Liebe Community,
aus aktuellem Anlass (kleiner Seitenhieb Richtung fink2 ) möchte ich hier gern nochmal eine kleine Anleitung für einen sehr günstigen und mit gängigen Mitteln kurzfristig umsetzbaren Ameisen-Exhaustor vorstellen. Hierfür habe ich auch eine alte Paint-Zeichnung von 2013 gefunden, die zugegebenermaßen äußerst amateurhaft ist, aber ich denke sie tut ihren Zweck.
Für den Ameisen-Exhaustor benötigst du weitestgehend nur Materialien, die ohnehin bei einem Ameisenhalter zu finden sind:
- Ein Reagenzglas (es müssen durch die Öffnung zwei Strohhalme hineinpassen). Das RG darf durchaus auch einen Wassertank haben, z.B. wenn es wieder als Nest dienen soll oder die Ameisen mehrere Tage darin sein sollen
- Etwas Watte
- Zwei Strohhalme oder vergleichbares Material wie sehr dünne Schläuche. Die Strohhalme können gekürzt werden, je nach Reagenzglas und Vorlieben
- Ein wenig handelsübliche Fliegengaze (aus Kunststoff) oder auch ein Stück alte Nylon-Strumpfhose (dann werden die mit den Laufmaschen endlich sinnvoll verwertet!). Das Schaubild stammt noch aus meinen Junggesellen-Zeiten, da hatte ich an Strumpfhosen gar nicht gedacht, da nicht im Haus. Ggf. ist also Nylon sogar die bessere, da feinere Wahl
- Tesa oder vergleichbares Klebeband
- Ein bisschen Wasser zum Anfeuchten
Und so geht es: Einer der Strohhalme dient als Ansaugrohr für dich. Da du beim Ansaugen natürlich keine Ameisen oder deren Brut im Mund haben willst, musst du dessen Ende engmaschig und fest (bestenfalls mehrere Lagen) mit Fliegengaze umwickeln, sodass sich eine Sperre ergibt, die möglichst dicht, aber noch gut luftdurchlässig ist. Auch etwas Nylon kann man nehmen, also z.B. ein Stück Strumpfhose. Die sich daraus ergebende luftdurchlässige Schicht sollte - sofern nötig - eng genug gefaltet sein, dass auch Ameiseneier nicht hindurchpassen. Die Fliegengaze oder das Nylon kannst du einfach mit etwas Tesa am Strohhalmende befestigen.
Ist das geschehen ist der weitere Aufwand verschwindend gering- man steckt den so präparierten Strohhalm mit dem Gaze- bzw. Nylon-Ende nach unten in das RG. Den zweiten Strohhalm steckt man einfach hinzu (durch diesen werden die Ameisen gesaugt). Es ist etwas einfacher, wenn das flexible Ende des nicht-präparierten Strohhalms nach außen zeigt, so kann man ihn etwas hin und her bewegen beim Saugen. Die Öffnung des RGs wird nun mit Watte dichtgemacht, damit keine Ameisen rauskrabbeln können. Feuchtet man die Watte ein wenig an, verbessert sich die Saugwirkung deutlich, denn sonst saugt man durch den Wattestopfen zu viel Luft.
Fertig ist der Ameisensauger Marke 0815. Teste den Sauger kurz, ob die Luft auch weitestgehend nur durch den Ansaug-Strohhalm geht (es sollte wie gesagt nicht Luft durch den Wattestopfen gesaugt werden).
Nun hält man den Ansaug-Strohhalm in die Nähe der Ameisen und saugt durch den anderen Strohhalm (den mit der Gaze natürlich!) kräftig Luft ein. Die Ameisen werden wie von einem Staubsauger aufgesaugt und landen im RG. Es klackert dabei manchmal gewaltig, da die Ameisen mit ihren Chitinkörpern aneinander und an das Glas schlagen - aber keine Sorge, sie werden dadurch nicht geschädigt. Auch die Brut überlebt das Verfahren ohne Probleme. Im Gegensatz zu einem Staubsauger ist der Unterdruck nämlich so gering, dass die Körper der Ameisen und Brut keinen Schaden erleiden.
Es ergibt sich am Anfang ein wütender und chaotischer Ameisenknäuel, aber nach ein paar Stunden ist die Brut wieder sortiert und die Ameisen verhalten sich normal (und versuchen natürlich wütend aus ihrem Gefängnis zu entkommen!)
Einziger Nachteil: Das Entfernen der Strohhalme ist bei diesem Billig-Eigenbau-Modell etwas fummelig, da gerne noch in dem Moment sehr aggressive und hektische Ameisen darauf herumlaufen. Es funktioniert recht gut, wenn man ein wenig trockene Watte (der spätere Stopfen) an die Reagenzglasöffnung hält, den feuchten Stopfen inklusive der Strohhalme abzieht und dabei mit der trockenen Watte an den Halmen hängende Ameisen ins Innere des RGs abstreift und damit dann schnell zumacht. Mit etwas Geschick schafft man es so auch bei größeren Mengen Ameisen, dass keine außerhalb des RGs zu finden ist. Sollte man aus Versehen eine oder mehrere Ameisen zwischen Wattestopfen und Reagenzglaswand einklemmen, kann man den Wattestopfen vorsichtig drehen, um die Ameise frei zu geben. Durch ihr wirklich beeindruckendes Chitinskelett sind sie auch vor Quetschungen gut geschützt und berappeln sich nach kurzer Zeit wieder.
Große Arten wie diverse Camponotus kannst du mit diesem Exhaustor nicht immer einsaugen, denn die Gyne passt nicht durch den Strohhalm! Bei Gynen in der Größe einer Lasius niger Königin klappt das aber ohne Probleme.
Einmal im RG kann man die Ameisen dann dorthin bugsieren, wo man sie haben will, z.B. zurück ins Formicarium - oder sie drinnen lassen, wenn das RG einen Wassertank aufweist und eine Weile als Nest dienen soll.
Das Grundprinzip des Exhaustors ist im Grunde aber immer dasselbe, kann also auch mit anderen Materialien und Aufbauten umgesetzt werden. Mir ging es hier vorrangig darum, eine Anleitung mit Mitteln zu geben, die vermutlich in den meisten Ameisenhalter-Haushalten irgendwie vorfindbar sind und keine langwierigen Einkäufe voraussetzt. Man kann den Exhaustor also auch im Notfall binnen weniger Minuten zusammenbauen (besser hast du ihn einfach bereitliegen). Weitere Bauanleitungen oder Anregungen gerne als Antwort auf diesen Beitrag.