Inzucht bei Ameisen

  • na ja, ganz so einfach scheint das mit der inzucht doch net zu sein ...
    ich hab mich da mal weiter schlau gemacht. inzucht führt zu diploiden männchen! ja, ich hab auch gedacht "WAS?", aber es stimmt.
    selbige sind meist nicht fortpflanzungsfähig oder sterben gar.
    wenn meine eigenen berechnungen richtig sind, dann sind das allerding in der F1 nur nen tick mehr als 25 % diploide männchen (die also eigentlich königinnen oder arbeiterinnen sein sollten).
    das wird natürlich auf dauer zur belastung für die kolonie.


    zurückgeführt wird das auf single locus complementary sex determination (sl CSD). d.h. dass ein weibchen durch einen heterozygoten zustand definiert wird, ein männchen durch einen homozygoten (also auch den haploiden hemizygoten).
    gilt übrigens für viele hymenopteren.


    so ganz verstanden hab ich das paper aber noch nicht, aber ich arbeite dran ;).


    ein normaler wert in einer natürlichen formica population wird mit 10% diploiden männchen angegeben. also gibt es offensichtlich inzucht in der natur, hat aber einen klaren (signifikanten) nachteil in der fitness (dadurch, dass mehr männchen und weniger arbeiterinnen da sind).
    solche kolonien würden also ausselektiert.


    das orginal gibt´s übrigens hier: http://www.frontiersinzoology.com/content/3/1/1#B11


    ich hoffe das war verständlich ...

  • jepp, aber die diploiden männchen sind ohne inzucht ziemlich unwahrscheinlich!
    in dem paper wird von 9-86 verschiedenen allelen gesprochen und die wahrscheinlichkeit der diploiden männchen mit 1/k (k := als die anzahl der allele) angegeben. also zischen 11% und 1 %.
    hm, du hast recht ... ich hatte das mal noch gar net ausgerechnet ... wäre wichtig zu wissen, wie viele allele es denn nun wirklich gibt ...


    was dieses paper aber auch leider völlig vernachlässigt sind die mehrfach- paarungen (eine königin mit mehreren männchen), was ja durchaus normal ist.


    wenn ich da noch irgendwelche angaben in der literatur finde könnte man das noch mit einberechnen.


    das heißt, dass man, wenn meine berechnungen nun richtig sind, bei einer inzucht in der F2 mit 27 - 47% (je nach allelzahl) diploiden männchen rechnen kann, d.h. ca jede dritte bis jede 2 arbeiterin wird zu nem kerl!


    das macht inzucht tatsächlich zu was, was man vermeiden sollte!

  • garou: Das will ich jetzt aber genau wissen:
    diploide Männchen, dass würde also heißen, das es nicht der haploide/diploide Chromosomensatz ist, der das Geschlecht bestimmt, sondern die Anordnung der Allele: heterozygot=weiblich (Arbeiterin), homo- bzw hemizygot= Männchen (diploid bzw haploid), verstehe ich das richtig?
    Mich würde brennend interessieren, wie du auf 27-47% diploide Männchen in der F2 kommst (Genetik war noch nie mein Fall :O)

  • mein gott, nur weil ich zu doof bin, hier einen word formatierten text zu posten musste und man auch keine .doc hochladen kann musste ich jetzt erst mal das .doc in .pdf und dann in .jpg ...
    kompliziert ...
    hoffe das das nun geklappt hat.
    ansonsten hab ich ja nun in allen formaten und kann´s auch bei bedarf schicken ;)!


    joey: jepp, alles richtig verstanden


    hier wie ich drauf komme:


  • Vielen Dank für die Arbeit, die du dir da gemacht hast... wenn ich mir das so anschaue, kommt die Erinnerung zurück :winking_face: Bei Allelen und deren Häufigkeiten fiel mir sofort die Sache mit Hardy-Weinberg ein... das war mir in der Penne schon zu hoch und ich hab für meinen TR ein Programm geschrieben, das mir den Stress abnimmt. Leider ist mir heute auch das Programm zu hoch :loudly_crying_face:


    Das wäre dann in der Natur tatsächlich ein Nachteil, stellt sich mir nur die Frage, ob das das Koloniewachstum nur verlangsamt - was der Fall wäre, wenn die Homozygotie letal ist und der einzige entstehende "Schaden" somit das wegfallen eines bestimmten Prozentsatzes an Nachkommen wäre - oder ob es dazu führt, dass eine Kolonie letztendlich einem Selektionsdruck nicht mehr standhalten könnte und ausstirbt... sehr spannend. Aber auch, wenn es Nachteile hat: es kommt in der Natur offensichtlich häufiger vor, als ich das bisher geglaubt habe. Ich tendiere allerdings (und bitte korrigiere mich, wenn ich in meinen wirren Schlussfolgerungen mal wieder irre ;)) zu jener Variante mit dem verlangsamten Koloniewachstum - was nicht freiwillig stirbt, wird halt abgemurkst - , welches allerdings garantiert durch eine gesteigerte Produktion an Nachkommen wieder ausgeglichen werden kann. Und was Rationalität angeht, ist die Evolution echt unschlagbar. Vielleicht gibt es ja auch Vorteile (z.B. nicht das Risiko einzugehen, beim Schwarmflug gefressen zu werden), welche diesen Aufwand rechtfertigen? Für die Haltung (wo ja Milch... ähh... Insekten und Honig fließen) heißt das nun in jedem Fall, dass Inzucht möglich ist und nach diversen Berichten (an denen zu zweifeln ich keinen Grund habe) auch stattfindet... q.e.d. :grinning_squinting_face:

  • Hi joey


    Das ist alles nur zum Teil richtig!


    âKoloniewachstum nur verlangsamtâ â Im Freiland hat so eine Gründerkolonie Konkurrenz durch normal wachsende gleich alte und ältere, größere. Da hat sie kaum Chancen.


    âwelches allerdings garantiert durch eine gesteigerte Produktion an Nachkommen wieder ausgeglichen werden kann.â â Weniger Arbeiterinnen > weniger Futter für die Königin (Drüsensekrete von den Arbeiterinnen !) > weniger Eier werden gelegt. Wie soll das âgarantiertâ ausgeglichen werden können?


    âheißt das nun in jedem Fall, dass Inzucht möglich ist und nach diversen Berichten (an denen zu zweifeln ich keinen Grund habe) auch stattfindetâ â Aber nur bei einigen (wenigen!) Arten. In der Haltung betreiben Lasius, Camponotus, Atta ⦠keine Inzucht weil sie sich da überhaupt nicht paaren!


    Aber vielleicht sind solche schwach wachsenden Kolonien ja besonders gut für die Haltung damit sie nicht zu schnell zu gross fürs Kinderzimmer werden (Atta!). :smiling_face:


    mfG Antguy

  • Hi und Hallo,



    wie schon geschrieben (im Einleitenden Thread) ist eine Vermeidung von Inzucht direkt durch die Geschlechtstiere bisher bei keiner Art bekannt.
    In der Haltung ist dieses nur selten zu beobachten, da es eben selten zur erfolgreichen Paarung kommt⦠letztes Beispiel der M. pavida sollte ja allen bekannt sein! Das heißt aber nicht, die Inzucht erster Stufe wäre nicht möglich, und schon gar nicht, daß diese in der Natur nicht stattfindet!


    Die schädlichen Folgen der Inzucht erster Stufe durch Geschlechtstiere der selben, nur von einem Männchen begatteten Königin sind bei einigen Arten nachgewiesen oder werden angenommen.
    Andere Arten wiederum betreiben über Generationen Inzucht erster Stufe, ohne schädliche Folgen, bzw ohne ein Aussterben der Art durch mangelnde Fitness. Die Art der Geschlechtsbestimmung, oder ein Mechanismus zur Unterdrückung der Inzuchtfolgen, ist bei diesen Arten noch nicht bekannt.
    Bei zB Harpagoxenus sublaevis hingegen sind bei der extremsten Form der Inzucht nicht nur diploide, sondern triploide Männchen mit 3 Chromosomensätzen bekannt. (Quelle ua ameisenwiki)


    Da Inzucht erster Stufe nicht durch die Geschlechtstiere vermieden wird, sollte es rein statistisch gesehen auch bei in der Natur lebenden Arten zur Inzucht erster Stufe kommen, besonders wenn sich alle oder nur ein Teil der Geschlechtstiere bereits innerhalb des Nestes paart. Ob diese Gynen bei polygynen Arten nun für den Rest ihres Lebens die Fitness der Kolonie durch unbrauchbare Männchen schädigt, ob diese Gyne eine kurze Lebenserwartung hat oder ihre Nachkommen bereits als Larve oder gar Ei diskriminiert werden⦠hierzu habe ich noch keine Angaben gefunden.


    Selbst ausgedehnte Schwarmflüge durch zB Lasius niger sind keine Garantie für eine (statistisch kleine) Gefahr der Geschwisterverpaarung. Wobei auch ich hier eine schlechte Überlebenschance der Kolonie in der Natur sehe... WENN gesunde Kolonien in direkter Konkurrenz stehen!



    Bei dieser ganzen Diskussion sollten 4 Punkte unterschieden werden:
    - ist Inzucht generell möglich
    - welche Folgen hat Inzucht erster, zweiter oder dritter Stufe in welcher Generation
    - welche Arten sind hier betroffen/beschrieben, welche Arten haben andere Mechanismen
    - kann in der Haltung überhaupt eine Paarung beobachtet/ermöglicht/angeregt werden


    Wie bei allen Diskussionen über die Ameisen sollten wir uns vor allgemeingültigen Aussagen tunlichst hüten!!!

  • Zitat

    Im Freiland hat so eine Gründerkolonie Konkurrenz durch normal wachsende gleich alte und ältere, größere. Da hat sie kaum Chancen.


    Hab ich ja geschrieben, dass das die zweite Variante ist :). Die Überlegung war aber, dass auch Gründerkolonien in Konkurrenz zu älteren, größeren Kolonien stehen und nicht aussterben, was die andere Möglichkeit trotzdem plausibel macht. Außerdem: wenn man (was ich tue) davon ausgeht, dass eine Art, wenn sie denn Inzucht betreibt, regen Gebrauch davon macht und das immer so war und immer so sein wird, dann betrifft das wohl alle Kolonien. Und wenn jeder auf Zehenspitzen steht, sieht keiner besser.

    Zitat

    weniger Futter für die Königin (Drüsensekrete von den Arbeiterinnen !) > weniger Eier werden gelegt. Wie soll das âgarantiertâ ausgeglichen werden können?

    Gerade das ist ja der Fakt, der Ausgeglichen werden soll. Ich meinte damit auch eine Anpassung im evolutionären Sinne, also von Vornherein mehr Nachkommen, als nötig wären. Rein Ökonomisch betrachtet sind dann die diploiden Männchen Ausschuss, welcher durch gesteigerte Produktion ausgeglichen werden kann. Es ist auch wie gesagt nur eine theoretische Annahme unter der Voraussetzung, dass diese diploiden Männchen nicht lebensfähig sind oder in irgend einer Weise getötet werden - sei es aktiv oder durch Unterlassen der Fütterung - und daher keinerlei Konkurrenz um Nahrung darstellen.
    Aber nur bei einigen (wenigen!) Arten
    Absolut, vielen Dank für die Ergänzung.

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