Anfänger vor dem Kauf / meine geplante Kolonie

  • Hallo zusammen


    Sorry, falls euch mein (erster) Beitrag hier zu lang vorkommt - aber ich nehme das Ganze halt schon Ernst und will gut vorbereitet sein. Ich bin Bo, 35 Jahre alt und schon als Kind begeisterte ich mich für Ameisen. Ich habe nun den Entschluss gefasst, mir den Wunsch nach einer eigenen Ameisenfarm zu erfüllen. Leider liest man in verschiedenen Foren und Webseiten mitunter unterschiedliche oder gar widersprüchliche Dinge. Daher möchte ich einfach mal hier fragen und euch gezielt mein Vorhaben erläutern. Ich bitte euch dabei um Hilfestellung, Vorschläge und Kritik.


    1. Die Ameisen


    Ich habe mich für formica fusca entschieden, da diese übereinstimmend als "geeignet für Anfänger" genannt wurden. Zwar war auch immer wieder von lasius niger die Rede, da diese aktiver und aggressiver sein sollen, dafür allerdings auch bedeutend kleiner. Formica fusca soll sich - aufgrund der Größe - besser beobachten lassen.


    Liege ich da richtig?



    2. Das Zuhause


    Ich bin kein Fan von irgendwelchen grünen, kleinen Nestern, die eher an ein Kinderspielzeug erinnern und bei ebay für weniger als 20 EUR angeboten werden. Zudem lebt eine Katze im Haushalt und das Ganze sollte schon "stationär" und sicher sein. Meine Idee ist nun, mir das eigentliche Nest aus Ytong selbst herzustellen. Diesen würde ich dann in ein kleines Aquarium an die Glasscheibe stellen und den Bereich dahinter auffüllen, so dass es die beiden Bereiche "Nest" und "Arena über dem Nest" gibt.


    Würde es sich hier anbieten, eine zusätzliche Glas oder Plexiglas-Scheibe vor dem Ytong anzubringen, damit dieser für die Winterruhe komplett und geschlossen entnommen werden kann?


    Welches Füllmaterial hinter dem Ytong bietet sich an, damit nicht dort ein eigenes Nest gegraben wird, von dem ich dann überhaupt nichts sehen kann?


    Wird generell irgendeine besondere Art von Erde/Sand/Lehm für irgendetwas benötigt, wenn ich ein Nest aus Ytong baue?



    3. Die Einrichtung


    Ich habe gelesen, dass Schwämmchen besser sind als Wasserpfützen/Tropfen, da die Tiere dort gerne Mal ertrinken, was durchaus auch in einem Wassertropfen geschehen soll. Ist das richtig (also das mit den Schwämmchen)?


    Sollte man hier eine Art Tank bauen oder genügt es, wenn eine Schämmchen-Tränke in der Arena aufgestellt wird?


    Ich habe zudem gelesen, dass kleine Kolonien zu große Nester gerne "zumüllen". Wäre es eine kluge Idee, das Nest etwas modular aufzubauen? Meine Idee wäre, den Eingang in der Mitte anzubringen und die Gänge im Ytong dann nach links und rechts zu verzweigen. Ich würde über ein Röhrchen dann aber zunächst nur den (z.B.) linken Teil freigeben und ab einer gewissen Größe der Kolonie die zweite Seite dazu schalten. Macht das Sinn?



    4. Sonstiges


    Gibt es sonst noch irgendetwas, was ich beachten muss? Auch bezüglich der Ameisen-Gattung?



    Vielen Dank für eure Hilfe, die mir den Einstieg in die Welt der Ameisen erleichtern wird.


    Liebe Grüße
    Bo

  • Hallo und Willkommen hier!


    Ich persönlich finde es super, dass du dir so viele Gedanken machst und dich vorher richtig informieren willst. Es gibt leider viel zu viele Leute, die einfach wild drauf los kaufen und sich dann wundern warum dinge passieren, die eigentlich zu erwarten waren. Sieht man auch immer wieder an den Posts in den Foren oder Facebook Gruppen. Deswegen : Daumen hoch :).


    1. Ich habe beide Arten, beide etwa gleich groß mit ca. 30 Arbeiterinnen. Formica fusca sind schon größer als Lasius niger. Klar kommen sie nicht an eine Camponotus Major Arbeiterin ran, aber man sieht einen Unterschied :). Sind beide auch relativ einfach zu halten.


    2. Ich glaube du musst dich entscheiden, ob du ein internes oder externes Nest haben willst. Beides geht aus Ytong. Normalerweise läuft das so, dass wenn du die Arena überhalb des Nestes im selben Becken haben willst, dass du über den Ytongblock nochmal eine Plaxiglas-/Glasscheibe machst und nicht den ganzen Raum verfüllst. Wenn du es verfüllst , das Nest aber raus nehmen möchtest, musst du ja ein loses Material nehmen und dann werden die Ameisen dort definitiv graben.
    Ich hab im Moment für einige meiner kleinen Kolonien einfach einen kleinen Ytongblock in die Arena gestellt. Dieser hat vorne auch eine Scheibe. Die Arena ist dann halt nicht über dem Nest, sondern drum herum. Aber das ist nur meine Lösung.


    3. Korrekt, Ameisen ertrinken gerne in allem wo ihr Kopf reinpasst, das gilt auch für Zuckerwasser und Honig. Kommt aber auch auf die Kolonie an. Wasser würde ich aber nie einfach so anbieten, sondern immer mit einem Trägermedium, wie zb Watte oder einem Schwamm.


    Deine Idee mit dem Nest könnte funktionieren. Sehr kleine Kolonien würde ich grundsätzlich in einem Reagenzglas, oder einer kleinen Gründerkammer halten (z.B. aus Gips). Viele Leute wollen ihr Ameisenbecken aufbauen und dass dann über Jahre so lassen, sprich auch die größe des Nestes/Beckens auf eine große Kolonie anpassen. Ich persönlich werde die Becken und Nester mit der Größe der Kolonien wachsen lassen. Hat man zwar mehr Arbeit, aber grade das macht mir Spaß.


    4. Hierzu fällt mir spontan nichts ein. Was nicht heißen soll, dass alles durchdacht ist ;). Ich kann dir nur empfehlen Haltungsberichte der Arten durchzulesen. Dort kannst du viel Lernen und auch Fehler vermeiden.


    Grüße


    Matthias - ratti

  • Mit Formica fusca bist du für den Anfang schon ganz gut beraten. Die Kolonien werden nicht so groß, allerdings ist diese Art, zumindest nach meiner Erfahrung, relativ schüchtern solange die Kolonie noch klein ist, deswegen solltest du dich da gedulden.
    Das Formica sich besser beobachten lässt, liegt im Auge des Betrachters. Ich behaupte mal, dass es mehr Spaß macht eine große Lasius niger Kolonie zu beobachten als eine große Formica fusca Kolonie :winking_face:
    Wenn du gerne Ameisenstraßen beobachten möchtest, bist du mit L. niger besser beraten. Legst du dagegen Wert auf das Beobachten der Brutaufzucht, dann hast du mit F. fusca mehr Spaß, einfach durch den Größenunterschied.


    Bei deinem zweitem Punkt schließe ich mich Ratti an. Der Antstore bietet schöne Nester an, da musst du dich mal durchklicken. Diese u.a. externen Nester kannst du dann mit einem Schlauch an das Becken verbinden.
    Wenn du ein großes Nest für eine kleine Kolonie wählst, wird die Kolonie das Nest parrallel als Müllplatz nutzen und ungenutze Kammern müssen als Abfallkammern dienen. Deswegen sollte man das Nest an die Koloniegröße anpassen!


    Für die Feuchtigkeit nimmst du einfach einen Stein, träufelst darauf ein par Tropfen Regenwasser und gut ist :winking_face: Du kannst auch eine Tränke oder einen Schwamm verwenden, allerdings ist das in meinen Augen nicht nötig und macht keinen wesentlichen Unterschied.

  • Hallo und willkommen im Forum! :smiling_face:


    So, ich bringe mich nach langer Zeit auch mal wieder in die Ameisengespräche mit ein! :winking_face:


    Ich habe nur eine kleine Anmerkung zu deiner Wunschart:
    Formica fusca ist zwar für Anfänger geeignet und größer als L. niger, aber trotzdem ist folgende anzumerken:
    Viele Anfänger (und auch Fortgeschrittene) mögen Ameisenarten, die gerne sofort alles erkunden und nicht ganz so ängstlich sind. F. fusca ist laut vieler Beschreibungen ziemlich schreckhaft. Natürlich ist so gut wie jede Ameisenart anfangs eher schüchtern, aber manche weniger als andere! :winking_face:
    Also falls du dich wirklich für diese Art entscheidest, bereite dich lieber schon mal darauf vor, anfangs mit viel "Schreckhaftigkeit" der Ameisen konfrontiert zu werden. :winking_face:
    Zu 100% ist es natürlich nicht sicher, aber schon wahrscheinlich! :smiling_face:


    Außerdem: Sowohl L. niger als auch F. fusca sind sehr schön zu beobachten. L. niger ist besonders aktiv und eigentlich auch nicht so klein, dass man sie nicht beobachten kann.


    Ich hoffe, dir sind meine Tipps halbwegs hilfreich. :smiling_face:

  • Ich bedanke mich schon Mal für eure tollen Antworten. Ich muss gestehen, dass ich jetzt doch wieder am schwanken bin. Versteht mich bitte nicht falsch - grundsätzlich möchte ich, dass sich die Ameisen wohl fühlen und ich will sie in einem Lebensraum beobachten, der so passend und natürlich (ihr wisst, wie ich das meine) aufgebaut ist, wie möglich. Es ist nun aber so, dass mich bestimmte Verhaltensweisen und die Beobachtung selbiger schon mehr interessieren, als andere.


    Ich würde z.B. sehr gerne das wilde "Gewusel" der Ameisen beobachten. Zusehen, wie sie das Nest verlassen und die Umgebung erkunden. Sie beobachten, wie sie Nahrung entdecken und in ihr Nest bringen. Demnach zu urteilen, was ich hier und in vielen anderen Quellen lese, wäre L. niger anscheinend doch die bessere Wahl.


    Grundsätzlich interessiert mich natürlich auch die Aufzucht. Dinge wie Wanderungen, Ameisenstraßen, Erkundungen, etc finde ich aber eben noch etwas interessanter.


    Ich schwanke - nachdem ich nun noch mehr gelesen habe - aktuell auch wieder zwischen Modulen oder der Erweiterung innerhalb eines großen Aquarium. Was haltet ihr für sinnvoller? Ein großes Becken mit ytong und in diesem dann anfangs einen Bereich freigeben und später weitere Bereiche, wenn die Kolonie gewachsen ist? Oder direkt auf Module setzen und mit 2 eigenständigen beginnen (Nest und Arena) und mit Schläuchen zu verbinden?


    Bei Ytong besteht ja bei einem Lehm-Sand-Gemisch die Gefahr von Schimmelbildung, oder? Wäre hier eine bauliche Trennung mit Verschlüssen sinnvoller? Oder doch Lehm-Sand und die Ameisen graben sich das Nest bei Bedarf selbst größer?


    Da ich eine Katze habe, hielt ich das große geschlossene Becken für sicherer. Mehrere Bereiche mit Schläuchen verbinden hat natürlich einen ungleich höheren Spaßfaktor.

  • Hallo Stardenver Willkommen im Ameisencafe,


    ich persönlich finde mittlerweile ''große'' Aquarien schöner als viele kleine Behälter. Gerade bei älteren Kolonien die eine
    entsprechende Aktivität zeigen, macht das Beobachten in einem schön dekorierten Aquarium mehr Spaß. Außerdem können
    sich die Tiere schöner, weiter und freier bewegen.


    Für kleine Kolonien in der Gründungsphase oder unten 1000+ Arbeiterinnen reichen oft mehrere kleinere Becken. Gerade externe
    Nester lassen sich meiner Meinung nach für Einsteiger in die Ameisenhaltung leichter handhaben was z.b. Luftfeuchte und Temperatur im
    Nest angeht. Nicht unwichtig ist auch die Winterruhe für unsere einheimischen Ameisen, was eventuell für Komplikationen führen könnte
    wenn die Kolonie in einem großen Aquarium mit internen Ytong hockt. :smiling_face:


    Wenn wir nun von Lasius niger sprechen würde ich dir empfehlen mit einer kleinen Arena z.b. aus Glas mit Bohrungen oder einer Box (Bohrungen und
    Luftlöcher kann man selber machen), um die 30x20x20cm zu starten.
    Solltest du eine kleine Kolonie erwerben würde diese ohnehin den Rest des Jahres noch im RG leben.
    L. niger sind sehr Nesttreu und werden solang sie keinen Grund dafür sehen niemals in ein viel zu großes Nest ziehen (wenn die Bedingungen wie LF und
    Temperatur identisch sind) Daher bietet sich meiner Meinung nach gerade für niger, immer ein recht passendes Nest (von der Größe) an.


    Wird die Kolonie nach ein paar Jahren größer und größer kann man ihnen immer noch ein Aquarium anbieten, das lässt sich eigentlich bei allen
    Ameisenarten so handhaben.



    Kleines Beispiel:


    Die Kolonie ist nun im zweiten Jahr und hat ca 100+ Arbeiterinnen.


    [Blockierte Grafik: http://www.ameisencafe.de/cafe/wcf/images/upload/IMG_0824.JPG]


    Erst gestern sind sie in das von mir bereits letztes Jahr angebotene Gipsnest gezogen. Bis dato haben sie in einem bereits viel zu klein gewordenen
    Reagenzglas gewohnt. Hätte ich nun ein noch größeres Nest angeboten (die Kammergrößen spielen auch ein große Rolle) hätten sie den Umzug
    wahrscheinlich noch länger herausgezögert (So meine Beobachtungen). Außerdem ist dieses Nest recht praktikabel, es ist durch einen Schlauch an die Arena angeschlossen so
    das ich das Nest zur Winterruhe abnehmen kann und die Kolonie kühler stellen kann.



    Vielleicht konnte ich dir ja ein wenig weiterhelfen.


    Beste Grüße
    Bojan


    [Edit]:

    Zitat

    Bei Ytong besteht ja bei einem Lehm-Sand-Gemisch die Gefahr von Schimmelbildung, oder?

    Wenn der Ytongstein zu einer Seite hin ablüften kann, z.b. nach oben, besteht keine Gefahr von Schimmelbildung. Meistens entsteht Schimmel
    weil die Ameisen Futtertierreste ins Nest tragen und diese dort belassen (oft auch bei zu großen Nestern)

  • Hi,


    wenn du einen Ytong haben willst,


    empfehle ich, die Kammern mit Seramis o.Ä. zu füllen.


    So kannst du die Ameisen


    1.Bauen sehen und


    2.vermeidest du die Müllablage im Nest (welche nämlich zu Schimmel


    führen würde).


    Moudebouhou

    Ich weiß, dass gleich ein Klugscheißer kommt und mich berichtigt.
    Vielen Dank dafür!

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  • Sry, aber ich denke nicht das Seramis als Nestfüllung in diesem Fall geeignet ist. Bei Lasius niger bin ich mir unsicher, ob
    die kleinen Arbeiterinnen dann auch größere Sermisstücke einfach transportieren können. Gerade wenn die Nestgänge
    sehr steil oder lang sind könnte das zu einem Problem werden. Wenn ich falsch liege korrigiert mich bitte :grinning_squinting_face:


    Kann mir noch vorstellen das wenn man Seramis verwenden möchte, man eventuell die größeren Stücke mittels eines Siebs vorher aussiebt?!


    Moudebouhou: Hast du bei Lasius niger schon Erfahrungen mit einer Nestfüllung aus Seramis? Würde mich interessieren...


    LG
    Bojan

  • Hi Bojan,


    tut mir Leid, aber ich habe nur eine C. herculeanus Königin


    ohne Arbeiterinnen in einem Holznest.


    Also keinerlei Erfahrungen mit Ytong (das finde ich nicht so naturnah)


    und Lasius niger. Seramis nutze ich nur für die Bewässerung.



    Ich habe in vielen Berichten gelesen, dass die Ameisen die Seramissteinche


    freudig aus dem Ytong trugen.



    Sorry, dass ich die Informationen nur aus Berichten habe,



    Moudebouhou


    PS: Kate: Sand-Lehm-Mischung bricht zu schnell ein,


    glaube ich.

    Ich weiß, dass gleich ein Klugscheißer kommt und mich berichtigt.
    Vielen Dank dafür!

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    Einmal editiert, zuletzt von Moudebouhou ()

  • @Moudebouhou
    soviel kann da nicht mehr einbrechen, wenn nur die Gänge damit befüllt sind. Wird ja alles abgetragen.
    Und für den unwahrscheinlichen Fall, wäre der Schaden bei dem bisschen Sand nicht so dramatisch wie bei einer normalen Farm.


    Also ich würde es so machen. Lieber so, als Kammern die zugemüllt werden.
    Aber jeder macht es anders :smiling_face:

  • Hi Kate,


    hmm, wenn ich jetzt darüber nachdenke


    hast du Recht. Nur komisch, dass in den Berichten,


    die ich gelesen habe, immer nur von Seramis geschrieben wird.


    Danke,


    Moudebouhou

    Ich weiß, dass gleich ein Klugscheißer kommt und mich berichtigt.
    Vielen Dank dafür!

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