Hallo liebe Leute,
Ich habe Mich entschlossen, einen Haltungsbericht zu meiner Camponotus fallax Gyne "Silvana" und ihrem Volk zu verfassen.
Platz zum diskutieren, spekulieren, anregen und fragen findet Ihr hier im Diskussionsfaden.
Die Art
Camponotus fallax ist eine arboricole (baumbewohnende) Art, die in Parks, Alleen, Streuobswiesen und Wäldern angetroffen werden kann, dort zumeist im toten Geäst alter Bäume.
Allerdings befallen sie auch vereinzelt hölzerne Bauelemente in Wohnhäusern und auch von Funden in Bienenstöcken wird berichtet.
C. fallax bildet nur sehr volksarme Kolonien von wenigen hundert Tieren, weshalb sie als recht scheu gilt,
Konfrontationen meidet und vornehmlich in den Abend- und Nachtstunden aktiv ist.
Dabei gehen die Arbeiterinnen oft nur vereinzelt oder in Kleinstgruppen auf Nahrungssuche, welche sie hauptsächlich in der Trophobiose finden. Allerdings werden auch tote Insekten nicht verschmäht.
Durch ihre geringe Koloniegröße und ihr Aktivitätsverhalten ist diese Art eher für geduldige Halter empfehlenswert, denen weniger daran liegt, dass möglichst viel im Formicarium passiert sondern die sich an den kleinen Dingen und Erfolgen, welche die Kolonie hervorzeigen kann, erfreuen können.
Geschwärmt wird hauptsächlich in Südeuropa, vereinzelt auch in Mitteleuropa in den Monaten Mai und Juni.
Die Gründung erfolgt klassisch claustral, wofür sich die Gyne ein geeignetes Loch in einem Baum sucht, anstatt wie viele andere Arten in die Erde zu ziehen.
Da diese Art annähernd ihr ganzes Leben auf dem Baum verbringt und darauf geeicht ist (pun intended ), empfiehlt sich bei der Aufzucht eher eine hölzerne Gründungskammer. Bei der Gründung im Reagenzglas sollten zumindest kleine Holzstücke, Späne oder Korkschrot angeboten werden, um ein ein möglicht naturnahes Plätzchen zu simulieren.
Wie die meisten anderen Camponotus Arten auch, hat Camponotus fallax recht lange Entwicklungszeiten vom Ei bis zur Imago. Meinen eigenen bescheidenen Erfahrungen nach, sind es bei Zimmertemperatur um die 1 1/2 - 2 Monate.
Die Winterruhe gestaltet sich wie bei allen einheimischen Arten von Oktober/November bis März, wobei sie als baumbewohnende Art den Elementen sehr viel stärker ausgesetzt ist als bodenbewohnende Arten. Sprich, auch Kälteperioden unterhalb der 8°C sollten sie ertragen können. Ob diese Art jedoch auch über einen endogenen Rhythmus verfügt wie zum Beispiel Camponotus herculeanus kann Ich nicht abschließend sagen.
Eine Besonderheit ist, dass die Geschlechtstiere gleich zweimal überwintern, einmal als Larve und ein weiteres mal als adultes Tier.
Die Gyne
"Silvana" lief Mir am 8. Mai '20 an einem sonnigen Vormittag vor die Füße. Ziemlich genau vor meiner Haustür, an einem von Bäumen gesäumten Grünstreifen in einem kleinen Wohngebiet am Rande Berlins.
In der Länge misst sie knapp 12mm, hat einen breiten schwarzen Kopf, eine längliche, schwarz-glänzende Gaster und bräunliche Beine.
Hier ein paar Bilder kurz nach dem Fang:
Die Gründung
Wie üblich setzte Ich sie nach dem Fang in ein Reagenzglas mit Wassertank, dunkelte dieses ab und legte sie an einen ruhigen Ort, ohne sie weiter zu stören.
Dann machte Ich Mich daran, etwas über die Art in Erfahrung zu bringen, vornehmlich hier aber auch in anderen Foren, was sich als gar nicht so leicht erwies, da diese Art allem Anschein nach nur recht selten gehalten wird.
Als Ich dann erfuhr, dass eine arboricole Gründungskammer hier von entscheidender Bedeutung sein kann, fertigte Ich kurzerhand aus einer alten Holzschatulle meiner Freundin eine Art hölzernes Miniformicarium mit allem, was dazu gehört und setzte sie dort hinein.
Hier ein Bild davon:
Am oberen Rand habe Ich ein Loch passend als Aufnahme für ein Futterröhrchen vom AntStore gebohrt, das ist der Anschluss für das Wasser.
Im unteren Teil des Kästchens zu sehen ist das Refugium, die kleine Kammer, ebenfalls ein leeres Futterröhrchen, welche mit kleinen Schräubchen fixiert ist, um ein Herumrollen beim hantieren mit der Schatulle zu verhindern.
Gefüllt ist die Kiste mit Spänen, die Ich mit einem Messer vom Deckel und von der Oberseite des Kästchens abgehobelt habe.
Da sich nach einigen Tagen Ruhe und Dunkelheit nichts in Sachen Eiablage getan hatte, beschloss Ich einen kleinen Tropfen Honig auf einem Stück Alufolie anzubieten.
Dieser wurde auch direkt angenommen und nur wenig später war bereits das erste Ei zu sehen.
Zufrieden mit meinem Wirken, "Silvana" beim Gründen unter die Beine zu greifen, ließ Ich sie weiter in Ruhe, Dunkel- und Abgeschiedenheit und den Dingen ihren Lauf.
Lediglich ein kleiner Blick alle 7-10 Tage sollte sie stören und natürlich das Umsetzen ihrer kleinen Holzarena in eine größere Glasarena, die mit Korkschrot als Bodensubstrat gefüllt war.
Diesen wundervollen, neuen Baustoff konnte sie natürlich nicht unangetastet lassen und nutze den Schutz der Nacht, um damit Ihr Nest zu versiegeln.
Das ganze sah dann eines Morgens so aus:
So vergingen die Tage und Wochen, bis Ich schließlich am 8. Juli '20, also genau 2 Monate nach dem Fang, die erste Imago bewundern konnte, die aus "Silvanas" Brut hervor ging.
Bei der Gelegenheit konnte Ich auch gleich erkennen, dass bereits weitere Puppen und Larven in verschiedenen Entwicklungsstadien vorhanden waren.
Also wurde fix ein weiterer Tropfen Honig angeboten und die Kammer wieder abgedeckelt.
Im Folgenden das erste Bild nach Monaten des Wartens:
In hinteren Teil der Brutkammer ist die frisch geschlüpfte Arbeiterin zu sehen, weiter vorne meine "Silvana".
Links der etwas zu groß geratene Tropfen Honig.
Den tausche Ich beim nächsten Blick aus, dann werde Ich auch mal versuchen, eine Fruchtfliege oder Ähnliches anzubieten.
Da sich die Damen nur zum Nestversiegeln aus der Kammer wagen, bin Ich gezwungen, etwaige Futtergaben direkt in das Kästchen zu geben.
Ich hoffe und denke jedoch, dass sich die Aktivität wie üblich bei steigender Anzahl auch auf den Außenbereich ausweitet.
Da das Völkchen aber ohnehin nicht rasant bis zum Ende der Saison wachsen wird, habe Ich beschlossen, es für dieses Jahr bei diesem Setup zu belassen und vielleicht im Laufe der Winterpause ein schönes Holznest zu fertigen. Ich gedenke es aus Eiche zu fertigen, da die diese Art, wenn sie Totholz bezieht, Harthölzer bevorzugt.
Soviel erstmal zu meinem kleinen Gründungsbericht.
Wer Fragen, Anregungen und Kritik äußern möchte, oder einfach seinen Senf dazu geben will, findet den Link zum Diskussionsfaden ganz oben.
Bis zum nächsten Mal
Beste Grüße und schön gesund bleiben,
Ralph