Raptiformica sanguina - die blutrote Raubameise. Sie macht ihrem Namen alle Ehre und hält sich Sklavenameisen aus der Untergattung Serviformica.
Steckbrief
Unterfamilie: Schuppenameisen (Formicinae)
Gattung: Formica
Untergattung: Raptiformica
Art: sanguinea
Nahrung: Insekten, Honigtau von Blattläusen (Trophobiose); Honig(wasser) in der Haltung, Elaiosomen
Lebensraum: Mitteleuropa, teils Asien
Habitat: sonnige, trockene Standorte an Waldrändern, auf Lichtungen, im offenen Feld und in Trockenrasen. Teils auch in Gebäuden (alte Schuppen etc.); Schutz von Steinen oder Totholz wird gerne genommen, Hügelnester entstehen nur selten
Königinnen: polygyn
Gründung: extrem variabel: Adoption, Puppenraub, Pleometrose (auch mit Königinnen von Hilfsameisen!), Nesteroberung
Winterruhe: Oktober - März (6 Monate optimal; mindestens 5 Monate)
Schwärmzeit: Juni bis August/September
(Körper-)Größe: Königinnen: ca. 9-11mm
Arbeiterinnen: ca. 6-9mm, monomorph (keine Kasten, gleicher Grundbau der Arbeiterinnen)
Männchen: 7-10mm
Aussehen/Färbung: Kopf, Mesosoma, Stielchenglied, Beine: hell- bis dunkelrot; Gaster, Oberseite des Kopfes: schwarz. Meistens fehlende schwarze Flecken auf Pronotum und Mesonotum. Wichtigstes Erkennungsmerkmal für Raptiformica-Arten: tiefe bogenförmige Einbuchtung am Vorderrand des Kopfschilds.
Entwicklungszeiten der Arbeiterinnen:
Insgesamt: 1 - 1,5 Monate
Puppen: Kokonpuppen, vereinzelt auch Nacktpuppen (oft in Reagenzgläsern aufgrund der glatten Wände)
Sonstige Angaben: Raptiformica sanguinea hält sich zwar Sklavenameisen, ist aber durchaus auch selbstständig überlebensfähig! Das Aussehen von Raptiformica-Nestern variiert je nach der gehaltenen Sklavenart.
Raptiformica sanguinea gehören zwar zu den hügelbauenden Waldameisen, doch effektiv kommen Hügelnester eher selten vor. Zudem ist diese Art nicht besonders geschützt.
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Arbeiterin
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Gyne vor dem Schwarmflug
Allgemein
Formica sanguinea fällt neben ihrer schicken Farbe wohl hauptsächlich dadurch auf, dass diese Art im Sommer Ameisen der Untergattung Serviformica überfällt und deren Puppen raubt. Feindliche Arbeiterinnen, die sich ihnen in den Weg stellen werden dabei - wie bei Ameisen allgemein nicht unüblich - gnadenlos niedergemetzelt. Die geraubten Puppen werden ins Heimatnest abtransportiert und dort teils gefressen, teils in die eigene Kolonie integriert. Schlüpfen die Sklavenameisen, werden diese als vollwertige Koloniemitglieder akzeptiert. Der Begriff Sklave ist also irreführend, man spricht auch von Hilfsameisen. Auch im Formicarium lässt sich ein solches Verhalten simulieren, allerdings kann dabei leicht mal eine komplette Serviformica-Kolonie das Zeitlich segnen- was nicht im Sinne eines Halters mit Verantwortung liegen kann.
Die Hilfsameisen sind vorrangig für den Nestbau zuständig, was sich in unterschiedlichen Erscheinungsformen von Raptifomica sanguinea Nestern äußert.
Dennoch: Formica sanguinea ist auch ohne Sklavenameisen überlebensfähig- im Gegensatz zu auf Sklavenhaltung spezialisierte Arten wie Polyergus rufescens, die dringend auf Hilfsameisen angewiesen sind. Daher arbeiten Raptiformica sanguinea auf ihren Raubzügen auch nicht annähernd so effektiv wie man meinen könnte und man nennt sie auch "fakultative Sklavenjäger"
Gründung
Die Gründung ist bei Raptiformica sanguinea ungewöhnlich variabel. Das AmeisenWiki gibt mehrere bekannte Gründungsarten an, jedoch scheint dies nicht jede mögliche Variante abzudecken. Folgende Gründungsarten sollen hier rwähnt sein:
- Adoption/sozialparasitäre Gründung: Die begattete Jungkönigin kann von einer fremden Kolonie der eigenen Art aufgenommen werden. Bei polygynen Arten ist dies nicht weiter ungewöhnlich. Zudem wurden aber Zweignestbildungen beobachtet, bei denen Jungköniginnen nach dem Schwarmflug zu einem Nest der eigenen Art gingen und mit einem Teil der dortigen Arbeiterinnen ein neues Nest gründeten. Auch das Eindringen in eine Kolonie von Hilfsameisen ist möglich, dort wird dann sozialparasitär gegründet.
- Puppenraub: Es kann vorkommen, dass Jungköniginnen die Plünderung des Nests einer Hilfsameisenart abwarten und sich dann gleich ihrerseits Puppen aneignen, um damit eine neue Kolonie zu gründen. Ebenso kann es geschehen, dass die Jungköniginnen schlicht die restlichen Arbeiterinnen einer schwachen Serviformica-Art nach einer Plünderung töten und die restlichen Puppen aufziehen.
- Pleometrose: Da Formica sanguinea oft mit ihren entsprechenden Hilfsameisen zusammen schwärmt, kann es durchaus vorkommen, dass eine Formica sanguinea Gyne mit einer Serviformica-Gyne zusammen gründet. Die überlegene Formica sanguinea-Königin tötet die Hilfsameisenkönigin am Ende der Gründung, die Serviformica-Arbeiterinnen akzeptieren die Formica sanguinea Königin als Koloniemitglied.
Zudem wurde beobachtet, dass mehrere Formica sanguinea Königinnen zusammen den Besatz eines Hilfsameisennestes vertreiben, sich der hinterbliebenen Brut bemächtigen und zusammen gründen. Bei beendeter Gründung tötet dann die stärkste Formica sanguinea Königin wahrscheinlich ihre früheren "Mitstreiterinnen" - Nesteroberung: Die Jungkönigin tötet einen großen Teil der vorhandenen Hilfsameisen eines Nests, verhält sich aber gegenüber den noch unausgefärbten und frisch geschlüpften Jungarbeiterinnen freundlich. Mit diesen zusammen wird die weitere Brut versorgt.
Dieses Verhalten wurde in einem Beobachtungsnest beschrieben. - Unabhängige Gründung: Es wird hier nicht näher beschrieben, welche Gründungsart damit genau gemeint ist, es könnte sich also sowohl um eine claustrale als auch semiclaustrale Koloniegründung seitens der Jungkönigin handeln, bei der Hilfsameisen keine Rolle spielen.
In der Haltung ist es sinnvoll, der gründenden Königin Serviformica-Puppen zu geben. Bei Shop-Käufen wird das ohnehin der Fall sein.
Anfang
Wie bereits beim Punkt Gründung geschildert ist eine Gründung nicht ganz unproblematisch.
Von den Ameisenshops wird man vermutlich eine Königin mit Hilfsameisen bekommen, fängt man selbst eine Gyne wird man nicht unhin kommen, ihr Serviformica-Puppen zu besorgen, natürlich bevorzugt solche, die kurz vor dem Schlupf stehen (dunklere Färbung der Puppen).
Mit Hilfe der geschlüpften Hilfsarbeiterinnen wird die Königin gründen und schon bald wird der Halter sich über erste Formica sanguinea-Arbeiterinnen freuen können.
Was nun folgt unterscheidet sich nicht maßgeblich von der langjährigen Haltung (siehe dort)
Nestarten
Um die richtige Nestart muss sich der Halter bei dieser Art wenig Sorgen machen. Prinzipiell ist alles möglich. Ob Ytongnest, Ameisenfarm, Gipsnest, Erdnest oder Kombinationen mit Holznestern (eher keine reinen Holznester): Alles wird gerne angenommen. Anfangs tut es natürlich auch noch ein Reagenzglas (RG)
Futter
Formica sanguinea wird mit schlichtem Honig/Honigwasser vorlieb nehmen, kombiniert mit ausreichend Proteinnahrung- sprich Insekten. Hier ist prinzipiell alles möglich: Fliegen, Heimchen, Heuschrecken, Mehlwürmer und vieles mehr. Selbstverständlich fressen ihre Hilfsameisen genau das Selbe.
Langjährige Haltung
Vermutlich wird es den ein oder anderen Halter früher oder später reizen, das natürliche Verhalten der Raptiformica zum Vorschein zu bringen- per Simulation eines Raubzugs.
Das klappt auch in der Haltung ganz gut, man sollte aber bedenken, dass das in der Hilfsameisenkolonie extremen Schaden anrichten kann. Nötig ist hier nur die Verbindung von Raptiformica mit dem Serviformica-Becken. Früher oder später werden die Raptiformica das Nest entdecken und sehr wahrscheinlich zum Angriff blasen.
Sicherer ist die manuelle Zugabe von einzelnen Puppen, falls man eine Mischkolonie aus Raptiformica und Serviformica erzielen will.
Interessant ist hier, dass größere Kolonien von Raptiformica, die Hilfsameisen integriert haben, ein spezielles Verhalten an den Tag legen. Während die Raptiformica vorranig innerhalb des Nests bleiben, verrichten die Hilfsameisen den Außendienst- und das sehr aktiv. Doch sobald diese Futter gefunden haben, werden schnellstmöglich die Raptiformica-Arbeiterinnen rekrutiert. Was folgt ist ein wahrer Sturmangriff seitens der Raptiformica. Ist die Beute erlegt (was bei bereits toten Insekten wohl recht schnell der Fall sein wird :D) ziehen die Raptiformica-Arbeiterinnen wieder ab und die Nahrung wird von den Serviformica eingetragen. Scheinbar ist die Arbeit hier also recht strikt aufgeteilt.
An Aktivität mangelt es bei dieser Art jedenfalls nicht. Der Halter sollte in der Beziehung seine Freude an den Tieren haben.
Sonstiges
Die Volksstärke liegt bei dieser Art in der Natur zwischen 2000 und 7500 Individuen, sehr große Völker (eher selten) können aber durchaus 10000 Tiere erreichen. In der Haltung liegt die Koloniegröße ausgewachsener Völker bei schätzungsweise 2000.
Allerdings scheinen die Ameisen ab einer Volksstärke von ca. 1000 Tieren den Halter zusehends zu überfordern, da die Außenaktivität gewaltig ist. Man sollte daher rechtzeitig daran denken, Platz für weitere Becken zur Verfügung zu stellen- und auch der Ausbruchsschutz sollte optimal beherrscht werden.
Für Einsteiger ist diese Art also nur bedingt geeignet und sollte eher dem fortgeschrittenen Halter vorbehalten sein.