Formicarium geeignet? & weitere Fragen

  • Hallo zusammen,


    ich habe vor kurzem ein selbst gebautes Formicarium geschenkt bekommen, was ich zum Anlass genommen habe, mich ein bisschen über die Ameisenhaltung einzulesen. Gerne würde ich dem Ganzen wieder Leben einhauchen, bin allerdings von der Flut an Informationen im Netz ein bisschen erschlagen. Daher hoffe ich auf eure Erfahrung zurück greifen zu können. Nun zu meinen Fragen:


    1) Vor allem Anderen also erst mal zum Formicarium selbst. Ich habe bisher immer nur gelesen, dass man das Nest und die Arena voneinander trennt. Bei mir ist, wie auf den Fotos hoffentlich zu erkennen, das Nest sozusagen unter der Arena integriert. Ist das so wie es gebaut ist überhaupt wirklich verwendbar? Und wenn ja, welche Art wäre dafür gut geeignet? So wie ich gelesen habe, ist insbesondere das Nest bei jeder Art ein bisschen anders zu gestalten. Ich würde mich auch über Verbesserungsvorschläge freuen. Eine Tränke wird natürlich noch nachgerüstet. Ist es zu klein? Ist es zu voll?


    2) Ist es jetzt von der Jahreszeit noch ratsam, das Formicarium zu besetzen, oder sollte ich besser bis nächsten Frühling warten?


    3) Falls ich das jetzt noch umsetzen sollte, wie realisiere ich das Einsetzen am Besten? Das Transportröhrchen einfach in Nesteingangsnähe legen und warten? Realisieren die Ameisen das, dass sie durch das kleine Loch im Boden ins Nest kommen?


    4) Die meisten Ameisen benötigen ja Winterruhe. Wie realisiere ich das mit meinen Mitteln am besten? Ich kann ja schlecht das ganze Formicarium in den Kühlschrank stellen :grinning_squinting_face:


    5) Als Ausbruchschutz hätte ich am Liebsten einen Deckel. Habt ihr eine Idee, wie ich das am Besten umsetzen kann? Also woraus und wie ich vielleicht sogar einen selbst basteln könnte?


    6) Was haltet ihr von der Sache mit den roten Folien? Ich hatte eigentlich vor, das Nest unten damit abzudecken. Mittlerweile habe ich aber mehrfach gelesen, dass das gar nichts bringt. Ist es den Ameisen in dem Fall dann nicht zu hell dort unten?


    Sorry für die vielen Fragen. Ich würde nur gerne wissen was ich tue, bevor ich mir Tiere anschaffe und das Internet hat mir in dem Fall nur bedingt geholfen. Ich hoffe die Fragen sind nicht zu blöd.


    Vielen Dank jedenfalls schon mal im Voraus für die Hilfe!


    LG Angela

  • Hallo liebe Angie93 und herzlich willkommen ^^,


    erst einmal vorweg: frage soviel du nur kannst wenn dir etwas unklar ist. Das wird hier sehr begrüßt und zeigt dein Interesse an der ganzen Thematik. Schließlich geht es hier um Lebewesen ;).


    Meine Frage (bevor ich gleich auf deine eingehen werde) wäre zu aller erst: Wie groß ist denn das Formicarium? Anhand dessen kann man dir gezielter aushelfen was zum Beispiel die Wahl der Art betrifft.


    Nun zu deinen Fragen (Ohne Gewähr da ich selbst kein Experte bin ^^)


    1)Ja das kann man verwenden. Jedoch schränkt das die Wahl der Ameisenart etwas ein da:
    - es Arten gibt die unterschiedliche Luftfeuchte in Arena und Nest benötigen (siehe Myrmica Rubra)
    - es Arten gibt die längere Laufwege bevorzugen und wirklich mehrere Becken benötigen (Blattschneideameisen zB.)


    Ansonsten kann man das so ganz gut verwenden und wird teilweise Vorgefertigt in Shops angeboten. Allerding sehe ich keine Bohrungen für erweiterungen. Das könnte in 1-2 Jahren problematisch werden wenn du eine große Kolonie haben möchtest da der Platz im Nest nicht ewig reichen wird. Zudem sind die Kammern im Porenbetong recht flach, da könntest du vielleicht nochmal etwas nachbessern. Generell ist es meiner Meinung nach bei Porenbetong empfehlenswert, die Kammern und Gänge mit feuchter Sand-Lehm-Mischung zu bestreichen um die Poren zu füllen. Es wird oft berichtet dass Eier und Larven gerne mal in den poren verschwinden und nicht mehr wiedergefunden werden (Besonders bei kleinen Arten). Große Arten der Gattungen Camponotus und Messor beispielsweise können den Porenbetong auch selbst bearbeiten, was natürlich dazu führt, dass man einen Teil der Kolonie nicht mehr sieht. Manchen ist das wichtig, mir eher weniger, da musst du wissen was dir wichtiger ist.


    Generell wird Porenbetong von Ameisen genutzt, die in der Natur in Erdnestern oder in Mauerwerk leben. Des Weiteren ist die Wahl der Art abhängig von:
    - der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit, die du anbieten kannst. Für Arten wärmerer Regionen bieten sich diverse Lampen mit Reflektoren an oder eine Heizmatte mit genügend Watt. dazu findest du hier im Forum bestimmt noch andere Beiträge zu dem Thema Klima.
    - persönliche Bedürfnisse wie länge der Winterruhe, größe der Kolonie, Sichtbarkeit, Aktivität, Robustheit, Geduld bezüglich Wachstum. Da musst du dir selbst ein Bild von machen von dem was es so gibt und von dem was du möchtest.


    2)Das hängt ganz von der größe der Kolonie ab, die du haben möchtest. Ab 100 Arbeiterinnen denke ich kannst du diese noch dieses Jahr reinsetzen, andernfalls solltest du damit noch warten, Da kleine Kolonien in größeren Nestern schnell dazu neigen, ihren Unrat im Nest zu sammeln, was schimmel begünstigen kann (Je höher die Luftfeuchte, desto schneller setzt sich Schimmel an).
    Was du jedoch tun kannst ist das Nest teilweise mit einer Sand-Lehm-Mischung abzugrenzen. Sprich einzelne Gänge Blockieren. Bei wachsener Koloniegröße werden dann, je nach Bedarf, bereiche freigegraben. So vermeidest du das die Tiere ihren Müll nicht rausbringen ^^.


    3) Genau, einfach reinlegen. Die Arbeiterinnen werden das Nest dann überprüfen und im Idealfall für gut befinden.
    Ganz wichtig ist hier das Abdunkeln des Nestes mit Pappe, Papier oder mit der herkömmlichen roten Folie.
    Bei einer größeren Art solltest du den Eingang ganz einfach mit einem schraubenzieher oder so vergrößern.


    4) Welche Mittel stehen dir denn zur Verfügung? Die Frage ist auch wieder abhängig von der Art, da beispielsweise mitteleuropäische Arten kühlere Temperaturen benötigen als südeuropäische Arten.


    5) Da kann ich dir leider nicht weiterhelfen da ich mich mit dem herstellen von Formicarien noch nie beschäftigt habe. Trotzdem sei gesagt dass du zur Sicherheit dennoch zumindest Paraffinöl oder gleichwertiges nutzen solltest, da jede Chance zum stiften gehen genutzt wird ;).


    6) Solange du das Formicarium nicht mit dem Nest in dierektem Sonnenlicht stehen hast, geht das mit der Folie ganz gut. Hatte ich bei meinen Messoren auch und die waren richtig entspannt und ruhig. Es gibt aber auch bei den Folien verschieden Helligkeiten. Nimm unbedingt die dunkelste Filterfolie die du bekommen kannst, auch wenn du dann nicht mehr alles so gut beobachten kannst. Ameisen sind Rotblind, sprich die rote Folie wirkt mit zunehmender Stärke wie eine dunkle Wand. Alternativ, wie oben beschrieben, einfach Pappe oder Papier vorm Nest anbringen. Das ist genauso effektiv, nur siehst du dann halt nicht so einfach was da im Nest passiert.


    So, das erstmal zu dem was ich anhand der bisherigen Informationen beantworten konnte.
    Sollte ich hier irgendwas falsch genannt haben bitte ich dringlichst um Korrektur. Das hilft mir genauso wie Angie93 ^^.


    Liebe Grüße
    Der Kürbiskopf




    PS: Hier mal ein Link von einem Haltungbericht mit dem selben Formicariumstyp
    Haltungsbericht Camponotus ligniperdus

  • Hallo Kürbiskopf,


    Vielen Dank für deine ausführliche Antwort.


    Das Formicarium hat eine Größe von (BxHxT) 40x25x25. Das Nest unten hat ist ca. 10cm hoch.


    Ich hätte mir die Camponotus nicobarensis angelacht. Auch weil sie keine Winterruhe benötigen und ich dann erst gar nicht das Problem mit der ausreichenden Kühlung bekomme.


    Denkst du, als Anfänger ist die Art geeignet? Nach der Beschreibung hier:
    https://www.antstore.net/shop/…otus-cf-nicobarensis.html
    klingt sie, als wäre sie für mein Formicarium geeignet. Das einzige wobei ich mir jetzt noch unsicher bin: Ist es evtl etwas zu klein?


    Zur Not könnte ich auch gleich anbauen. Wobei ich das eigentlich ganz schön finde, Nest und Arena in einem zu haben.
    Würde es ausreichen, sozusagen eine zweite Arena als Lauf und Ablageweg anzuschließen?


    Ich dachte mir, da es die Camponotus nicobarensis ja etwas wärmer mag, könnte ich mit einer Wärmematte arbeiten.
    Hast du einen Tipp, wie ich das mit der ausreichenden Feuchtigkeit im Nest realisieren könnte?


    Bohrungen würde ich noch einfügen. Ein Glaser könnte da bestimmt noch auf jeder Seite zwei Löcher rein schneiden. Dann wäre für eine spätere Vergrößerung vorgesorgt, oder?


    Was hältst du von meinen Überlegungen?


    Vielen Dank für deine echt gute Hilfe!


    LG
    Angela

    • Offizieller Beitrag

    Ohje, gerade erst gesehen, dass du schon länger auf Antwort wartest.


    Camponotus nicobarensis ist eine recht genügsame Art, allerdings - wie du schon selbst richtig gesagt hast - musst du sie auch wenigstensim Winter beheizen.



    klingt sie, als wäre sie für mein Formicarium geeignet. Das einzige wobei ich mir jetzt noch unsicher bin: Ist es evtl etwas zu klein?


    Zur Not könnte ich auch gleich anbauen. Wobei ich das eigentlich ganz schön finde, Nest und Arena in einem zu haben.
    Würde es ausreichen, sozusagen eine zweite Arena als Lauf und Ablageweg anzuschließen?

    Erste Frage: Ja, wenn du es richtig machst und eben schaust, dass das Nest ausreichend feucht ist, die Arena aber eher trocken. Zum Becken: Nein, kleine Kolonien dürften ohnehin recht wenig Aktivität zeigen. Diese Art wächst allerdings bei guter Haltung recht flott, weswegen ein Anbau irgendwann notwendig werden wird. Für die Löcher wirst du aber dem Glaser vermutlich ein leeres Becken liefern müssen. Auch beim Eigenbau sollte das Becken für das Handling leer sein. Tatsächlich habe ich persönlich mit Glasern bei dem Thema keine so guten Erfahrungen gemacht (zwei zerstörte Becken), da das Bohren von Löchern in bestehende Becken ein ziemliches Spezialthema ist. Daher bohre ich lieber selbst (mit entsprechdem Diamant-Rundbohrer/-Kernbohrer).



    Ich dachte mir, da es die Camponotus nicobarensis ja etwas wärmer mag, könnte ich mit einer Wärmematte arbeiten.
    Hast du einen Tipp, wie ich das mit der ausreichenden Feuchtigkeit im Nest realisieren könnte?

    Die Wärmematte kann man z.B. wenn man die Arena etwas "aufbockt" (z.B. auf flache, schmale Korkmatten oder sowas stellen) direkt darunter schieben. Achte nur darauf, dass du eine vernünftige Matte kaufst, die z.B. einen Überhitzungsschutz hat. Die Luft um sie herum sollte immer noch zirkulieren können.


    Was die Nestfeuchtigkeit angeht kannst du bei dir z.B. noch einen Stutzen anbringen, in den du etwas Wasser fließen lässt. Wenn du in eine oder zwei Stellen des Nests ein Loch bohrst (nicht in die Kammern bohren, sondern hinten entlang von oben bis ca. zur Hälfte der Höhe des Nests) und dort z.B. ein kleines Röhrchen hineinsteckst, kannst du in dieses kleine Mengen Wasser füllen, die im entsprechenden Nestbereich versickern. Bei Nichtbenutzung kann man so ein Röhrchen einfach mit Watte verschließen. Denn wenn du das Nest z.B. einfach von oben gießt, kann es pasieren, dass die Ameisen ungewollt anfangen im Substrat darüber (dem Sand) zu graben und dort ggf. sogar zu nisten.

    Träume den unmöglichen Traum, besiege den unbesiegbaren Feind, strebe mit deiner letzten Kraft nach dem unerreichbaren Stern.

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