Damit das Ameisencafe auch etwas von meiner Arbeit hat und weil Phil mich so nett drum gebeten hat, kopier ich den Thread aus dem Ameisenforum (Hier zu finden + Diskussion ) mal hier rein...
PS: leider in mehreren Teilen da zu lang
Hallo,
da immer wieder Probleme mit Schimmel und Milben auftreten und das gerade bei Neulingen in der Ameisenhaltung (unbegründete?) Ängste schürt, habe ich mich entschlossen allgemeine Informationen über Schimmel und Milben, und verschiedene Möglichkeiten ihrer Vermeidung bzw. ihrer Hemmung vorzustellen.
SCHIMMELPILZE:
Links: Schimmelpilz – Wikipedia
Krankheiten Parasiten - AmeisenWiki
Zuerst muss man sich darüber im klaren sein, dass Schimmelsporen überall in der Luft sind. Und sobald die Wachstumsbedingungen von Schimmel einigermaßen erfüllt sind wird er auch nicht vor einem Formicarium halt machen. Allerdings ist Schimmel nicht immer schlecht, es kommt dabei sehr stark auf die jeweilige Art an. Die meisten Schimmelpilze sind sogenannte Saprobionten, d.h. Fäulnisfresser, die sich von abgestorbenem, organischem Material ernähren und dadurch größtenteils für unsere Ameisen ungefährlich, wenn nicht sogar nützlich sind, da sie deren Abfälle verwerten. Diese Schimmelpilze wird man wohl in so ziemlich jeder Ameisenfarm antreffen können, vielleicht nicht als das was wir normalerweise als Schimmel bezeichnen (die Sporangien), sondern vielmehr deren Mycel, welches mit bloßem Auge nicht sichtbar als Netz feiner Fäden das Substrat durchzieht. Allerdings gibt es auch unter diesen Schimmelpilzen Toxinbildner, die unter Umständen durch ihr Gift unseren Ameisen schaden könnten. Andere Schimmelpilz-Arten können auch direkt unseren Ameisen schaden und lebende Tiere befallen und töten. Als Beispiel ist hier der Fliegenschimmel zu nennen, welcher die Stubenfliegenpopulation jeden Herbst/Winter stark dezimiert und den praktisch schon jeder irgendwann einmal gesehen hat.
Leider ist es als Laie nicht möglich einen "guten" von einem "bösen" Schimmel zu unterscheiden. Farbe und Aussehen (z.b. der Sporangienform) sind dafür kein Anhaltspunkt. Tatsächlich können nur darauf spezialisierte Labore den Schimmelpilz soweit bestimmen, um sicher zu sein ob es sich um einen gefährlichen Toxinbildner oder nicht handelt.
Geeignete Bedingungen für Schimmelwachstum sind sehr leicht zu erreichen, ein bisschen feuchte Erde, Humus oder Staub reicht ihm schon als Nährboden. D.h. Schimmelpilze sind wahre Überlebenskünstler. Sie halten, anders wie die meisten Bakterien, auch sehr gut saure Bedingungen aus (z.b. hat Joghurt einen pH-Wert von 4-5 und Schimmel ist fast immer das erste was dort wächst). Vorübergehende Trockenheit bzw. nur kurzzeitige Feuchtigkeit (z.b. Kondenswasser) stellt kein Problem für den Pilz dar und hemmt ihn nur ein wenig im Wachstum. Tatsächlich können Schimmelpilze sogar durch Binden der Luftfeuchtigkeit bzw. das als Stoffwechselprodukt anfallende Wasser sich selbst feuchtere und dadurch bessere Bedingungen herstellen.
Vermeidbarkeit von Schimmel im Formicarium:
Schimmel ist zumindest im Nest unvermeidbar aufgrund der von den Ameisen benötigten Feuchtigkeit. Das Sand-Lehm-Gemisch aus den Ameisenshops hat allerdings eine hemmende Wirkung, da nur sehr wenige organische Stoffe vorhanden sind. Ansonsten könnte z.b. gewaschener und geglühter Quarzsand verwendet werden welcher nahezu keine organischen Stoffe beinhaltet. Allerdings werden sich selbst hier Staub und Abfälle der Ameisen sammeln und dadurch früher oder später ein Nährboden für Schimmelpilze entstehen.
Bei Holz hat es sich bewährt dieses monatelang in Torfmoos einzuweichen. Dank der Huminsäure aus dem Torfmoos, welche antibakterielle und fungizide Wirkung hat, sollten Pilze hier keine Chance haben.
Bei Becken die Bepflanzt sind und deswegen feucht sind kann auch ein Besprühen mit verdünntem Torfextrakt die Schimmelpilze ein wenig hemmen. Allerdings könnte dies auch für die Pflanzen bzw. die Ameisen bei Übertreibung schädlich sein.
Eine weitere Möglichkeit um die Schimmelbildung zu hemmen ist die Verwendung einer belebten Streuschicht. Hierzu später mehr.
Was allerdings auf keinen Fall gemacht werden sollte, ist das verwendete Substrat abzubacken. Vorallem bei Substraten wie Humus, Erde usw. die reich an organischen Stoffen sind wird dies den Schimmel sogar noch begünstigen, da alle Mikroorganismen, welche in Nahrungskonkurrenz mit Schimmel stehen, abgetötet werden.
MILBEN:
Links: Milben – Wikipedia
Milben - AmeisenWiki
Ca. 40.000-50.000 Arten sind bekannt und stellen damit die größte Gruppe der Spinnentiere. Eine genaue Bestimmung ist auch hier nahezu unmöglich. Der Lebenszyklus einer Milbe beträgt im Allgemeinen nur einige Wochen, beginnend als Ei. Nach kurzer Zeit schlüpfen daraus dann Larven, welche sofort mit der Nahrungsaufnahme beginnen. Milben wachsen kaum, sondern durchlaufen verschiedene Entwicklungsstadien, bei denen sich Größe, Aussehen und Fortpflanzungsfähigkeit ändert. Die mittleren Stadien werden als Nymphen bezeichnet, wobei es je nach Art Unterschiede in der Anzahl der Stadien gibt. Das letzte Stadium ist die adulte (geschlechtsreife) Milbe. Nach der Begattung legt eine Milbe je nach Art wenige bis hunderte Eier und stirbt meist kurz darauf.
Ihre Lebensweise umfasst unterschiedlichste Bereiche. Manche als Parasit an Pflanzen und Tieren, als Räuber, als Saprobionten und viele ernähren sich auch von Pilzen. Die Ernährungsweise kann dabei auch je nach Entwicklungsstadium der Milbe variieren z.b. bei der roten Samtmilbe, wo die Larven sich parasitär ernähren und die Nymphen und adulten Milben als Räuber leben.
Auch ihr Verbreitungsgebiet ist sehr vielschichtig, praktisch auf jedem Kontinent gibt es sie. Auch im Wasser und als Endoparasit in Tieren sind sie zu finden. Ähnlich wie beim Schimmel kann man sagen, dass Milben überall sind, ob nun als Hausstaubmilbe in unseren Betten oder an den Haarwurzeln der Augenwimpern.
Daraus lässt sich schließen, dass auch hier nicht alles schädlich ist was Milbe heißt. Viele könnte man als Nützlinge bezeichnen, welche sich von abgestorbener Biomasse ernähren und damit maßgeblich an der Humusbildung beteiligt sind. Und viele ernähren sich auch räuberisch von anderen Milben und Kleinstlebewesen.
Auch werden Milben es immer schaffen in unsere Formicarien zu kommen, z.b. die in den Foren sogenannte Futtermilbe, welche sich von Futterresten ernährt und es trotz bester Hygiene und Sicherheitsvorkehrungen immer wieder in die Formicarien schafft.
Auch parasitär lebende Milben können es ins Formicarium schaffen, ein einfaches und durchaus im Bereich des Möglichen liegende Beispiel wäre, beim im Wald spazieren gehen an der Kleidung hängen bleiben und danach bei der nächsten Fütterung der Ameisen mit eingebracht werden, oder auch sehr häufig durch nicht überbrühte Futtertiere.
Ist dies der Fall bedeutet es meistens den schnellen und unvermeidbaren Tod der Kolonie. Denn bei der am meisten praktizierten "sterilen" Haltung der Kolonie fehlen jedwede Fressfeinde dieser Parasiten und Nahrung in Form von Ameisen bzw. Brut ist auch reichlich vorhanden. Auch scheinen diese Kolonien anfälliger für extremen und plötzlichen Milbenbefall sein.
Ein kleines Beispiel wie schnell das gehen kann: 5 adulte Milben schaffen es ins Formicarium, jede legt 100 Eier, von denen alle durch Fehlen von Feinden begünstigt, überleben. Diese Entwickeln sich in 4 Wochen wiederum zu adulten Milben und legen wiederum Eier. Nach 2 Monaten und in der dritten Generation hätte man dann 50.000 adulte Milben und die Ameisenkolonie wäre wahrscheinlich schon tot oder stark dezimiert. Keine Chance die Ameisen dann noch zu retten. Tatsächlich ist dieses Beispiel durchaus plausibel, deckt es sich doch sehr stark mit den Berichten über Milbenbefall in der Ameisenhaltung.
Dies ist vergleichbar mit Monokulturen und Massentierhaltung, wo oft nur noch Chemie hilft um die Schädlingspopulation klein zu halten. Allerdings gibt es meines Wissens keinerlei Chemie, die Milben tötet aber den Ameisen nicht schaden würde. Somit ist ein Milbenbefall bei unseren Ameisen auch durch Chemie nicht kontrollierbar.
Vermeidbarkeit von "schädlichen" Milben im Formicarium:
Die Vermeidbarkeit ist gering bis unmöglich, je nach Hygiene und Sicherheitsvorkehrungen.
Ein gutes Mittel um die Wahrscheinlichkeit eines Milbenbefalls zu senken ist das Überbrühen von Futtertieren, doch selbst dann können Milben eingeschleppt werden. Auch die Ameisen möglichst trocken zu Halten wird die Wahrscheinlichkeit eines Milbenbefalls senken. Inwieweit dies klappt hängt von der gehaltenen Ameisen-Art und von der Milbenart ab.
Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung einer belebten Streuschicht und dadurch natürliche Feinde der Milben einzubringen, welche einer massenhaften Vermehrung der Milben entgegenwirken werden.
Bei bereits bestehendem Milbenbefall kann durch trockenere Haltung und durch mechanisches reinigen der Ameisen und des Formicariums die Kolonie unter Umständen gerettet werden. Dies hängt allerdings auch wieder von der Stärke des Befalls und der Milbenart ab.
...