Kleiner Ausschnitt aus Planten.de
Wenn wir in Natur und Garten die Blumen betrachten, denken wir meist
an Bienen als Bestäuber. Windbestäubung ist manchen geläufig. Aber auch
Wasser, Säugetiere, Vögel, Reptilien und eine große Palette an
Insektengruppen bestäuben unsere Pflanzen. Wer sie bestäubt, das
verraten ihre Blüten, auch ohne dass wir die Tiere oder Naturgewalten
dabei beobachten – was bei den Exoten oft garnicht möglich ist. So
wollen wir die wichtigsten beschreiben.
Im Hochsommer, stehen die Blumenkistchen und Pflanzkübel mit ihren
exotischen Gewächsen in voller Blüte. Wir finden hier eine große
Vielfalt an Blütenformen- und Farben, doch vergleichsweise wenige
Bienen. Dagegen summt und brummt es an winterharten Stauden. Was ist der
Grund?
Wir sind gewohnt, dass unsere Blumen von Bienen angeflogen werden. Doch
schon in der heimischen Flora sind Fliegen, Käfer und Schmetterlinge
genauso bedeutsam. In den Tropen kommen noch andere Tiere dazu, die hier
fehlen.
Unspezifische Blüten
Viele Blüten bieten sowohl Nektar als auch Pollen in reichen Mengen
an. Alle möglichen Tiere finden sich hier ein. Bienen und Hummeln
sammeln Nektar wie Pollen, Wespen und Fliegen den Nektar, Käfer den
Pollen. Zu diesen nicht wählerischen Pflanzen gehören die Rose, soferne
es sich nicht um überzüchtete nektar- und pollenlose Sorten handelt, der
Mohn oder der Mexikanische Leberbalsam (Ageratum). Ganz so allgemein
brauchbar sind aber auchg unspezifische Blüten nicht: Doldenblüter, wie
etwa Wilde Möhre oder Dillkraut, produzieren in ihren kleinen
Eizelblüten so kleine Nektartröpfchen, dass sich die Arbeit für größere
Insekten kaum lohnt. Nur kleinere Käfer, Fliegen oder Wildbienen werden
sich hier bedienen.
Da die Produktion von Pollen recht energieaufwendig ist, bieten viele
Blüten nurmehr Nektar an und versuchen ihren in geringeren Mengen
produzierten Pollen möglichst gezielt zu platzieren, so dass er den
Tieren nicht mehr als Nahrung dienen kann. Dazu ist es aber auch
notwendig, nurmehr bestimmte Bestäubergruppen anzusprechen.
Bienenblüten
Setzen Sie sich einmal vor einen Salbei (Salvia) – gleich ob Wiesen-
oder Echter oder sonst eine blau- bis violettblütige Art –, so werden
Sie fast ausschließlich verschiedene Bienen als Bestäuber beobachten
können. Sie setzen sich auf die Lippe der Blüte und kriechen in den
Schlund. Dabei neigen sich Staubblätter und Griffel nach unten und
stäuben das Tier an einer bestimmten Körperstelle ein, bzw. nehmen den
mitgeführten Pollen auf. Zu große Tiere kommen nicht zum Nektar, zu
kleine nur dann, wenn sie klein genug sind als ganzes in den
Bütenschlund kriechen zu können.
Schmetterlingsblüter wie die Edelwicke (Lathyrus odoratus) bieten auf dem Schiffchen
der Blüte eine Landefläche, Pollen und Narbe gelangen bei genügend
schweren Tieren von unten an den Hinterleib. Das Froschgoscherl oder
Löwenmaul (Antirrhinum) hat eine maskierte Blüte: nur wer kräftig genug ist, kann sie offnen und eingringen, wer zu groß ist bleibt stecken.
Da Bienen im Violettbereich besonders gut sehen, reflektieren
Bienenblumen UV und sind auch sonst meist purpurn (rot mit Blauanteil)
bis violett gefärbt. Auch Gelb ist sehr attraktiv.
Schmetterlinge
Bei solchen Blüten haben Schmetterlinge keine Chance. Tagfalter
benötigen einen mehr oder weniger horizontalen Landeplatz, deren
Durchmesser die richtige Größe hat, dass ihn die Falter umklammern
können. Für ihren Rüssel benötigen die Falter eine enge Röhre, der ihn
direkt zum Nektar leitet. Der Prototyp solcher Stieltellerblüten sind
wilde Nelken. Im Garten finden Sie Bart-Nelken, aber auch der Phlox ist
eine typische Schmetterlingsblume. Sommerflieder (Buddleja) und
ungefüllte Tagetes werden ebenfalls gerne genommen. Schmetterlinge sehen
im roten Bereich besser – die zugehörigen Blumen sind purpurn bis
orange.
Nachtgetier
In der Nacht haben bunte Blumen einen gravierenden Nachteil: je
dünkler desto unsichtbarer. Deshalb blühen die meisten von ihnen weiß.
Ein wichtiges Lockmittel wird hier aber der Duft. In einem sind die
Nachtfalter den Tagfaltern gleich: sie mögen ihren Rüssel leitende
Kronröhren. Im Gegensatz zu den Tagfaltern aber schweben die Nachtfalter
vor der Blüte, die daher seitlich stehen, wie bei der Nachtkerze und
bei der Weißen Lichtnelke.
Nicht alle Nachtblüher aber werden von Nachtfaltern bestäubt. Die großen
weißen nächtlichen Trichterblüten mancher Kakteen (Cereus, Echinopsis,
Selenicereus) haben einen ganz eigenen, für uns nach gährendem Obst
riechenden oder auch nicht wahrnehmbaren nächtlichen Duft. Es sind
Schwefelverbindungen, die besonders Fledermäuse reizen. Da Fledermäuse
nicht zimperlich sind, mit Karacho in der Blüte landen, sich festkrallen
und mit Kopf und Zunge gewaltsam ihren Weg zum Nektar suchen, müssen
die Blüten nicht nur groß sondern auch sehr robust sein. Trotzdem werden
sie mit der Bestäubung meist zerstört – sie haben ja ihre Schuldigkeit
getan. Es gibt jedoch weitere Ansprüche der Fledermäuse an die Blüten:
sie müssen Strukturen zum Festhalten bieten und dürfen nicht glatt sein,
um mit Echolot von unerwünschten Hindernissen unterscheidbar zu sein.
Bei den Kakteen besorgen beides die vielen schmalen Kronblätter. Dass
die Farbe für Fledermäuse unwesentlich ist, zeigt die Glockenrebe
(Cobea), mit ihren violetten, rauhen Blüten. Auch die Engelstrompeten
(Datura, syn. Brugmansia) sind durch Härchen leicht rauh, ihre weichen
Blüten werden aber durch die Fledertierkrallen durchlöchert, da hier nur
das Einhaken in die Kronblätter selbst Halt gibt.
Vogelblumen
Im Gegesatz zu den geruchsempfänglichen Fledertieren sind Vögel ganz
auf ihren Gesichtssinn ausgerichtet. Sie wollen kontrastreiche,
knallige, möglichst reine Farben. Blau und Rot sind die Farben, die sie
am besten sehen. Vogelblumen sind meist rot (bis orange oder knallig
rosa), da Blau auch Bienen anlocken würde. Nur auf Hawai, wo es keine
Bienen gibt, gibt es blaue Vogelblumen. In der Art der Nahrungsaufnahme
unterscheiden sich die verschiedenen nektarfressenden Vögel. Auf dem
amerikanischen Doppelkontinent sind es vorwiegend Kolibris. Wie
Nachtfalter stehen sie vor der Blüte in der Luft. Sie besuchen daher
vorwiegend seitlich abspreizende Blüten und wollen von Kronröhren
gezielt zum Nektar geführt werden. In unsere Gärten haben es
verschiedene Salbei-Arten wie die Salvie (Salvia splendens) und andere
(S. elegans, S. fulgens, S. involucrata Â…) geschafft, oder die herrlich
rote Kardinals-Lobelie (Lobelia cardinalis, syn. L. fulgens, L.
splendens), die bei uns aber meist nur in hybridisierter Form (L. x
gerardii, syn. L. x speciosa) in Erscheinung tritt.
In Afrika setzen sich Nektarvögel auf die Pflanzen. Sie brauchen Halt am
Blütenstand und hängen so oft kopfüber an Aloe oder Fackellilie
(Kniphofia), um ihren gebogenen Schnabel von unten in die hängenden
Blüten einzuführen.
Weniger spezialisierte Vögel aber sind nicht so akrobatisch. Sie wollen was handfestes:
Zweige, auf denen sitzend sie problemlos an die Blüten kommen, oder
steife Blätter, die aus dem Blütenstand ragen, wie beim Löwenohr
(Leonitis leonurus), einer schönen Kübelpflanze.
Illegitime Besucher
Aber auch wo die richtigen Bestäuber fehlen, wird es oft zu
erfolgreicher Saatgutproduktion kommen. Am Beispiel von Sommerflieder
und Tagetes sehen Sie, dass auch eigentlich recht typische Falterblumen
von langrüsseligeren Bienen und Hummeln auch gerne angenommen werden.
Engelstrompeten werden bei uns oft durch Nachtfalter bestäubt,
Glockenreben durch Hummeln und auch die Salvien werden gelegentlich,
aber ausreichend, von Bienen und Hummeln besucht. In großen
Kakteenblüten, die ja auch viel Pollen produzieren, verrichten Käfer und
Nachtfalter ihr Werk.
Ganz vorwitzige Gfraster stecken ihre Nase überall dort rein, wo es sie
nichts angeht. Hummeln sind solch diebische Gesellen. An maskierten
Blüten, für die sie zu groß sind, oder an Stieltellerblüten mit zu
langem Stiel sind ihre Spuren zu finden: kleine Löcher werden in den
Blütengrund gebissen – dort wo der Nektar ist. Auch Ohrschlüpfer begehen
so Mundraub an den legitimen Bestäubern.