Hi zusammen,
es kann immer wieder mal vorkommen, dass man noch geflügelte Gynen auf dem Boden herumirrend auffindet. Befindet sich kein Nest der Art in der unmittelbaren Nähe (absuchen!), ist davon auszugehen, dass der Schwarmflug durchaus stattgefunden hat und die Tiere nicht einfach aus welchen Gründen auch immer aus einer nahegelegenen Kolonie heraus gerannt und noch gar nicht geschwärmt sind.
Anfänger gehen ggf. davon aus, dass geflügelte Tiere generell nicht begattet sind, was aber meistens nicht zutrifft, wenn die Tiere einzeln und ohne zugehöriges Nest herumlaufen. Die Königinnen suchen nach der Landung oft - nicht immer - erst einmal einen geschützten Platz, um ihre Flügel zu entfernen. Manche Königinnen schaffen das binnen weniger Sekunden, andere sind minutenlang damit beschäftigt, sich die widerspenstigen Flügel herauszureißen.
Sammelt man die Tiere noch geflügelt auf, kann es vorkommen, dass sie sich anschließend im sehr glatten und unnatürlichen Reagenzglas äußerst schwer tun, die Flügel noch abzustreifen. Folge ist, dass sie diese manchmal nur teilweise oder gar nicht mehr entfernen. Die Flügel faulen dann über die Zeit ab, was nicht nur hinderlich ist, sondern ggf. auch der Gesundheit nicht zuträglich (es führen immerhin Blutbahnen in die Flügel). Findet bei geflügelten Gynen dennoch in den folgenden Tagen eine Eiablage statt, ist eine Begattung sehr wahrscheinlich auch erfolgt. Findet hingegen wochenlang keinerlei Eiablage statt, hat man wohl wirklich einen "Irrläufer" eingesammelt. Bestenfalls sollten geflügelte Gynen also nach dem Aufsammeln ihre Flügel noch von selbst abwerfen. Das kann meiner Erfahrung nach durchaus noch einige Tage dauern, da man den natürlichen Ablauf durch das Einsammeln gestört hat und die Gynen das ihnen zugewiesene RG erstmal akzeptieren müssen (viele Gynen versuchen in den ersten Tagen noch zu entkommen).
Aktuell habe ich wieder so einen Fall, bei dem ich drei noch geflügelte Camponotus ligniperdus Gynen auf dem Boden herumirrend aufgefunden habe. Da ich kein Nest in der Nähe entdecken konnte, hoffe ich natürlich, dass diese gerade erst frisch gelandet waren und auch begattet sind. Gerade diese großen Tiere finden im RG kaum Halt und rutschen stark herum. Über Nacht hat daher auch keines der Tiere seine Flügel abgestreift, es ist ihnen nur schwer möglich, die dafür notwendige Körperkrümmung überhaupt zu erreichen und man sieht ihnen auch an, wie schwer sie auf dem Glas laufen können.
Nun bin ich auf die Idee gekommen, das RG etwas zu "pimpen" mittels eines schmalen, 1mm dicken Korkstreifens. Diesen schneidet man so zu, dass er der Länge nach bis zum Wassertank reicht (keine Spalte lassen, in die Eier rutschen können), vorn aber noch etwas Platz für den Wattestopfen lässt. Die Breite sollte so gewählt sein, dass sich im RG eine Rundung entsprechend des RGs ergibt und der Korkstreifen nicht allzu stark in der Luft schwebt. Zu schmale Streifen bilden keine Rundung, zu breite Streifen lassen sich hingegen nur sehr schwer in das RG einführen aufgrund der Haftung.
Anbei ein paar Bilder:
Die Gyne findet hier nach unten und durch die Dicke des Korks auch zu den Seiten hin Halt und kann sich gut festklammern, ganz anders als auf dem Glas. Ein Wegrutschen ist so kaum möglich. Die Chancen für eine erfolgreiche Entfernung der Flügel ist somit wesentlich besser gegeben. Zudem ist der Kork bei dieser Art auch nicht verkehrt bzgl. deren holzbewohnenden Lebensweise.
Sollte diese dennoch nicht erfolgen und die Gyne legt trotzdem ganz normal Eier, aus denen sich am Ende auch Arbeiterinnen entwickeln, kann man nach einigen Wochen die nach und nach verkümmernden Flügel auch selbst manuell noch entfernen. Dazu nimmt man diese mit einer Pinzette ab, was durch den von der Natur vorgesehenen Mechanismus durchaus recht leicht ist. Es kann sein, dass die Gyne sich anschließend für ein paar Sekunden zusammenkrampft, was sich wieder gibt.
Diese Methode empfehle ich absolut nur, wenn die Flügel schon abfaulen, da das Krampfen für mich ein Zeichen für Schmerz oder wenigstens eine unangenehme Empfindung ist. Ich habe das bis dato nur einmal durchführen müssen in 14 Jahren Ameisenhaltung, meistens haben die Gynen es noch irgendwie selbst geschafft, die Flügel zu entfernen.
Ich hoffe diese kleine Ausführung gibt euch eine kleine Inspiration für entsprechende Fälle. Mag sein, dass die Idee mit dem Kork nicht neu ist, aber mir ist sie gerade so gekommen. Ich hatte erst Korkschrot in das RG gegeben, dieser rutscht aber auch nur herum und gibt so kaum Halt.
Beste Grüße,
ice_trey