftigen Beiträgen) verwende, an dieser Stelle zusammen.
Mein Glossar
h - physikalische Einheit für Stunde
Ishtar - die Gyne dieser Kolonie, ich finde diesen Namen recht passend
RG - Reagenzglas
SL-Mischung - Sand-Lehm-Mischung
ZH-Lösung - Zucker-Honig-Lösung
Hier kann diskutiert werden: Diskussionen zu bitmunchers Lasius niger Haltungsbericht