I. Vorwort
Liebe anstehende Ameisenhalterinnen und Ameisenhalter,immer wieder schaue ich durch verschiedene Foren und sehe immer wieder dasselbe: „Hallo mein Name ist X und ich möchte Ameisen halten. Was brauche ich dafür?“. Solche Einsteigerfragen liest man häufig und sind teilweise nicht zu vermeiden. Allerdings, wenn man sich ältere und neuere Fragen anschaut, stellt man schnell fest, dass sich viele Fragen immer und immer wieder wiederholen. Es gibt viele Einsteigerhilfen, die auf die Ameisenhaltung vorbereiten wollen. Diese sind allerdings oft quer über das Internet verteilt und informieren nur über Teilgebiete. Es ist mühsam sich als Anfänger durch da halbe Internet zu wühlen, um endlich alle Fragen beantwortet zu bekommen. Aus diesem Grund habe ich mir vorgenommen eine komplette Sammlung aller Grundlagen der Ameisenhaltung zu erstellen, damit diese „Linkjagd“ ein Ende hat.In diesem Dokument wird von Grund auf die Haltung der Insekten erläutert, beschrieben, auf Fehler hingewiesen und vieles mehr. Natürlich ist diese Sammlung nicht der komplette Schlüssel zum Erfolg und es wird sicherlich auch noch die ein oder andere Frage aufkommen, was selbstverständlich ist. Die Grundgedanken der Ameisenhaltung sollten (beim aufmerksamen Lesen) dennoch geklärt werden.
1. Verantwortung
Bevor man sich über die Ameisenart oder die Anlage Gedanken macht, sollte einem folgendes klar sein: Ameisen sind Tiere. Sie müssen gepflegt werden, wie jedes andere Tier und brauchen Zeit und Geduld (vor allem dies). Anders als beispielsweise ein Hund müssen Ameisen nicht Gassi gehen oder gewaschen werden. Sie haben andere Ansprüche. Sie brauchen Zugang zu Wasser und Fressen, die Anlage muss gereinigt werden, der Ausbruchschutz muss gepflegt werden uvm. Auf diese Punkte wird natürlich im Folgenden noch eingegangen, wer jedoch jetzt schon denkt „habe ich genug Zeit dafür?“ kann dieses Hobby leider sofort vergessen. Wenn aufgrund von mangelnder Pflege eine Ameisenkolonie eingeht, ist es nicht nur schade für die Tiere, sondern auch für das viele Geld, das der Halter unnötigerweise ausgegeben hat.Des Weiteren muss bedacht werden, dass Ameisenkolonien 20 Jahre und länger leben können (bei ausreichender Pflege natürlich). Ameisen sind keine Tiere, die man sich mal so eben für zwei Monate kauft. Wenn die Lust nach einem Jahr vergeht, so hat man nicht nur Leben zerstört, sondern Geld ausgegeben, was nicht sein muss. Natürlich können einheimische Arten ausgesetzt werden, was diesen Faktor eher in den Hintergrund fallen lässt (auch wenn wieder das altbekannte „Geldargument“ aufgegriffen werden kann), allerdings sieht das bei exotischen Arten wiederum anders aus. Diese können nicht in die Freiheit ausgesetzt werden, da sie Schaden an der heimischen Flora (Pflanzenwelt) und Fauna (Tierwelt) verursachen. Sie könnten theoretisch ganze Arten ausrotten. Wenn man Glück hat, gibt es einen interessierten und engagierten Ameisenhalter, der die Tiere gerne annimmt. Falls dies nicht der Fall ist, bleibt nur noch ein Date mit dem Wasserkocher, für die Exoten. Ich kann dich aber beruhigen: von diesen interessanten Tieren kommt man so schnell nicht wieder los. Man macht sich eher darum sorgen, wo man den Platz für die nächste Anlage herbekommt.Wenn du trotz dieser ernstzunehmenden Argumente voller Elan bist, dir deine erste Kolonie zuzulegen, solltest du dir dennoch über folgendes Gedanken machen: Was machst du, wenn du mal für ein paar Wochen verreist? Diese Problem ist allerdings schnell gelöst, denn es gibt sicher ein paar Freunde oder Familienmitglieder, die gerne etwas Honig in die Anlage tröpfeln. Zur Not können die Ameisen aber auch ein paar Tage ohne Aufsicht überleben (sie können teilweise Wochenlang ohne Futter auskommen). Dennoch sollte das nicht der Regelfall sein, wenn du glückliche Ameisen haben willst, die ihre Koloniegröße auch erweitern, was ohne Futter nicht möglich ist.
2. Die Anlage
Bevor du dir Ameisen besorgst, musst du dir natürlich über den Aufenthaltsort Gedanken machen. Die Anlage, in denen Ameisen gehalten werden wird auch Formicarium genannt. Ein Formicarium besteht meist aus zwei Teilen: der sogenannten Arena und dem Nest. Das Nest ist logischerweise der Ort, wo die Ameisen ihre Brut aufziehen, fressen lagern etc. Die Arena ist sozusagen die restliche „Welt“, das heißt, dass sie dort durch die Gegend laufen und fressen suchen.
2.1 Das Nest
Es gibt verschiedene Arten von Nestern, in denen Ameisen leben können, von denen einige teilweise nur für bestimmte Arten nutzbar sind. Theoretisch würde es reichen, wenn man einen Glasbehälter mit Erde füllt und ihn auf ein Regal stellt. Das ist allerdings sehr unpraktisch, da der Sinn der Ameisenhaltung vor allem bei der Beobachtung der Tiere liegt und somit sowohl ein Einblick ins Nestinnere als auch (bei dunkler Erde und dunklen Ameisen) die Beobachtung außerhalb des Nestes verweigert wird. Die für die Ameisenhaltung geeigneten Nestarten sind im Folgenden Zusammengefasst und die wesentlichen Vor- und Nachteile kurz erläutert.
Das Erdnest
Das Erdnest ist die natürlichste Nestart. Dabei wird ein Behälter einfach mit Erde oder einem anderen Material befüllt, so dass die Ameisen frei entscheiden können, wo sie ihr Nest anlegen. Ein großer Nachteil liegt darin, dass bei dieser Nestart keinerlei Einsicht ins Nestinnere gegeben ist. Allerdings gibt es einige Arten, für die so ein Nest angebracht ist. Diese sind allerdings nicht für Einsteiger geeignet.
Die Farm
Die Farm besteht aus zwei Glas- oder Acrylglasplatten, die in einem kleinen Abstand voneinander an einen Rahmen befestigt werden. Sie wird anschließend mit Substrat befüllt, so dass die Ameisen ihr Nest selber Graben können. Die Farm wird mit zwei bis drei Schichten befüllt. Die unterste Schicht besteht aus ca. zwei bis drei Zentimetern Tongranulat oder ähnlichem, damit sich das Wasser, mit dem die Farm befeuchtet wird über die gesamte Bodenfläche verteilt. Die zweite Schichte besteht im Idealfall aus einer Sand-Lehm Mischung im Verhältnis 2:1 bis 4:1, damit die Gänge, die die Ameisen graben, nicht wieder einbrechen, was bei purem Sand der Fall wäre. Der Vorteil gegenüber Blumenerde ist, dass jene Ameisen, die eine dunkle Färbung haben, besser beobachtet werden können, da der Kontrast größer ist. Als dritte Schicht kann ein Dekosand verwendet werden, um das Ganze zu verschönern. Am besten wird vor dem Befüllen ein sogenanntes Drainagerohr montiert, welches vertikal zwischen den Glasscheiben steht und bis an den Boden reicht. Dieses kann zur einfacheren Befeuchtung mit Wasser gefüllt werden, welches sich dann über das Tongranulat verteilt Ein wesentlicher Nachteil bei der Farm ist, dass die Ameisen die Scheiben meist mit Sand zubauen, und somit ein Einblick ins Nest erschwert wird. Dem kann mit einer roten oder schwarzen Folie, die an einer Scheibe montiert wird entgegengewirkt werden.
Das Ytong Nest
Ein Ytong-Nest besteht aus einem Ytong-Stein, der eigentlich ein Blähbetonstein ist, in den Nestkammern eingefrässt sind. Anschließend ist eine Glas- oder Acrylglasscheibe über den Kammern montiert. Außerdem sollte in den Stein ein kleiner Wassertank gebohrt werden, damit das Nest feucht bleibt. Alternativ kann das Nest auch in einer Schale mit Wasser stehen. Der Vorteil am Ytong-Nest ist der gute Einblick ins Nestinnere. Außerdem ist er sehr leicht zu Bewässern. Nachteilig ist allerdings, dass das Nest, wenn zu groß, oft als Müllkammer verwendet wird und somit schnell zu schimmeln beginnt. Alternativ kann das Nest auch mit Sand befüllt werden, wenn auf das Grabverhalten nicht verzichtet werden soll. Dabei entsteht aber wieder dasselbe Problem, wie bei der Farm. Dieses Nest sollte ebenfalls mit einer schwarzen oder roten Folie bedeckt werden, damit die Ameisen es als dunkel empfinden.
Das Reagenzglas Nest
Das Reagenzglas Nest ist das einfachste Nest. Es besteht aus einem Reagenzglas, welches zum Teil mit Wasser gefüllt ist. Anschließend wird der Zugang zum Wasser mit einem Stück Watte versperrt. Die Ameisen haben somit genug Feuchtigkeit und gleichzeitig eine Trinkquelle. Außerdem gibt es einen guten Einblick ins Nest. Die Ameisen werden meist bereits mit solch einem Nest geliefert, wenn sie im Internet bestellt werden. Ein Nachteil liegt darin, dass es ausgewechselt werden muss, sobald der Wassertank leer ist. Außerdem wird dieses Nest schnell zu klein, wobei aber auch mehrere Reagenzgläser ein Nest bilden können. Ebenfalls sollte dieses mit einer roten oder schwarzen Folie umwickelt werden. Es sollte dazu gesagt werden, dass Ameisen diese Nestart als sehr unnatürlich empfinden, da sie die riesige einzige Kammer und die glatten Oberflächen nicht gerade bevorzugen. Das ist der Grund, dass Ameisen gerne schnell aus dem Reagenzglasnest ausziehen, sobald eine andere Nestart zur Verfügung gestellt wird.
Das Walnussnest
Ein Walnussnest ist besonders für die Arten interessant, die in der Natur ein Nest in Eicheln oder ähnlichem bauen. Es besteht hauptsächlich aus einer halben Walnuss, an der eine kleine Plexiglasscheibe montiert ist. Teilweise ist es groß genug für ganze Kolonien dieser Arten. Es bietet einen guten Einblick in das Nestleben, sollte allerdings ebenfalls mit roter oder schwarzer Folie beklebt werden.
2.2 Die Arena
Die Arena ist der Ort, wo die Ameisen ihr Futter suchen und ihren Müll ablagern. Sie besteht aus einem simplen Kasten. Das kann sowohl eine kleine Plastikschachtel oder auch ein Glasbecken, wie ein Aquarium sein. Das Ganze ist dann entweder mit einem Schlauch mit dem Nest verbunden oder das Nest ist direkt in der Arena. Falls die Arena mit Schläuchen mit dem Nest verbunden sein soll ist es sinnvoll, wenn ein Loch in einer der Wände ist, durch das der Schlauch geführt werden kann. ebenso muss ein solcher Anschluss im Nest sein. Wie die Arena eingerichtet ist, ist für heimische Ameisen völlig egal. Bei Exoten sollte natürlich auf Luftfeuchtigkeit etc. geachtet werden. Die natürlichen Bedingungen der Art sollten so gut wie möglich erfüllt werden. Die heimischen Ameisen interessiert es nicht wirklich, ob sie auf einem Glasboden laufen oder auf Sand. Natürlich macht es Sinn das ganze etwas zu dekorieren, um es etwas schöner wirken zu lassen. Es ist so gut wie alles möglich: Holz, Steine, Blätter usw. Wenn die Gegenstände aus der Natur entnommen werden sollten sie entweder abgekocht, kurz gebacken oder kurz in die Mikrowelle getan werden, um Milben und andere Schädlinge abzutöten. Außerdem sollte auf Giftstoffe geachtet werden, beispielsweise die Farbe bei Dekokies. Es ist sogar möglich die Arena mit Pflanzen zu schmücken. Es sollte im allgemeinen darauf geachtet werden, dass der Bodengrund in der Arena nicht Grabfähig ist. Er sollte also entweder nicht zu hoch sein oder fest. Eine gute Variante ist die Sand-Lehm Mischung, die auch für die Farm verwendet wird auf dem Boden zu verteilen und sie anschließend anzufeuchten. Sobald der Bodengrund trocken ist, ist er Steinhart und der Perfekte Grund für eine Ameisenkolonie. Das Problematische bei pflanzen in der Arena ist, dass ein recht hoher Erdhaufen benötigt ist, der außerdem befeuchtet werden muss. Ein perfektes Nest für jede Ameise. Sie mögen diese grüne Wohngegend teilweise mehr als das schöne Nest, dass extra für sie errichtet wurde.
2.3 Kosten
Das tolle an Ameisenhaltung ist, dass sie so günstig ist. Man kommt theoretisch mit weniger als 10 € aus, wenn man sich seine erste Ameisenart zulegt. Das liegt daran, dass die komplette Anlage selbstgebaut werden kann. Dafür muss man nicht einmal handwerklich geschickt sein (auch wenn man keine Niete in solchen Sachen sein sollte). Hier im Forum findet man viele Beispiele, wie man sich Nester und Arenen selber zusammenbastelt. Dort findet man außerdem gute Anregungen für Einrichtung etc. Ansonsten kann man sich das Ganze in einem der zahlreichen Internetshops bestellen, die sich auf Ameisen spezialisiert haben. Dort findet man nicht nur Einzelteile sondern auch ganze Sets, die für einen erfolgreichen Start sehr zu empfehlen sind (auch wenn man dafür dann etwas mehr Geld ausgeben muss und viel unnötiger Schnickschnack dabei ist).