Überhitzungspunkt Einheimische Ameisen

  • Hallo,


    ich möchte mich erkundigen ob sich jemand mit dem Überhitzungspunkt von einheimischen Ameisen auskennt bzw eine Wissenschaftliche Arbeit empfehlen kann.


    Ich frage weil meine einheimischen Kolonien bei mir im Gartenhaus stehen und die Temperatur immer der Lufttemperatur außen entspricht (die letzten Tage bis 34°C)


    Im letzten Jahr mit einer kleinen Lasius niger und Formica cf fusca Kolonie hatte ich sogar bis 38°C keine Probleme oder konnte untypisches Verhalten feststellen.

    In diesem Jahr sind aber noch eine Lasius cf flavus, Manica rubida, Camponotus herculeanus, Myrmica sp. (ich schätze M. ruginodis) und Tetramorium sp dazu gekommen.


    Die letzten 2-3 Tage waren sehr heiß weshalb ich auch oft nach den Kolonien gesehen habe und auch die Arenen etwas befeuchtet habe. Keine der Kolonien zeigte untypisches Verhalten oder ähnliches. Nur meine Myrmica sp. sind in die Arena und ins Moos gezogen. Soweit ja normal für die Gattung. Aber heute morgen habe ich 2 halb tote Arbeiterinnen festgestellt.

    Ich denke es liegt daran das 34°C für eine eher im Wald lebende Art zu heiß war. Die Arbeiterinnen bewegen und zucken halt noch leicht aber haben es wohl bald hinter sich.


    Ich kann Milben sowie eine Vergiftung durch Futter ausschließen da ich sie mir unter dem Mikroskop angesehen habe und alle Kolonien das selbe Futter kriegen.

    Daher komme ich auf die Temperatur.

    Jetzt habe ich die Myrmica Kolonien in einen kühleren Raum gestellt aber ich frage mich ab welchen Punkt es für die verschiedenen Arten hier zu heiß wird.


    Dass Futter und Trinkwasser (teiweilse 2 Tränken pro Anlage - Gründungs RG und seperate Tränke in der Arena) jederzeit zur Verfügung steht ist selbstverständlich.


    Ich hoffe ihr könnt mir etwas weiter helfen


    Lg


    Edit:


    Pygmäen-Sterben kann ich auch ausschließen da die Gyne vom Schwarmflug 2020 ist und erst dieses Jahr nach der WR gegründet hat. Die Arbeiterinnen sind also erst ein paar Wochen alt

    • Offizieller Beitrag

    Hey


    Also bei einheimischen Arten hab ich bisher eigentlich immer gehört das eine Temperatur über 30 °C vermieden werden sollte.


    Jetzt in den letzten Tagen wo es so richtig war, hab ich schon weniger aussenaktivität bei den Kolonien in meinem Garten bemerkt.

    Es gibt natürlich auch bei uns Arten die sehr thermophil sind und somit solche Temperaturen besser wegstecken aber wie du schon sagtest ist es im Wald halt nicht so warm von daher war es glaub ich gut das du die Myrmica Kolonie in einen andern Raum hast.


    Lg Michi

    • Offizieller Beitrag

    Betrachtet man natürliche Nester, ergibt sich gerne ein Temperaturgefälle von ~35°C in den obersten Schichten (z.B. direkt unter einem besonnten Stein) bis weit unter 15°C in etwas tieferen Erdschichten. Die Ameisen lagern ihre Brut entsprechend ihrer Vorlieben, normalerweise bedeutet das, dass die Eier tendenziell am kühlsten und feuchtesten und die Puppen am wärmsten und trockensten gelagert werden. In 1m Tiefe hat man hierzulande ca. 8-10°C und dort bleibt die Temperatur dann auch recht konstant über das Jahr. Nicht wenige Ameisen bauen auch durchaus in diese Tiefe hinab, da spielt vermutlich auch die Feuchtigkeit dort eine Rolle (direkte Wasserquellen werden von Ameisen eher selten genutzt).


    Temperaturen um die 35°C sollten also temporär und für befristete Zeit keine schädliche Wirkung haben, weder auf Brut, noch adulte Tiere. Vor allem tückisch ist aber ein Hitzestau. Die Nester in der Haltung, egal ob RG, Farm oder Ytong sind recht anfällig dafür, da die Luftzirkulation eher schlecht ist und sich anstauende Wärme kaum abfließen kann. Daneben ist das Nest auch weitaus mehr den direkten Temperaturen ausgesetzt, als die Nester in freier Natur. Bei diesen können die Ameisen ja jederzeit in tiefere Erdschichten ausweichen und ich habe das auch bei mir so festgestellt - die Steine unter denen hier sonst Formica fusca ihre Brut lagerte, waren in den letzten, sehr heißen Tagen so gut wie verlassen, es war ihnen schlicht schon zu heiß.


    In einem Haltungsnest ist das kaum möglich, die Ameisen haben also dauerhaft die Temperatur, die außen vorherrscht und können so gut wie gar nicht oder überhaupt nicht in kühlere Bereiche ausweichen. Daher würde ich versuchen, die Temperaturen dort unter 30°C zu halten. Und so eine Farm ist z.B. auch nicht viel anders, als ein Auto: Ein in sich geschlossener Behälter, in dem Luft kaum zirkuliert. Man weiß ja, dass je nach Besonnung ein Auto auch mal über 50°C aufweisen kann, auch wenn es draußen weitaus kühler ist. Wird bei dir jetzt nicht so der Fall sein, da das Gartenhaus vermutlich eher schattig ist.


    Nimmt man mal eine durchaus thermophile Art wie Formica rufa als Beispiel her und betrachtet, warum diese (und natürlich auch die anderen hügelbauenden Waldameisen) überhaupt diese riesigen Nestkuppeln anlegen und dafür einen massiven Aufwand betreiben, so stellt man fest, dass dies v.a. der optimalen Temperatureinstellung für die diversen Brutstadien dient. Unter der Deckschicht versuchen die Ameisen den ganzen Sommer lang eine Temperatur von etwa 23°C-29°C in einer Nesttiefe von 15-50cm zu halten, welche optimal für die Brutentwicklung ist. Die Puppen werden dabei eher bei hohen Temperaturen gelagert, die Larven schon deutlich tiefer, die Eier dann eher im Erdboden selbst, so wie auch die Königinnen vom Frühjahr bis Spätsommer in immer tiefere Schichten wandern (und mit ihnen die Eikammern). Der Hügel soll auch in kälteren Phasen die Wärme so gut halten, dass die Ameisen diese Temperatur möglichst immer irgendwo in der Kuppel auffinden. Je schattiger der Neststandort, desto größer werden tendenziell auch die Hügel (und damit die Wärmespeichermasse). Die Brut wird entsprechend auch umgeschichtet, ebenso die Deckschicht regelmäßig erneuert (die aufgewärmten äußeren Schichten werden nach innen getragen und umgekehrt, es findet eine regelmäßige Umwälzung statt).


    Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn schon eine so sonnenliebende und entsprechend gerne exponiert bauende Art eher zwischen 23-29°C haben will, ist es nicht ganz unwahrscheinlich, dass Temperaturen darüber für andere Arten eher ungewöhnlich sind. Denn die meisten Nester sind ja weitaus weniger exponiert und befinden sich z.B. direkt im Erdboden. Pauschalisieren lässt sich das sicher nicht, aber man kann sich schon denken, dass es eine fast rein erdbewohnende Art wie Lasius flavus wohl eher kühler will als eine Lasius niger die teils durchaus beeindruckende Nestkuppeln (aus Erdmaterial) aufschichtet. Die Angaben der Shops zu den Temperaturen sind daher auch durchaus realistisch. Höhere Temperaturen für kürze Zeit sind sicher kein Problem, aber besser nicht tagelang.

    • Offizieller Beitrag

    Ich möchte noch eine Studie einbringen, nur um noch einmal ein Gefühl zu den Temperaturen zugeben.

    Hier handelt es sich um Mediterrane Arte, die wohl eher höhere Temperaturen lieben.

    Es zeigt sich sehr klar, während bei 36 Grad die eine Art schon Probleme hat, ist es bei der anderen erst bei 54 Grad.


    Aus Naturbeobachtungen weiß ich das es Myrmica sp. Arten gibt, die auch an sehr heißen Tagen, teilweise auch zwischen aufgeheizten Steinen unterwegs waren.

    Ob es die Temperaturen sind, kann man nicht sagen, das ein paar Arbeiterinnen gleichzeitig sterben, kommt immer mal wieder vor,

    besonders bei kleinen Kolonien fällt das einem Halter schneller auf.

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