Glasfarm selber bauen?

Hallo Lily,

erstmal ein herzliches Willkommen in unserer Community. Schön, dass du den Weg hierher gefunden hast.
Viele Fragen und ich werde versuchen, sie so gut wie möglich zu beantworten

Zitat von Lily-Ameise

1. Wenn ich den Glaskasten gebaut habe, wo muss ich die Arena anbauen?

Die Ameisenfarm hat für gewöhnlich an den Seiten oben je einen Anschlussstutzen für Verbindungsschläuche. Diese Schläuche führen in die Arena. Das einzige "Problem" hier ist, dass die Arena natürlich ebenfalls einen Anschluss braucht, in den der Schlauch hineinführt.
Das bedeutet für dich: Entweder solch ein Becken in einem Ameisenshop kaufen, oder aber in Wunschgröße selbst bohren. Die meisten Halter nutzen als Arena ausrangierte Aquarien mit passendem Deckel. Mittels eines Diamant-Kernbohrers lassen sich entsprechende Löcher in die Scheiben des Aquariums hineinschneiden.

Zitat von Lily-Ameise

2. Welche Ameisen eignen sich für einen Einsteiger? Am besten wären bestimmt temperaturunabhängige mit selbstständiger Winterruhe...

Nun, einheimische Arten kann man immer bei Zimmertemperatur halten, ohne Probleme, während man exotische Arten selbstverständlich oft beheizen muss. Daher würde ich zu lokalen Arten raten. Diese Arten separieren sich auf: Die einen beginnen ihre Diapause temperaturabhängig (deutlich sinkende Temperaturen = Winterruhebeginn), einige wenige andere haben einen sog. endogenen Rhythmus, der temperaturunabhängig ist. Diese Arten - allen voran Camponotus herculeanus und Camponotus ligniperdus - entscheiden selbst, wann sie eine Diapause für angebracht halten. Das Problem: Für den Halter ist das nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich. Eine genaue Beobachtung führt erst zu der Erkenntnis, wann die Diapause begonnen wird. Eine verminderte oder gar ausbleibende Außenaktivität sind Zeichen, das Ausbleiben von neuen Eiern und Puppen sind ebenfalls gut erkennbar. Warum sich also Sorgen machen? De Facto heißt die temperaturunabhängige Winterruhe eben leider nicht, dass man die Ameisen bei Zimmertemperatur überwintern kann. Nein, der Halter muss hier im Gegenteil den richtigen Moment abpassen und die Ameisen zu gegebener Zeit an einen kühlen Ort bringen. Für alle einheimischen Arten gilt: max. 10°C, besser Kühlschranktemperaturen von 7°C oder sogar niedriger, sind obligatorisch. Eine schluderige Winterruhe mit zu hohen Temperaturen führt bei vielen Kolonien im Folgejahr zu massiven Problemen: erhöhtes Arbeiterinnensterben z.B. oder ein gestörter Rhythmus bei endogenen Arten (so kann die nächste Diapause z.B. schon im Hochsommer gestartet werden, usw.)

Lange Rede, kurzer Sinn: Du wirst bei einheimischen Arten nicht drumherum kommen, diese von Ende Oktober bis März an einen kühlen Ort zu bringen. Dazu reicht es natürlich aus, den Nestteil abzukapseln, der rest der Anlage kann an Ort un Stelle bleiben. Gerade dafür sind externe Nester wie Ameisenfarmen oder externe Ytongnester ja so praktisch

Lediglich Arten aus warmen Gefilden können warm überwintert werden (bei Exoten aus tropischen Gebieten) oder wenigstens bei etwas wärmeren Temperaturen eine verkürzte Winterruhe einhalten (beivielen südeuropäischen Arten, die bei ca. 15°C für nur 2-3 Monate ihre Diapause halten können).

Zitat von Lily-Ameise

3. Wo kaufe ich die Ameisen und wie viele sollte ich einsetzen?

Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder in einem dafür spezialisierten Ameisenshop, oder aber über private Halter. Entsprechende Flohmärkte finden sich hier im Forum und insbesondere auf Ameisenhaltung.de. Private Käufe sind bei Ameisenhaltern sehr beliebt, da es so gut wie keine negativen Erfahrungen damit gibt - bezahlt wird per Vorkasse, wenige Tage später bekommt meine seine Kolonie, die Preise sind zumeist niedriger als in einem Shop. Dafür gewähren Shops für wenige tage eine Garantie, z.B. für den recht unwahrscheinlichen Fall, dass die Kolonie beim Versand Schaden nimmt.

Wie viele du einsetzt? Ich nehme an, die Frage zielt eher auf die Koloniegröße ab? Letztendlich kommt es auf deinen Geschmack an: Man kann Gründerköniginnen erwerben, die gerade erst dabei sind, ihre erste Brut aufzuziehen, man kann aber auch Kolonien mit einer Vielzahl von Tieren erwerben. Die Preise steigen natürlich mit Anzahl der Tiere. Manche Halter wollen die Königin unbedingt bei der Gründung beobachten und erleben, wie die ersten Arbeiterinnen schlüpfen, die Kolonie folgend langsam wächst, usw., andere wiederum wollen eben schon ältere Kolonien, die mehr Aktivität zeigen aufgrund der Masse an Tieren.

Zitat von Lily-Ameise

4. Wie setze ich die Ameisen letztendlich ein?

Bei einer Ameisenfarm gibt es zwei Möglichkeiten. Da man seine Ameisen für gewöhnlich in einem mit Wassertank ausgestatteten Reagenzglas erhält, kann man dieses z.B., wenn die Farm breit genug ist, direkt in die Farm legen. Ansonsten legt man es in die Arena und wartet (und hofft) darauf, dass die Ameisen die Farm alsbald für sich entdecken und zu graben beginnen. Daher sollte man natürlich gerade am Anfang darauf achten, dass es in der Arena keine weiteren interessanten Niststellen gibt (z.B. bewässerte Pflanzen, da Ameisen gerne in feuchter Erde graben).

Zitat von Lily-Ameise

5. Ist die Arena zum Füttern da? Gibt es eine Standart-Nahrung, die alle Ameisen mögen oder muss ich artspezifisch füttern?

Ja, das ist sie. Anders als der Name verlauten lässt, finden in der Arena keine Kämpfe statt (außer man füttert Lebendnahrung), sondern dies ist der Bereich, in dem die Ameisen auf Futtersuche und auf Erkundung gehen, quasi das, was "alles außerhalb des Nests" darstellt. Und natürlich der Ort, an dem sich der Halter nach Lust und Laune mit der Gestaltung austoben kann. Das Becken kann man bepflanzen (oder auch nicht) und (natürlich auf die Art angepasst) ausstatten, wie jedes andere Terrarium auch. Ob das nun eine Sand"wüste" ist oder ein tropischer Dschungelersatz, hängt ganz von Art der Ameisen und Geschmack des Halters ab.

Zu guter Letzt: Nein, es gibt keine Standard-Nahrung in dem Sinne, sondern natürlich muss man auf die artspezifischen Lebensweisen achten. Was die Ameisen fressen, findet man schnell in entsprechenden Artbeschreibungen auf diversen Ameisenhaltungs-Seiten und in den Foren heraus. Für einen guten Teil der Arten bedeutet das allerdings - und das erleichtert die Sache - dass sie als Kohlenhydratzufuhr gerne Honig nehmen und als Proteinquelle Futterinsekten. Von Mischprodukten wie den sog. "Gellys", die man in Shops kaufen kann, rate ich ab. Es ist wichtig für die Ameisen, dass sie Kohlenhydrate und Proteine möglichst getrennt aufnehmen können (vereinfacht gesagt, denn natürlich besteht ein Standard-Futterinsekt auch nur zu ca. 20% aus Proteinen)

Daneben gibt es natürlich auch spezialisiertere Arten, die es auf Samen und Körner, oder aber, im Fall von Blattschneiderameisen, auf Blätter abgesehen haben, die sie zur Düngung ihres symbiontischen Pilzes nutzen (von dem sie Teile ernten und fressen).

Natürlich kannst du jederzeit einfach nachfragen, wenn dir etwas auf dem Herzen liegt - die Community wird immer versuchen, dir die Antworten zu liefern, die du brauchst.

Wie du siehst, ist Ameisenhaltung ein durchaus anspruchsvoller Zeitvertreib. Viele Leute denken, dass man die Ameisen einfach in ein Becken schmeißt und damit wäre alles erledigt. Die Fülle an Informationen und Dingen, die man wissen sollte beweist das Gegenteil

Herzliche Grüße,
ice_trey