TROPISCHE Ameisen: Benötigen keine Winterruhe (z.B. Blattschneider, Oecophylla, Pharaoameise u.a.). Manche Arten aus den wechselfeuchten Tropen passen sich allerdings an die Trocken- und Regenzeiten an, ziehen z.B. Geschlechtstiere so auf, dass sie in der Regenzeit schwärmen können, und sind in der heißen Trockenzeit ziemlich inaktiv.
EINHEIMISCHE Ameisen bzw. Arten aus einem Jahreszeiten-Klima: Benötigen wahrscheinlich fast alle eine Winterruhe bei niedrigen Temperaturen. Werden sie im Winter warm gehalten, kann die Reaktion verschieden ausfallen:
Z.B. Camponotus ligniperdus und C. herculeanus werden auch bei normalen Zimmertemperaturen (um 20°C) inaktiv, fressen kaum noch etwas und hocken dicht gedrängt im Nest, sie haben einen "endogenen Jahresrhythmus" (B.Hölldobler 1961: Temperaturunabhängige rhythmische Erscheinungen bei Rossameisen; Insectes soc. 8, 13-22). Nach Ablauf von 5-6 Monaten werden sie "von alleine" wieder munter, haben inzwischen in der Natur aber niedrige Temperaturen überstanden. Für weitere Einzelheiten siehe unten!
Z.B. Myrmica- und Lasius-Arten: Ohne Überwinterung bleiben sie etwas aktiv, aber ziehen kaum noch Larven auf. Wenn man Geschlechtstiere haben möchte, MÜSSEN deren Larven 4-5 Monate Winterbedingungen haben, ein paar Tage reichen keinesfalls. Da sie zumeist im Boden überwintern, ist eine relativ konstante Temperatur von 8-10°C geeignet, also z.B. Gemüsefach im Kühlschrank. Regelmäßig Feuchtigkeit kontrollieren! Vertrocknen ist die häufigste Ursache für den Tod von Völkern in der Überwinterung, Ersaufen die zweithäufigste. Füttern nicht erforderlich. Überwinterung ist auch nicht jederzeit (etwa im Sommer) möglich: Die Tiere zeigen an, wenn es so weit ist: Dann geht die Eiablage zurück, die Larven verpuppen sich nicht mehr, meist erscheinen sie nicht mehr prall, sehen verschrumpelt und faltig aus, die Arbeiterinnen werden träge. Die Winterruhe kann ohne Schaden auf 5-6, ja 8 Monate ausgedehnt werden. Danach LANGSAM über mehrere Tage in höhere Temperaturen bringen, nicht plötzlich von 10°C auf 30°C! Ohne Winterruhe gehen die Völker früher oder später einfach ein.
Z.B. Leptothorax- und Temnothorax-Arten, die in exponierten Nistgelegenheiten wohnen (Ästchen am Boden oder hoch in Bäumen, in Steinspalten etc.): Sind harten täglichen Temperatur-Rhythmen ausgesetzt (z.B. im Sommer nachts 12-15°C, tags 35-40°C; im Winter nachts minus 10°C, tags bei Sonnenschein plus 15-20°C!). Daran sind sie so angepasst, dass sie ohne diese Rhythmen (und besonders bei Überwinterung in konstanter Temperatur) kaum noch Brut aufziehen. Nach Arten und Artengruppen (jetzt: Gattungen) verschieden. Für T. nylanderi (bewohnt tote Ästchen, hohle Eicheln etc. am schattigen Waldboden) sind konstant + 10°C für 4-5 Monate geeignet. T. unifasciatus (in Sonnen-exponierten Steinspalten, oder auch Totholz) hat sich ein Wechsel von 0°C zu + 10°C (je 12 Stunden) über 4-5 Monate bewährt. Das ist im Haushalt kaum zu schaffen. L.acervorum: Ebenfalls in toten Ästchen am Waldboden, aber Sonnen-exponiert (z.B. trockener, offener Kiefernwald), ist mit einem verkürzten Winter von nur 6 Wochen bei täglichem Wechsel 0 / 10°C zufrieden, übersteht aber auch bis zu 1 Jahr unter solchen Bedingungen und zieht danach reichlich Geschlechtstiere auch aus der übermäßig lange überwinterten Brut auf.
Fast alle einheimischen Arten überwintern mit Larven (nicht: Eiern oder Puppen), Ausnahme sind die Waldameisen (Formica), die ohne Brut überwintern. Die Larvalentwicklung dauert z.T. mehr als 1 Jahr, sogar 2 Jahre (manche Leptothorax, Temnothorax, Camponotus), zumindest, wenn daraus Geschlechtstiere werden sollen. Bei Myrmica wird fast-brood= "rapid brood" unterschieden (Entwicklung vom Ei bis zur Arbeiterin innerhalb eines Sommers) von slow brood (Entwicklung von im Spätsommer / Herbst abgelegten Eiern zu überwinternden Larven, aus denen im folgenden Sommer junge Geschlechtstiere entstehen können; bei ungünstigen Bedingungen wie zu kleinem Volk, zu wenig oder ungeeigneter Nahrung, entstehen auch aus solchen Larven nur Arbeiterinnen und vielleicht ein paar Männchen).
[Bearbeiten] Camponotus: Zu der wichtigen Arbeit von B. Hölldobler
ist hier eine Zusammenfassung: Hölldobler, B. (1961): Temperaturunabhaengige Rhythmische Erscheinungen bei Rossameisenkolonien (Camponotus ligniperdus Latr. und Camponotus herculeanus L.). (Hym. Form.). Insectes Sociaux 8, 1961, Seiten 13 - 22
Zusammenfassung: Es konnten bei Camponotus ligniperdus und Camponotus herculeanus einige temperaturunabhängige rhythmische Erscheinungen beobachtet werden, über die in vorliegender Arbeit berichtet wurde. 1) Das Abdichten des Nestes ist bei Camponotus herculeanus auch bei höheren Temperaturen während der Winterzeit zu beobachten (Eidmann, 1942), bei Camponotus ligniperdus nicht.
2) Camponotus ligniperdus und Camponotus herculeanus bilden während der Winterszeit auch bei höheren Temperaturen eine Wintertraube.
3) Das Ruhelarvenstadium wird auch bei höheren Temperaturen eingehalten, dieses Larvenstadium ist sehr kälteresistent. Es erhält bei höheren Temperaturen Erhaltungsfutter.
Ich besitze die Arbeit nicht, aber wenn jemand Zugang zu einer Universitätsbibliothek hat, kann er vielleicht noch ein paar Einzelheiten aus dieser Arbeit hier einbringen.
In Hölldobler & Wilson (1990) „The Ants“ ist das Thema ebenfalls abgehandelt (S. 176-177). Ich übersetze die wesentlichen Teile zur Überwinterung. Sie beziehen sich mehr auf Camponotus herculeanus als auf C. ligniperdus: C. herculeanus produziert Männchen und Weibchen sowie Arbeiterinnen im Spätsommer. Die jungen Arbeiterinnen bleiben mit den jungen Geschlechtstieren nahe beieinander, die Arbeiterinnen füttern die Geschlechtstiere mit Futter, das sie von heimkehrenden Futtersammlerinnen bekommen. Sowohl Jungarbeiterinnen als auch Geschlechtstiere akkumulieren Fettreserven gegen Ende des Sommers. Zur selben Zeit legt die alte Königin eine Anzahl Spätsommer-Eier, die schlüpfen und sich bis zum 2. Larvenstadium entwickeln, bevor die Kolonie in Winterruhe geht. Diese inaktive Phase beruht auf einer echten, physiologischen Diapause, da sie auch fortgesetzt wird, wenn die Kolonie in ein Labor mit 22-25 Grad C verbracht wird (wohl aus dem Freiland – A.B.).
Ende Januar oder Anfang Februar hatten sie genügend Kälte erfahren (im Freiland – A.B.) so dass die Diapause gebrochen wird. Wenn die Nesttemperatur unterhalb von 18 Grad C gehalten wird, bleibt die Kolonie relativ inaktiv, und die jungfräulichen Königinnen und Männchen bleiben für ein ganzes zusätzliches Jahr im Nest (nicht ganz klar: Vermutlich gemeint „bis sie insgesamt ein Jahr adult sind“ – A.B.). Aber wenn die Temperatur oberhalb von 22 Grad C gehalten wird, was im Freiland gegen Ende März – Anfang April gewöhnlich der Fall ist, endet die Überwinterungsphase. Die Arbeiterinnen füttern die Jungweibchen weiterhin an, ebenso die überwinterten Larven, die im späten Frühjahr und im Sommer adult werden. Im Mai schließlich ist der Zeitpunkt für die Hochzeitsflüge von C. herculeanus erreicht.
(eingestreut in diese Passage sind Angaben über das Verhalten der Männchen, die sich im Spätsommer und Herbst noch an der Futterverteilung beteiligen, dabei auch Futter abgeben (!), was aber nach der Überwinterung aufgegeben wird. Dann bauen sie ihre Fettvorräte ab, transportieren das Sperma aus den Hoden in die Samenblasen, und sind, leichtgewichtig geworden, bereit für den Hochzeitsflug). (A. Buschinger, 12.08.06)