Heute war ich zum Grillen im Strebergarten meines Schwagers eingeladen. Nach einer Weile kam er drauf das es ganz gut währe einen "Ameisenkundigen" da zu haben da er auch mehrere Bienenstöcke im Garten stehen hat und er dort in letzter Zeit vermehrt Ameisen am und auch !in! seinen Bienenstöcken findet und gerne wüsste ob es sich dabei um Waldameisen handelt. Nach kurzem Blick war klar das es sie viel zu groß für Waldameisen sind und es sich um Camponotus spec. (herculeanus oder ligniperdus) handelt und sie sich häuslich im hölzernen Spalt zwischen Bienenhaus und Bienenkästen niedergelassen haben. Die Kolonie erstreckt sich über die Breite von allen 5 Kästen und hat eine stattliche Größe, und gerade als wir sie uns angeschaut haben machten sich die Geschlechtstiere flugbereit um am Hochzeitsflug teilzunehmen. Interessiert nahm ich auch die nähere Umgebung in Augenschein und war überrascht das in ca. 5-10 Metern eine zweite Kolonie zu finden die in einem Stapel aus maroden Apfelholzstücken lebt und sich ebenfalls für den Hochzeitsflug vorbereitete.
Während des grillens bin ich gelegentlich dort vorbeigelaufen (sehr zum Unwillen meiner Frau ) und habe ihren Fortschritte im Auge behalten und als es dann soweit war habe ich die Gunst der Stunde genutzt und 1 unbegattete Gyne aus der einen und 2 Drohnen aus der anderen Kolonie gefangen. Meines Wissens finden sich Camponotus Geschlechtstiere zwar in der Luft aber die Begattung findet wegen ihrer erhöten Größe am Boden statt und ich werde mal versuchen ob ich sie auch ohne Kirchturm zum begatten animiern kann. Da die Geschlechtstiere aus verschiedenen Kolonien stammen hoffe ich das es keine Inzuchts-Blockade gibt. Ich werde euch hier berichten wie es gelaufen ist und falls es nicht klappen sollte lasse ich die Geschlechtstiere natürlich zeitnah wieder am Fundort frei.
Ablaufprotokoll:
23.Mai.2010
ca. 18:00
1 x unbegattete Camponotus spec. (herculeanus/ligniperdus) Gyne, gesammelt aus der Kolonie im Holzstapel
2 x Camponotus spec. (herculeanus/ligniperdus) Drohnen, gesammelt aus der Kolonie unter den Bienenkästen.
Gyne und 2xDrohnen in getrennten Sammelröhrchen untergebracht um die zeitliche Verschiebung bis zum zusammentreffen während des Hochzeitsfluges zu simuliern.
ca. 21:00
Ankunft zuhause, die Sammelröhrchen erstmal ruhig gestellt um den Stress des Fangens und Transports etwas abklingen zu lassen.
Eine Arena vorbereitet. Dazu habe ich ein Faunarium hergenommen (ca. 25x15, was größeres hatte ich leider nicht frei ) und habe es mit einer dünnen schicht Wüstensand versehen, darüber eine ordentliche Schicht Rindenstücke verteilt. Als Versteckmöglichkeiten aus Eierkarton 4 Cups an verschiedenen Stellen plaziert und Stellenweise noch Bambuslaub eingestreut.
ca. 23:00
Die Sammelröhrchen geöffnet und in die Arena gelegt. Gyne und Drohnen natürlich erstmal aufgeregt herausgeflitzt aber sie haben sich relativ schnell beruhigt und an verschiedenen Stellen sitzend begonnen sich ausgiebig zu putzen. Dannach habe ich erstmal den Raum verlassen und ihn abgedunkelt damit sie sich erstmal beruhigt die Gegend checken können.
23:30
WOW, das sieht doch mal vielversprechend aus, die Gyne sitzt auf einem der Cups und eine Drohne sitzt danneben und es wirkt so als würde er sie putzen. (Die Gyne rührt sich keinen Milimeter und die Drohne beleckt ihr "Genick")
23:45
Die Gyne sitzt immernoch regungslos auf dem Cup und beide Drohnen umkreisen sie. Dabei bringen sie sich immer mal wieder in Körperkontakt mit ihr als würden sie sich an ihr reiben
24.Mai.2010
01:00
Die Gyne hatte mal kurzfristig ihren Platz verlassen und war unter dem Cup, aber inzwischen hat sie wieder oben bei den zwei Jungs Stellung bezogen und das gegenseitige "beschnüffeln" geht weiter. Eigentlich wollte ich ihnen noch einen Tropfen Honig anbieten um sich zu stärken und/oder um Sie in Stimmung zu bringen (Essenseinladungen sind ja das mindeste für .........naja das was sie hoffentlich vorhaben ) aber da das Verhalten jetzt doch so interessant ist will ich sie dann doch lieber nicht stören. Leider werde ich mich wohl nicht mehr lange wach halten können und somit besteht die Gefahr das Entscheidende zu verpassen aber notfalls müssten halt die abgestreiften Flügel als Beweis der Begattung ausreichen.
01:30
Eben konnte ich noch beobachten wie eine der Drohne versuchte auf die Gyne aufzusitzen (oder wie auch immer man das diplomatisch ausdrückt ) Die Gyne war davon aber nicht wirklich begeistert und begann mit dem "Alarmzucken" (oder wie sich das nennt), welches die Drohne wieder herunterwarf. Dannach drehte sie sich zu den beiden Drohnen und zuckte noch eine Weile weiter. Da die Gyne aber weiterhin bei ihnen bleibt scheint es nich so schlimm gewesen zu sein und ich hoffe es war nur eine temporäre Unlust von ihr. Jetzt muss ich aber echt dringendst in Bett und werde erst morgen weiter berichten. Schlaft gut und träumt was Jugendfreies
10:30
Nach dem Aufstehn (meine Familie hatte mich heute ausnahmsweise ausschlafen lassen :] ) habe ich natürlich gleich einen Blick ins Faunarium geworfen. Momentan sitzt eine der Drohnen einsam und verlassen auf einem der Cups und fühlert in der Gegend rum. Die Gyne und die andere Drohne haben sich !gemeinsam! und einen der Cups zurückgezogen. Wie könnte es auch anders sein ausgerechnet der Cup unter den ich die schlechteste Einsicht habe .
Soviel ich im Schattenriss erkennen kann putzt die Drohne wie wild auf der Gyne herum und er steht leicht erhöht. Ob jetzt auf einem größeren Rindenstück oder auf der Gyne kann ich aber schon nicht mehr erkennen da die Gyne selbst zu tief im Dunkeln liegt. Ich bin echt mal gespannt ob es was wird. Derweil werde ich schonmal ein Schälchen mit einem Tropfen Honig und ein Reagenzglas vorbereiten. Beides will ich heute im Laufe des Tages in die Arena einbringen.
13:00
unverändert, 1 Drohne alleine auf dem Cup und schnüffelt in der Gegend rum, die andere Drohne und die Gyne gemeinsam im Versteck und halten zueinander Kontakt.
15:20
Die Kuschelstunde im Versteck wurde beendet und die Gyne und Drohnen haben sich wieder oben auf den Cups zusammengefunden, wobei sie sich dieses mal auf unterschiedliche Cups verteilt haben. Inzwischen reagiert die Gyne aber gleich mit dem Zucken sobald sich eine Drohne in ihr Gesichtsfeld begiebt und lässt keine Kontaktaufnahme mehr zu. Für den Fall der Fälle habe ich eben ein abgedunkeltes RG in die Arena gegeben und ebenfalls ein Schälchen mit einem Tropfen Honig. Die Gyne trägt noch ihre Flügel und scheint also leider noch unbegattet zu sein.
17:20
Gyne und Drohnen haben wieder angefangen sich wieder heftigst zu befühlern und aneinander zu reiben. Ich hatte mir eigentlich schon vorgenommen sie über Nacht zu separieren und morgen als letzten Versuch wieder zusammen zu bringen aber so eng wie sie momentan wieder miteinander agieren warte ich wohl doch nochmal ab was die Nacht bringt.
22:40
Die Gyne hat sich mit beiden Drohnen wieder unter den nicht einsehbaren Cup zurückgezogen. Jetzt drücke ich natürlich alle Daumen das es bei diesem Anlauf vielleicht zur Begattung kommt.
25.Mai.2010
04:45
Bei meinem frühschichtbedingten "Mitten-in-der-Nacht"-Check fehlte die Königin und die Dame ist verschwunden. Sie scheint im Reagenzglas übernachtet zu haben. Momentan will ich mir aber nicht zuviel Hoffnung machen da der Rg Eingang nicht mit Rindenstücken vermauert wurde. Mal abwarten wie es heut nach der Arbeit ausschaut.
15:50
Umsonst gehofft, die Gyne saß als ich heimgekommen bin wieder alleine auf einem der Cups und war weiterhin beflügelt:weinen: Aber mir ist derweil noch eine Idee gekommen von der ich hoffe das ich damit vielleicht weiterkomme (naja, oder ehr die Drohnen). Wenn sie bei schwülwarmen Wetter schwärmen ist meine Zimmerluft eigentlich zu kühl und zu trocken. Ich habe jetzt mal das Faunarium teilweise mit auf die Heizmatte meiner Camponotus nigriceps Arena gestellt damit es etwas wärmer wird und einen kleinen Getränkedeckel voller Wasser (natürlich mit Watte abgesichert) damit die Luftfeuchte dezent ansteigt. Jetzt mal abwarten ob sie vielleicht darauf gut reagiern. Manche Ameisenarten werden ja auch erst richtig aktiv/aggressiv ab einer gewissen Temp. und vielleicht ist es bei unseren einheimischen Arten ja der Gynen-Libido zuträglich und sie wird leichter rumzukriegen.
P.S. Aufgrund der wirklich netten Aufforderund von Sahal habe ich inzwischen auch den Rechtschreibfehler im Threadtitel korrigiert. Ich habe mich dann aber doch für deinen zweiten Vorschlag entschieden statt für dein "Bestattungsexperiment" da ich momentan noch nicht bereit bin die Flinte ins Korn zu werfen. Gut, ich bin wohl verantwortlich das die Gyne zu den unlucky 99% zuaddiert werden muss, werde ich auch sicher kein zweites mal tun, aber ich werde mir am Ende des Experiments nicht vorwerfen können nicht mein Möglichstes versucht zu haben meinen Fehler auszubügeln.
19:00
Die erhöhte Temperatur zeigt die ersten Änderungen. Die Drohnen haben einen ordentlichen Aktivitätsschub bekommen und wuseln,anscheinend suchend, durch das komplette Faunarium. Die Gyne selbst hat sich unter den wärmsten Cup zurückgezogen und tankt ev. Temperatur?
20:30
Die Gyne ist (mal wieder) auf einen Cup zurückgekehrt und verharrt regungslos. Die Drohnen zeigen ein seltsames Verhalten. Sie nähern sich ständig langsam der Gyne von Vorne und von der Seite, dabei spreizen sie ihre Flügel ab (90 Grad vom Körper und 45 Grad nach oben) und wackeln leicht damit (sieht sehr seltsam aus) und dann überklettern sie die Gyne. Sie selbst lässt alles mit stoischer Gelassenheit über sich ergehen. Wenn sie das 3-4 mal gemacht haben nähern sie sich von hinten und versuchen sie anscheinend zu begatten indem sie sich leicht seitlich an ihrer Gaster hochklettern und ihre eigene Gaster nach vorne strecken. Das geht allerdings der Gyne (?noch?) zu weit und sie quittiert das ganze mit leichtem zucken, das allerdings im Vergleich zu ihren früher beobachteten Ablehnungen ehr halbherzig und kurz ausfällt. Wie schon so oft hier im Bericht "mal schaun obs was wird <DaumenundFußzehendrück>"
23:20
Der Aktivitätsschub hat jetzt auch die Gyne erreicht und sie wuselt durch das ganze Faunarium (allerdings macht sie dabei einen ehr ruhigeren Eindruck, auch wenns wiedersinnig klingt). Mal schaun was die heutige Nacht bringt. gn8
26.Mai.2010
04:55
Alles ist ruhig und sie haben sich verkrochen, seltsamerweise kann ich momentan auch keine der Drohnen sehn.
Über den Rest des Tages gab es keine Auffälligkeiten
03.Juni.2010
Inzwischen ist eine Drohne schon gestorben. Die andere Drohne und die Gyne wechseln weiterhin öfters ihre Position und bleiben dabei immer dicht beisammen aber die Begattung ist immernoch nicht erfolgt und die Königin trägt weiterhin ihre Flügel. Sahal hatte also vollkommen Recht das ein Abfangen von Geschlechtstieren während des Schwarmflugs unweigerlich zu einem Fehlschlag führt und meine Hoffnug das es vielleicht doch klappt war leider absolut unbegründet.
Darum hier von mir die Bitte, lernt aus meinem Fehler und Finger weg von unbegatteten Geschlechtstieren.
Ausser das einem die Armen Tierchen unheimlich Leid tun das man ihnen die sowieso recht geringe Chance auf eine erfolgreiche Gründung auchnoch verbaut hat bringen solche Aktionen absolut NICHTS !!
lG
Skrag