Besuch einer Königin

  • Hallo liebe Community,


    vor einigen Wochen (am 23.5.2020) saß ich nichts ahnend auf meiner Couch als rechts auf meiner Armlehne mich plötzlich eine Gyne mit noch zwei Flügeln am Körper anlächelt. Ich dachte erst ich guck nicht richtig, denn normalerweise lauf ich immer wachsam umher um welche zu finden und jetzt kommt eine freiwillig in mein Haus :grinning_squinting_face:
    Ich war mir erst unsicher ob sie begattet ist, da ja noch Flügel vorhanden waren. Daher hielt ich sie für paar tage erstmal mit offener Tupperdose und einem Reagenzglas auf meiner regengeschützten Fensterbank.
    Als sie sich es aber jetzt im Reagenzglas gemütlich gemacht hat beschloss ich sie in der verschlossenen Dose im warmen zu halten und zu hoffen dass sie vielleicht Gründet.
    Heute ist es endlich soweit ich bin völlig baff, drei kleine Eier liegen nun dort im Reagenzglas und die Königin hat ihre Flügel nicht abgeworfen.
    Nun hoffe ich, dass hier mir jemanden helfen kann was es für eine Art seien könnte, hauptsächlich weil sie immer öfters aus ihrem Reagenzglas kommt und in der hergerichteten Tupperdose umherläuft und ich sorge habe, dass sie semiclaustral Gründet.


    Eckdaten: gefangen am 23.05.2020 ca 20°C und zuvor hatte es geregnet, daher sehr feuchte Luft.
    Länge würde ich auf ca 100mm schätzen


    Hoffe, dass jemand die Art erkennt und mir weiterhelfen kann.


    Lg Janosch

  • Also semiclaustrale Gründung kann ich ausschließen. Auch unbegattete Königinnen können Eier legen und diese groß ziehen, aus denen schlüpfen dann aber nur Männchen... das soll schon mal vorkommen. Wird sich wohl nur durch abwarten feststellen lassen.
    Was die Art betrifft: Serviformica sp. Ich würde auf Formica rufibarbis tippen aber das lässt sich auf dem Bild schlecht erkennen. Ist der Thorax größtenteils rot mit schwarzen Zeichnungen oben und seitlich? Vllt kannst du ja noch bessere Bilder machen, dann ließe sich das genauer sagen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo MrJanosch,


    bitte noch ein paar Aufnahmen machen, z.B. auch von oben und dabei möglichst viel Licht einsetzen, sodass man die Gyne gut erkennen kann.


    Es ist in jedem Fall eine Formica sp., könnte F. rufibarbis sein, aber die Zeichnung kann man auf dem Foto nicht gut erkennen. Bei mehr Aufnahmen könnte man diese Art leicht erkennen, denn die Färbung ist sehr charakteristisch.


    Es handelt sich aber sehr wahrscheinlich um eine claustral gründende Art, dafür spricht der kräftige Körperbau und die sehr große Gaster. Dass sie trotzdem herumläuft mag daran liegen, dass sie das RG für kein optimales Nest hält, was tatsächlich auch der Fall ist (es ist nur für den Halter praktisch, keine Ameise würde freiwillig dort gründen) und sie die Umgebung nach Alternativen absucht. Bis sie es als Nest akzeptiert hat, vergeht einige Zeit, man sollte das RG auch verschließen (das gibt Sicherheit und Verhindert dieses Suchen, denn die Öffnung ist für Ameisen viel zu groß und führt zu Nervosität).




    Zitat von MrJanosch

    Länge würde ich auf ca 100mm schätzen


    Die größte Ameise der Welt! :grinning_squinting_face:
    Spaß beiseite, die 10 mm (nehme ich an... [Blockierte Grafik: https://ameisencafe.de/cafe/wcf/images/smilies/wink.png]) passen auch gut zu Formica rufibarbis, aber wie gesagt, lass uns das noch verifizieren.




    Zum Thema Flügel: Es ist ein häufiger Irrglaube, dass man "keine Flügel" mit begattet gleichsetzen könne und umgekehrt. Es ist vielmehr so, dass auch entflügelte Gynen unbegattet sein können (ist aber tatsächlich sehr selten, da sie im Normalfall im Flug von mehreren Männchen bedrängt und auch begattet werden), sowie geflügelte Gynen begattet sein können (kommt viel häufiger, als man denkt).


    Der Zeitpunkt des Aufsammelns ist hier entscheidend. Es bringt natürlich nichts, direkt bei einer bestehenden Kolonie geflügelte Tiere abzusammeln. Aber laufen diese einzeln oder ganz ohne zugehörige Kolonie in direkter Umgebung herum, fand der Schwarmflug in den allermeisten Fällen schon statt. Die begatteten Jungköniginnen landen ja erstmal und müssen überhaupt Gelegenheit haben, sich die Flügel abzunehmen. Dafür brauchen sie vor allem einen sicheren Platz und Ruhe, wenigstens für eine kurze Zeit.


    Entdeckt man sie hierbei, kann man sie schon einsammeln. Nun ist es aber so, dass man durch das Einsammeln das natürliche Verhalten und den eigentlichen Ablauf der Gyne vor Gründung durchaus stört. Meistens nehmen die Gynen etwas verspätet die Flügel doch noch ab, das kann auch einige Tage dauern. Es kann aber durchaus vorkommen, dass die Gynen später ihre Flügel gar nicht mehr abnehmen, da ihr Ablauf zu sehr durch das Einsammeln gestört wurde. Sie sind aber trotzdem begattet und gründen erfolgreich. Die Flügel verkümmern mit der Zeit und werden über Monate schwarz und schrumpelig. Ich habe das schon häufiger gehabt, v.a. bei Lasius flavus und habe die Flügel später selbst entfernt, da dieses "Abfaulen" für mich ein nicht zu schätzendes potentielles Risiko für die Gesundheit der Gynen war. Mag sein, dass es harmlos ist, aber wer weiß das schon. Es kommt auch vor, dass nicht alle Flügel entfernt werden, hatte ich auch schon.



    In jedem Fall Glückwunsch zum Zufallsfund, sind doch die besten!

    Träume den unmöglichen Traum, besiege den unbesiegbaren Feind, strebe mit deiner letzten Kraft nach dem unerreichbaren Stern.

  • Vielen lieben dank für die ganzen Antworten :smiling_face:

    Länge würde ich auf ca 100mm schätzen

    Ups da ist mir eine Null zu viel reingerutscht :grinning_squinting_face:


    Habe mir mal ein paar Bilder von Formica rufibarbis angeschaut und die Ähnlichkeit ist sehr hoch., könnte also passen.
    Hab versucht noch paar Bilder zu machen, jedoch sind die leider zu verpixelt, vielleicht schaffe ich es noch welche zu machen wo man es bisschen besser erkennt.

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