Ameisen stenök oder euryök und K oder R Strategen

  • Hallo Allerseits :winken2: !


    In diesem Thread möchte ich gleich zwei Fragestellungen bearbeiten, welche zumindest mir unbekannt sind. Da ich den Schwerpunkt Ökologie habe und auf diese Fragen noch keine Antwort finden konnte hoffe ich das ihr vielleicht mehr wisst und/oder ein paar spannende Diskussionen um das Thema entstehen. :winking_face:


    Gibt es überhaupt klare Abgrenzungen? Grundsätzlich? Bei Ameisen bzw. Arten?


    Die Erste Frage befasst sich mit dem Toleranzbereich in dem jedes Lebewesen fähig ist zu existieren.


    Sind Ameisen Stenök oder Eryök?


    Hier mal zu Begriffserklärung falls die Begriffe jemandem noch nicht bekannt sein sollten. Stenök bedeutet einen geringen Toleranzbereich Bsp. die Forelle, Eryök dagegen einen Breiten Tolleranzbereich Bsp. Karpfen.


    Wie ist das jetzt eigentlich bei Ameisen?
    Ist das bei allen Arten gleich also kann man es Verallgemeinern oder ist es von Art zu Art unterschiedlich? Manche Arten können sich Umwelteinflüssen ja sehr gut anpassen zB. Lasius niger andere dagegen nur sehr schlecht.




    Die Zweite Frage befasst sich mit der Fortpflanzungsstrategie von Ameisen.


    Zählen Ameisen zu den K oder R Strategen?


    Hier wieder zu Begriffserklärung: R Strategen setzten auf die Reproduktionsrate also möglichst viele Nachkommen von denen aber nur, im Verhältniss, recht wenige überleben. Ein klassisches Beispiel hierfür wäre die Maus. K Strategen setzten auf weniger Nachkommen welche aber im Verhälniss deutlich höhere Überlebenchancen pro Individum haben. Beispiel Hierfür wören Mensche, Eisbären, Hunde, Katzen... K Strategen betreiben auch Fast immer "Brutpflege/ Nachwuchsversorgung im hohen Maße.
    Ameisen haben eine hohe Reproduktionsrate, betreubeiben aber ebenfalls sehr viel Brutpflege. Also irgentwie eine Mischform.




    Ich freue mich schon auf eure Antworten, Spekulationen, Diskussionen und co. :thumbs_up:


    LG. ForceMaster!

    • Offizieller Beitrag

    Ho ForceMaster,


    interessante Fragen stellst du da. Mein Bio-Leistungskurs ist zwar schon etwas her (Abi-Jahrgang 2008), aber ich versuche mich mal an einer Einschätzung.



    Sind Ameisen Stenök oder Eryök?

    Beides, je nach vorliegender Art, wage ich zu behaupten (wobei es euryök heißt, kleiner Tippfehler, aber das sind auch echt seltsame Wörter :smiling_face: ). Es gibt natürlich bei Ameisen Generalisten, die euryök sind und die sehr tolerant gegenüber wechselnden Umweltfaktoren sind. Solche Arten sind in Mitteleuropa z.B. sehr verbreitet, da wir eine recht weit gefächerte Bandbreite an klimatischen Bedingungen aufweisen und ganz allgemein die vorliegenden Ökosysteme sehr unterschiedlich sein können. Dennoch gibt es hierzulande Arten die, wie du richtig gesagt hast, in fast allen heimischen Ökosystemen vorkommen - und nur in gewissen, sehr speziellen Bereichen von anderen Arten abgelöst werden. Das AmeisenWiki empfiehlt explizit, sich als Einsteiger auf euryöke Ameisenarten zu fokussieren: https://ameisenwiki.de/index.p…ten_f%C3%BCr_den_Einstieg


    Es gibt aber sehr wohl auch stenöke Ameisenarten, die sehr speziell angepasst leben, sowohl was die Umwelt angeht (z.B. tropischer Regenwald), als auch die Lebensweise (z.B. Symbiose mit spezieller Pflanzenart). Das ist ja auch der Grund, warum wir in der Haltung dann die originalen Bedingungen für solche Arten möglichst gut simulieren müssen - und teilweise sind sie dabei sehr sehr anspruchsvoll, was diese Bedingungen angeht und sterben schnell ab, wenn man es nicht schafft, die Umgebung entsprechend anzupassen.




    Zählen Ameisen zu den K oder R Strategen?

    Tatsächlich gelten Ameisen generell wohl als R-Strategen. Ich zitiere mal, etwas frei übersetzt aus dem Englischen, den aktuellen Seifert (den ich wirklich sehr empfehlen kann!). Der Teil bezieht sich nicht direkt auf die K- oder R-Strategen, sondern auf die Energieeffizienz von Ameisen, aber sie werden offensichtlich nicht als K-Strategen klassifiziert:



    Ameisen sind sehr große Energiekonsumenten. Die meisten Spezies sind sogenannte K-Strategen. So werden Organismen bezeichnet, die eine relativ stabile Population anstreben, die sich recht nahe am Kapazitätslimit des Ökosystems bewegt. Im Gegenzug dazu nutzen sogenannte R-Strategen kurze, günstige Gelegenheiten, indem sie sich rapide und explosiv vermehren, oft gefolgt von einem Kollaps der Population. Ein Ameisennest kann als stabiles Risikomanagementsystem angesehen werden, schwierig im Aufbau, aber ebenso schwierig zu zerstören. Wie auch immer, Risikomanagementsysteme sind üblicherweise sehr kostenintensiv. Ameisen haben die evolutionäre Route eingeschlagen, eine deutlich reduzierte Effizienz bzgl. der biologischen Reproduktion zu akzeptieren, um dafür eine hoch konsistente und verlässliche Reproduktion über die Königin(nen) zu erreichen. Effizienz wird hier gegen Sicherheit ausgetauscht. Diese Sicherheit in der Reproduktion ist einer der Gründe, der Ameisen dazu befähigt, Ökosysteme zu besetzen. In Hinblick auf die Energie werden nur 1-6% des Futters, das ins Ameisennest gebracht wird, der Nachkommenproduktion zugeführt. Der Rest geht verloren. (...)

    Es folgt dann eine Erklärung, warum Ameisen solche Energieverschwender sind (das meiste geht in die Erhaltung der eigenen körperliche Funktionsfähigkeit, nicht in die Reproduktion), dazu lange Transportwege für das Futter, Futter wird oft gar nicht ganz verwertet, sondern landet (teilweise oder sogar komplett) ungenutzt auf dem Müll, da die vollständige Verwertung zu energieintensiv wäre (z.B. Aufbrechen von Chitinpanzern etc.), ...



    Wie auch immer, ich denke Ameisen werden deswegen den R-Strategen zugerechnet, da sie eben - wie viele Insekten - einerseits sehr punktuell, zeitlich beschränkt, eben opportunistisch eine Reproduktion über massenhaft produzierte Geschlechtstiere anstreben. Es werden in sehr begrenzten Zeitfenstern Reproduktionsmöglichkeiten genutzt (Schwarmflüge) und in dem Zuge auch nur zu gewissen Zeiten davor überhaupt reproduktionsfähige Geschlechtstiere produziert. Von denen wiederum überleben die meisten gar nicht, was auch ein Punkt für die R-Strategen ist. Die von den wenigen Überlebenden gebildeten Populationen wachsen dann auch sehr schnell über eine kurze Zeit (oft nur wenige Jahre), brechen mit Wegfall des oder der reproduktionsfähigen Tiere aber ebenso schnell ein - mal von stark polygynen Kolonien abgesehen, die bekanntlich wenigstens theoretisch unendlich lange überleben können, sofern gestorbene Königinnen ersetzt werden.


    Die Brutpflege bei Ameisen ist zwar sehr intensiv, was erstmal auf K-Strategen hindeuten würde, die hier aufgewendete Energie geht aber größtenteils überhaupt nicht in die Entwicklung reproduktionsfähiger Tiere, sondern nur in die Erhaltung des ganzen Schwarmorganismus, bzw. in die Sicherheit der Kolonie als Konstrukt. Letztendlich geht es dem K-Strategen ja eigentlich auch nur darum, sein eigenes Erbgut in der nächsten Generation zu erhalten - dafür hegt und pflegt er seine wenigen Nachkommen über lange Zeiträume, damit diese möglichst überleben und das eigene Erbgut wiederum weitergeben können. Ameisen ist das prinzipiell erstmal egal, die meisten gebildeten Nachkommen reproduzieren sich ja gar nicht, sondern arbeiten lediglich für die Erhaltung des Schwarmorganismus an sich, der Sicherheit verspricht - der Anteil an reproduktionsfähigen Tieren ist winzig. Auch die Geschlechtstiere selbst werden dennoch so gesehen in Masse produziert. Da ist es egal, ob einzelne Tiere überleben oder nicht - durch die Masse werden neue Kolonien gegründet. Die reproduktionsfähigen Geschlechtstiere werden ja regelrecht in den massenhaften Tod geschickt, das stünde einem K-Strategen sehr schlecht zu Gesicht, bei einem R-Strategen hingegen ist es Normalität, dass es eben nur ein kleiner Teil schafft, zu überleben und die eigenen Gene weiterzugeben.


    Der evolutionäre Vorteil der Ameisen bzgl. der Gene ist so gesehen ohnehin ein anderer: Das Ergbut der Schwestern (= alle anderen Arbeiterinnen und Königinnen) stimmt bei Ameisen zu 75% überein, was tatsächlich ja besser ist, als die 50%, die man sonst bei einer Verpaarung weitergeben kann. Daher ist es eigentlich effizient, dass sich die Arbeiterinnen dafür "opfern" ihre eigene Reproduktionsfähigkeit komplett aufzugeben. Das betrifft alle eusozialen Insekten gleichermaßen.





    Ich hoffe, ich habe das halbwegs verständlich wiedergegeben und keinen Stuss erzählt :badboys:

  • Hallo!


    Vielen Dank für deine Antwort ice_trey! :dankeschoen:



    Ich hoffe, ich habe das halbwegs verständlich wiedergegeben und keinen Stuss erzählt [Blockierte Grafik: https://ameisencafe.de/cafe/wcf/images/smilies/36.gif]

    Deine Antwort ist logisch und gut nachvollziehbar, also sind deine Bedenken völlig unbegründet. :winking_face:



    Bei Stenök und Euryök lässt sich, meiner Meinung, noch halbwegs zwischen Arten und Herkunft unterscheiden. Natprlich gibt es auch Arten bei denen das nicht so offen liegt.


    Im Punkt K oder R Strategen muss ich dir zustimmen. Was ich gehört habe werden Ameisen, wie du schon meintest, als R Strategen gezählt. Jedoch muss ich feststellen dass hier keine klare Abgrenzung besteht. Deine Begründung warum sie R Strategen sind kann ich aber sehr gut nachvollziehen.
    Wichtig finde ich auch noch zu bedenken, dass Ameisen als Kolektiv abrbeiten und nicht als einzelne Indivieduen wie viele andere Lebewesen. Das erschwärt eine Abgrenzung zwischen K und R Strategen natürlich sehr.


    Eine neue Frage hätte ich aber:


    Du schreibst das die meisten Individuen einer Kolonie (Arbeiterinnen) ihre Fortpflanzungsfähig für die Sicherheit des Organismus/ der Kolonie auf. Nur wenige Tiere behalten die Fähigkeit sich Fortzupflanzen (Gynen und Drohnen). Jenes ist sicherlich auch Reurcen sparend da die Entwicklung einer Jungköniginn deutlich mehr Nöhrstoffe verbraucht als die einer Arbeiterinn.
    Meine Frage ist: Gibt es nich auch Arten bei denen jede Arbeiterinn Fortpflanzungsfähig ist und diese Ihre Fähigkeit einfach unterdrücken oder im Laufe ihres Darseins verlieren? Falls ich mich irre bitte auch schreiben.


    LG. ForceMaster!

    • Offizieller Beitrag

    Mahlzeit,


    Das erschwärt eine Abgrenzung zwischen K und R Strategen natürlich sehr.

    Finde Ich nicht unbedingt, da man in diesem Fall nicht das einzelne Tier betrachtet werden sollte, sondern die Kolonie als ein Organismus. Und als solches kümmern sie sich zwar um die Brut, allerdings nur bis zum Zeitpunkt des Schlupfes. Das eine Fortpflanzung erfolgreich durchgeführt werden kann, wird kaum sicher gestellt. Man lässt die Jungköniginnen und Drohnen ausfliegen und das wars dann. Und da gehen sie eben auf Masse.
    Und wie Ich bereits des öfteren hier gelesen habe, schafft es schätzungsweise 1 von 10.000 wiederum erfolgreich geschlechtsfähige Tiere zu produzieren.
    Gesicherte Fortpflanzung kann man das wohl kaum nennen.



    Meine Frage ist: Gibt es nich auch Arten bei denen jede Arbeiterinn Fortpflanzungsfähig ist und diese Ihre Fähigkeit einfach unterdrücken oder im Laufe ihres Darseins verlieren? Falls ich mich irre bitte auch schreiben.

    Ja, solche Arten gibt es meines Wissens nach unter den Urameisen. Dort gibt es keine Königin im klassischen Sinne, sondern eine Arbeiterin, die diesen Job übernimmt. Durch Rangkämpfe oder schlicht den Tod wird dieser Platz zuweilen neu besetzt. Glaube Ich zumindest mal so gelesen zu haben.



    Beste Grüße und schön gesund bleiben,


    Ralph

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!