Lange Entwicklungszeit ...

  • Hallöchen,
    Seit dem 14. Juli habe ich eine Lasius niger Gyne bei mir im Reagenzglas einquartiert & bis jetzt scheint alles ganz gut zu laufen. Meine einzige Sorge ist, dass sie zwar inzwischen auf einem ordentlichen Haufen Puppen sitzt, aber immer noch keine Arbeiterinnen geschlüpft sind :unfassbar: . Wassertank ist noch voll (es fehlt kaum Wasser, wenn sie nicht noch leben würde könnte man annehmen, es käme gar nichts durch die Watte).
    Ich gönne der Guten immer mindestens 2 Tage Ruhe zwischen den Kontrollen & sie macht immer einen überraschten :winking_face_with_tongue: , aber lebhaften Eindruck, wenn ich nach ihr sehe.
    Bei den Entwicklungsdaten steht ja dabei, dass es bis zum Schlüpfen auch mal länger, bis zu 2 Monaten dauern kann, von daher mache ich mir nicht so große Sorgen, aber - wovon hängt eigentlich ab, wie lange die Eier zur Entwicklung brauchen?
    Die Temperatur war in letzter Zeit etwas niedrig, kann das zur Verzögerung beigetragen haben?
    Und woran erkennt man denn, dass eine Puppe kurz vor dem Schlüpfen steht?


    :danke: schon mal,
    lg Phisto

  • Hi, ich hab meine Lasius cf. niger auch seit dem 14.Juli, meine hat aber bereits schon ca 15 Arbeiterinnen. :face_with_tongue:


    Bei mir hat es 43 Tage gedauert. Versuche die Raumtemperatur immer so um 20Grad zu halten, eventuell den Raum schon mal leicht heizen.
    Um den Wattetank mach dir mal keine Sorgen, die kriegt da schon genug Wasser raus, meiner ist auch fast voll. Sobald die erste geschlüpft ist, gehts schnell, ich hatte innerhalb von 3-4 Tagen 10 Arbeiterinnen nach dem ersten Schlupf. Nach 2-3 Tagen beginnen die dann, Nahrung zu suchen und Sand ins Reagenzglas zu tragen.

  • Zitat

    Meine einzige Sorge ist, dass sie zwar inzwischen auf einem ordentlichen Haufen Puppen sitzt...

    Damit ist die größte Sorge schon mal gegessen.
    Sobald eine Gyne auf Puppen sitzt, sind die gröbsten Fehler und Misslichkeiten überwunden, ab jetzt muss es schon ziemlich Scheiße laufen um die Brut zu verlieren.


    Zitat

    ...wovon hängt (es) eigentlich ab, wie lange die Eier zur Entwicklung brauchen?

    Den größten Einfluss hat die Temperatur. Zu hohe und zu niedrige Temperatur kann die Entwicklung der Brut verzögern. Die optimale Temperatur zur Brutentwicklung liegt um 25-28°C. Wer aber jetzt auf die Idee kommt, sein Volk auf 28°C aufzuheizen, der sei gewarnt: das Volk wird erheblich schneller in Winterruhe gehen und der effektive Vorteil ist gleich Null... im Gegenteil, die Völker können gegen August/September in Winterruhe gehen, verzichten auf ein zweites oder drittes Gelege und Aus die Maus!


    Weiterer Faktor zur larvalen Entwicklung ist das Nahrungangebot. Wenn der Brut genug Futter zur Verfügung steht, können sich die Larven schnell entwickeln. Bei Hungerszeiten oder verzögertem Nachschub stagnieren die Larven in ihrer Entwicklung und warten auf Futter. Bei echtem Notstand können die Larven auch ein Stadium üerspringen und sich Notverpuppen... hier entstehen dann kleine Imagines, sogenannte Hungerformen. (Aber: Pygmäen sind keine Hungerformen)
    Hier scheint auch dieses Gerücht der "vorteilhaften Fütterung gründender Gynen" herzurühren! Nur wird vergessen, dass die Gyne mehr als genug Nahrung gespeichert hat und die Larven bestens versorgt!


    Bei Kokon-Puppen, wie es ja bei Lasius niger die Regel ist, lässt sich ein bevorstehender Schlupf nicht bis sehr schwer erkennen.
    Je älter die im Kokon befindliche Puppe wird, desto faltiger und eingefallener ist der Kokon.



    Ich lese schon, wie fiebrig Du die ersten Arbeiterinnen herbeisehnst :grinning_squinting_face:
    Es ist absolut kein Problem, wenn du 2xtäglich das RG umsichtig kontrollierst, um die Brut zu beobachten!
    Umsichtig: kein Geklopfe, kein Geschüttel, nicht mit dem RG jonglieren oder fett mit Licht bebruzzeln!

  • Wer aber jetzt auf die Idee kommt, sein Volk auf 28°C aufzuheizen, der sei gewarnt: das Volk wird erheblich schneller in Winterruhe gehen und der effektive Vorteil ist gleich Null... im Gegenteil, die Völker können gegen August/September in Winterruhe gehen, verzichten auf ein zweites oder drittes Gelege und Aus die Maus!

    Ist aber nicht bei allen so. Bei Lasius niger ist es zweispaltig; gibt Königinnen, die legen sogar den Winter über einfach weiter, wenn man sie schön warm hält, gibt aber auch Königinnen, da ist dann einfach Schluss mit Sommer- das weiß ich aus eigenen Erfahrungen und Mittellungen anderer Halter.( aber z.B. meine Tetramorium haben letztes Jahr im Winter einfach weiter gemacht, hab' sie erst im Januar eingewintert (so ganz wollte ich die WR nicht ausfallen lassen- ein Video vom 01.12.)).
    Bei anderen Arten, wie Camponotus ligniperdus, geht das natürlich nicht.


    Grüße, Phil

  • Vielen Dank für die schnellen und ausführlichen Antworten! :danke:
    Die Temperatur ist jetzt wieder etwas höher, und ich denke mal, das müsste dann schon laufen=)
    Dann werde ich wohl in Zukunft etwas häufiger umsichtig nachsehen & mich weiter an der Konstruktion einer Flaschenfarm versuchen - bis jetzt steht es 2 zu 0 für den gelben Sack :face_with_rolling_eyes:

  • Hola,


    in weit über 100 gründenden und mind. 2x eingewinterten, aus Deutschland stammenden Gynen habe ich keine erlebt, die über Anfang November, zumeist gar Anfang Oktober hinaus das Brutgeschäft normal weitergeführt hätte! Mindestens wurde die Eiproduktion stark reduziert, zumeist aber gänzlich eingestell. Dies entspricht dann auch exakt den Haltungsberichten in diesem und anderen Foren.


    Lasius niger verlässt sich auf ihren endogenen Jahrerhythmus und versucht das Brutgeschäft so zu bestellen, das möglicht wenig Verluste auftreten.
    Wie wir alle wissen kann es gegen Oktober/November gute Temperaturen haben und dann plötzlich mit einem Temperatusturz in den Winter gehen! Ameisenvölker, die jetzt noch Eier und Puppen m Nest haben, verlieren diese Brut und haben Arbeit und Ressourcen in den Sand gesetzt sowie vergammelnde Leichen im Nest. Gar kann es durch Frosteinbrüche gefährlich werden, wenn die Völker keine "Winter-Maßnahmen" ergriffen haben.
    Hier richten sich unsere Arten nach ihrem endogenen Jahresrhythmus und stellen die Eiablage ein, wenn die innere Uhr anzeigt, dass die kalte Jahreszeit bevorsteht! In dieser Stimmung werden dann auch Verhalten gestartet, Brut ind Imagines winterfest zu machen und entsprechende Fettvorräte anzulegen.


    Es liegt aber durchaus im Rahmen, wenn zugekaufte Shop-Völker sich ausserhalb dieser Rahmen bewegen.
    Zum einen ist nicht bekannt, woher und aus welchem Klima-Bereich die Tiere nun tatsächlich stammen und wie sie die letzten Monate verbracht haben.


    Auch ist es bei einigen Völkern in der Tat so, dass das Brutgeschäft wieder aufgenommen wird, wenn auch in einem stark reduzierten Rahmen!
    Jedoch gibt es hier keinen quantitativen Brut-Vorteil gegenüber zeitig eingewinterten Völkern... im Gegenteil, bisher sind diese Völker über kurz oder lang zusammengebrochen, haben das Brutgeschäft nicht wieder in vollem Umfang aufgenommen oder wurden, wie bei Dir, doch irgendwann eingewintert oder freigelassen.


    Somit kann ich nur wiederholen: wintert Eure Völker ein, wenn sie es Euch anzeigen, und haltet mindestens 4,5 Monate Winterruhe bei Lasius niger ein.
    Und wenn Ihr länger was von Euren Völkern haben willt, geht nicht über Raumtemperatur bzw sucht den kühlsten Platz bei zB Dachgeschossen.
    Der Rest möge seine Völker riskieren... kein Problem damit :grinning_squinting_face:

  • Hi!


    Es wird immer von Temperatur und endogenem Rhytmus gesprochen. Aber gerade in unseren Breitengraden spielt doch auch die Tageslänge eine große Rolle auf den circannuellen Rhytmus. Spielt das Licht bei Ameisen denn keine Rolle? Ich mein, auch wenn die Königin vermutlich nur noch selten das Tageslicht sieht, so kann die Kolonie als ganzes dies doch bestimmt wahr nehmen? Warum ist es so sicher, dass es sich um einen endogenen Rhytmus handelt und der nicht manipulierbar ist? Wenn ich meine Kolonie nun über Jahre genau entgegengesetzt dem Wetter draußen halten würde, Beleuchtungsdauer und Temperatur strikt regle, müssten sich die Tiere nicht darauf einstellen?

  • Zu der Sache mit dem Licht kann ich dir leider nichts genaues sagen. Ich vermute aber, dass das Licht keine Auswirkungen hat. Ameisen sind nunmal Tier, die größtenteils unter der Erde leben, also vom Tageslicht relativ wenig zu sehen bekommen.


    Zitat

    Warum ist es so sicher, dass es sich um einen endogenen Rhytmus handelt und der nicht manipulierbar ist?

    Zitat

    Lasius niger verlässt sich auf ihren endogenen Jahrerhythmus

    An dieser Stelle sei gesagt, dass sich Lasius niger nicht nur auf den endogenen Rythmus verlässt. Exogene Einflüsse spielen auch eine große Rolle wenn es letztendlich darum geht, ob nun geruht wird oder nicht.


    Grob kann man sagen, dass die Vorbereitungen auf die WR endogen ablaufen. Die Aktivität vollkommen einstellen und sich im Nest zusammenrotten macht Lasius niger aber meist erst, wenn auch die exogenen Einflüsse stimmen.


    So Verhält es sich übrigens bei den meisten Arten. Es kommt nicht immer nur auf einen Einfluss an - meist arbeiten beide Einflüsse (exogen als auch endogen) sozusagen zusammen.


    Achja, ich bin übrigens der Meinung, dass der endogene Rythmus sehr wohl zu "manipulieren" ist, wenn man das so sagen kann. Angenommen man lässt eine Kolonie von Oktober bis Oktober (also 1 Jahr) in der WR und holt sie dann raus. Die Ameisen werden sicherlich mit dem ganz normalen "Sommergeschäft" beginnen. Bis März/April. Dann werden sie höchstwahrscheinlich in die WR wollen. Und schon ist der endogene Rythmus manipuliert und in den Foren kann sich der Halter damit schmücken, eine Lasius niger Kolonie zu haben, die im Winter aktiv ist :grinning_squinting_face:
    Micky

  • Micky, bitte sehe den Absatz als Ganzes, nicht nur den ersten Satz zitieren... es geht hier nur um das Brutgeschäft und die Vorbereitung zur Winterruhe, und beides wird endogen gesteuert!
    Du kannst einem Lasius niger Volk mitten im Sommer niedrige Herbsttemperaturen anbieten, und sie werden keine Vorbereitungen zur Winterruhe treffen bzw. eher schwerlich in die Winterruhe zu bewegen sein. Im Herbst wird die Stimmung zur Winterruhe auch bei hohen Temperaturen getroffen. Das meint, dass sich u.a. Lasius niger auf den endogenen Jahresrhythmus verlässt.


    Zitat

    Warum ist es so sicher, dass es sich um einen endogenen Rhytmus handelt...

    Das erkennst Du u.a. daran, dass die Tiere ihren Zeitplan auch bei vollkommen anderen klimatischen Verhältnissen beibehalten so zB in unseren Formikarien. Extrem zB Camponotus herculeanus aus nördlichsten Verbreitungsgebieten hält störrisch am dortigen frühen und langen Winter fest, selbst wenn sie hier noch lange in der Wärme schwänzeln könnte.
    Weiterhin zeigt sich der endogene Rhythmus (die innere Uhr), wenn sie gestört wird: bei hohen Temperaturen tickt die Uhr schneller und das gefühlte Sommergeschäft ist schneller beendet... dh ein zu warm gehaltenes Volk kann bereits im August in Stimmung zur Winterruhe sein!


    Zitat

    ...endogenen Rhytmus (...) nicht manipulierbar ist?

    Hier musst Du ganz klar trennen und immer den Kontext beachten!
    Du kannst den endogenen Rhythmus nicht manipulieren, dh wenn ein Volk ersteinmal in Stimmung zur notwendigen Winterruhe ist, muss nun die Winterruhe folgen... alles andere wird das Volk durcheinander bringen bzw dem Volk fehlt der Auslöser "Kälte", um die innere Uhr wieder auf Sommerbetrieb zu stellen.
    Sehr wohl aber kannst Du die innere Uhr beeinflussen. Wenn das Volk im Sommergeschäft zu warm gehalten wird, tickt die innere Uhr schneller und die Ameisen empfinden das Sommergeschäft schneller als erledigt.



    Um ein Volk "umzupolen", ist die Hauruckmethode wohl nicht angebracht!
    Ein Wechselspiel aus längerer Winterruhe, heißem Sommer und längerer kühlerer Stimmung zur Winterruhe wird den Jahresrhythmus verträglich verschieben.

    Zitat

    Angenommen man lässt eine Kolonie von Oktober bis Oktober (also 1 Jahr) in der WR und holt sie dann raus.

    Bitte nicht vergessen, dass die innere Uhr auch in der Winterruhe weiterläuft, und sogar stabiler als im Sommergeschäft. Am deutlichsten zeigt sich das wieder einmal bei Camponotus lignipeda :grinning_squinting_face: Völker in warmer und kalter Winterruhe erwachen ziemlich präzise zum gleichen Zeitpunkt im Frühjahr. Bei anderen Arten zeigt sich das weniger deutlich, aber auch hier gibt es Spezialisten wie Bewohner von (toten) Stöckchen, Ästen oder Nüsschen, die im Winter vollkommen unregelmäßig täglichen Schwankungen von -15° - +25°C ausgesetzt sind... und trotzdem das Ende des Winters erkennen bzw das Erreichen einer Mindestwinterruhe messen können.
    In wie weit eine wesentlich zu lange tatsächliche Winterruhe nun das Sommergeschäft beeinflusst, konnte ich leider noch nicht herausbekommen :frowning_face: Jedoch würden zwei aufeinander folgende lange Winter die Völker im Herbst aufgrund sehr kurzer Sommer kalt erwischen, wenn hier keine Kompensation stattfinden würde.

  • Mhh, dann hoffe ich mal, das das bei mir vor der Winterruhe noch was wird ...
    In meinem Reagenzglas liegen gerade viele Nacktpuppen herum (obwohl eigentlich Wattefäden zu genüge in der Kammer sind) & einige sehen aus wie schon geschlüpft, aber tot. Kokons gibt es auch ein paar wenige, aber die scheinen noch nicht so weit entwickelt zu sein (sind noch blütenweiss :think: ).
    Ich fürchte, ich muss einfach mal warten, was passiert, oder kann man da irgendetwas tun?
    :danke: schon mal,
    lg Phisto

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