Bestimmung Gyne

  • Hallo zusammen,


    ich habe heute (8.7.2021) um ca. 17 Uhr in NRW eine Königin gefunden. Der Fundort zwischen Pflastersteinen auf einem Gehweg in einem Wohngebiet mit nah gelegener Parkanlage.

    Ohne Fühler ist sie c.a. 1cm groß. Verglichen zu den Lasius niger Königinnen, die ich kenne, ist sie bei Aufregung deutlich schneller unterwegs. Ich habe mal erste Fotos gemacht. Falls nötig kann ich auch noch versuchen bessere Fotos zu machen.

    Für mich sieht das nach Lasius cf. fuliginosus aus. Ich bin allerdings nicht besonders erfahren in der Bestimmung. Könnt ihr mir bei der Bestimmung helfen?


    LG

    karinca


    • Offizieller Beitrag

    Hallo karinca,


    stimme ich fink2 zu. Auf keinen Fall eine Lasius fuliginosus. Diese ist beispielsweise wesentlich kompakter gebaut bei einer recht kleinen Gaster (da nicht claustral gründend), und komplett glänzend-schwarz (daher ja der Name, glänzendschwarze Holzameise :smiling_face: )

    Man sieht sofort, dass es keine Lasius ist. Es handelt sich in jedem Fall um eine Formica s. str., deren Sammeln/Haltung nach BNatSchG streng verboten und strafbar ist. Die genaue Art lässt sich allerdings anhand der Fotoqualität nicht bestimmen. In der Farbgebung, wie sie hier vorliegt, gibt es aber bis auf Formica sanguinea keine ungeschützen Formica-Arten in Deutschland (und Formica sanguinea hat kein schwarzes/dunkles Mesosoma, man kann sie also sehr gut auf den ersten Blick aussortieren)


    Bitte wieder am Fundort freilassen und das so schnell es geht, damit sie noch eine Chance auf Koloniegründung/Adoption hat, die Gyne dankt. :upside_down_face:

  • Hallo,


    nachdem ich schon mehrmals diese Art beobachten durfte kann ich fink 2 und ice_trey nur zustimmen. Es sieht für mich auch sehr eindeutig mach einer Formica s. str. Wie schon mehrmals erwähnt solltest du sie wieder am Fundort freilassen da sie streng geschützt sind.


    LG. ForceMaster!

  • Hallo,


    vielen Dank für die Hilfe beim Bestimmen. Komme leider erst jetzt zum Antwoten. Die Gyne ist aber noch am selben Abend wieder am Fundort gewesen. Habt ihr Tipps, wie man Formica Arten am einfachsten erkennen kann?


    LG karinca

    • Offizieller Beitrag

    Hi karinca,


    sehr gern. Danke, dass du die Gyne wieder freigelassen hast und damit einen Beitrag zum Artenschutz leistest.


    Habt ihr Tipps, wie man Formica Arten am einfachsten erkennen kann?

    Puh, das kommt darauf an, auf was du genau abzielst, also Formica von anderen Gattungen oder Formica untereinander. Prinzipiell ist Formica mit glaube ich 33 Arten eine der artenreichsten Ameisengattungen in Europa. Entsprechend schwierig ist teilweise die Unterscheidung. Gerade die hier genannten Formica s. str., also hügelbauende Waldameisen im engeren Sinne, sind teils etwas schwer auseinander zu halten. Das ist in dem Fall nicht so schlimm, da man sie durchaus gut von anderen - ungeschützten Formica-Arten - unterscheiden kann, was hier eben wegen des besonderen Schutzstatus elementar ist. Da muss man also nicht unbedingt die genaue Art kennen, weil man sofort sieht: Ah, geschützte Art.


    Die verschiedenen Untergattungen, das sind Coptoformica, Formica (sensu strictu), Raptiformica und Serviformica, lassen sich dabei noch ganz gut auseinanderhalten, auf Artniveau wird das dann aber ungleich schwieriger und ist teils ohne wirklich sehr gute Lupen (min. 20x) und viel Erfahrung nicht mehr zu machen, da man hier teils Haare auf dem Mesosoma und unter den Kopf zählen muss usw., - wirklich tricky. Wie bei Bestimmungen immer ist es v.a. Erfahrungssache und auch für Geübte teils sehr sehr schwierig.


    Man kann aber bzgl. Formica sagen:


    • Ist der Hinterkopf oben deutlich eingebuchtet, macht also eine starke U-Form, liegt eine Coptoformica vor. Der Körper ist dabei immer zweifarbig mit rotem Mesosoma. Zwar kommen solche Einbuchtungen teils auch bei anderen Formica-Arten vor, sind bei weitem aber nicht so extrem.
    • Ist der Vorderrand des Clypheus, das ist der Kopfschild oberhalb/zwischen den Mandibeln, eingebuchtet, macht also vage eine umgedrehte U-Form, dann ist es in jedem Fall eine Formica sanguinea. Dieses Merkmal ist absolut typisch für diese Art, also ein 100% sicheres Unterscheidungsmerkmal. Hier ein Bild, die grüne Linie wäre in etwa der Verlauf des Clypheus bei allen anderen Formica-Arten als bei Formica sanguinea. Zudem haben Formica sanguinea-Gynen kein dunkel abgesetztes Mesosoma, was auch bei einem ersten Blick schon eine Absetzung von den geschützten Waldameisen ergibt, was sehr wichtig ist, um diese nicht versehentlich einzusammeln



    • Ist das Stirndreieck deutlich glänzender als der umgebende Bereich und liegt stets eine Zweifarbigkeit vor, dabei Teile von Kopf und Gaster schwarz, Mesosoma mehr oder minder schwarz gefleckt, so hat man sehr wahrscheinlich eine streng geschützte Formica sensu strictu vorliegen. Nochmal der Hinweis auf den Clypheus, der sich deutlich von dem der Formica sanguinea unterscheidet, die am ehesten noch zu Verwechslungen führen kann
    • Ist der Kopf bei den großen Arbeiterinnen völlig rot, liegt wohl eine Formica truncorum vor. Kommt bei Formica sanguinea teils auch vor, ist aber eben durch den Clypheus eindeutig zu unterscheiden
    • Sehr grob kann man alle Serviformica-Arten recht schnell daran erkennen, dass sie zumeist sehr dunkel sind, meist sehr dunkelbraun oder gegen schwarz gehend, teils auch mit silbrigem Glanz. Teils kommen bräunlich-rote Teile vor, z.B. bei Formica cunicularia, die auf dunklem Mesosoma einen mehr oder minder ausgedehnten bräunlich-rötlichen Fleck haben kann. All diese Arten hier noch auseinander zu nehmen, würde etwas zu weit gehen, da müsste ich schon einen halben Roman schreiben. Aber die Unterscheidung zu den streng geschützten Arten und auch Formica sanguinea fällt leicht, da diese eben wenigstens bzgl. der Untergattung ziemlich charakteristisch gefärbt sind.

    Formica-Arten kann man gegenüber Lasius-Arten meistens leicht unterscheiden, da erstere:

    1. Meist ein gutes Stück größer sind
    2. Meist wesentlich größere Augen haben
    3. Sich oft eher ruckartig bewegen, dabei oft geradezu hektisch wirken. Sie laufen eher im Prinzip Stop & Go, also laufen in hohem Tempo eine kurze Strecke, bleiben Stehen, orientieren sich, laufen wieder eine kurze Strecke, usw. - Lasius-Arten laufen meistens eher stringent ein Tempo. Natürlich bleiben sie auch ab und an stehen, aber wenn man das mal beobachtet hat, sieht man sehr schnell, dass die Bewegungsmuster sich deutlich unterscheiden


    Ich empfehle sehr zur Bestimmung von Ameisen wahlweise den Seifert (allerdings ist der Bestimmungsschlüssel kaum feldtauglich, eher für das Labor, die vielen tollen Fotos sind aber oft auch hilfreich für eine Eingrenzung), oder feldtauglicher "Die Ameisen Europas - Der Bestimmungsführer" zu erwerben.


    Ich hoffe, das gibt etwas Input. Letztendlich muss man sich einfach einarbeiten und viel Üben. Und anhand von Fotos ist die Bestimmung teils auch gar nicht machbar bzw. wird nur zu einer groben Einschätzung führen können. Daneben gibt es viele Arten, die sich verdammt ähnlich sehen und z.B. nur ein paar Haare mehr oder weniger haben, die man zählen muss. Wichtig finde ich halt, bevor man sammelt, dass man sicher geschützte und seltene Arten oder solche auf der roten Liste aussortieren kann und diese dann auch an Ort und Stelle lässt.

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