Hallo,
nach einigen Jahren Pause möchte ich mir wieder eine Ameisenkolonie zulegen. Vor einigen Jahren hatte ich bereits eine Kolonie der Art Lasius niger, die jedoch über die Zeit zu groß für meine Haltungsmöglichkeiten wurde.
Ok, dann formuliere ich die Frage etwas allgemeiner. Wie viel Platz benötige ich für eine Ameisenkolonie? Gibt es eine Faustregel für das Verhältnis zwischen der Größe der Kolonie und der Größe der Arbeiterinnen? Ich verstehe, dass man dies vermutlich nicht einfach so sagen kann, da unterschiedliche Arten variieren können. Aber gibt es irgendeinen ungefähren Maßstab? Denn im Moment kann ich das überhaupt nicht einschätzen.
Hi Nils, herzlich Willkommen!
Vielleicht ist es zielführender zu fragen, wie viel Platz du denn hast? Denn du hast ja bereits Vorerfahrungen. Sprich: Ab welchem Platzbedarf ist die Lasius niger Kolonie zu groß geworden? Wie groß war das Becken am Ende? Das wird ja vermutlich wieder dein limitierender Faktor?
Ich halte einige meiner Gründerkolonien in den ersten 2 Jahren in einem Reagenzglas, das in einer zweckentfremdeten Aufbewahrungsbox liegt. Diese Boxen sind LxBxH ca. 14x19x8 cm mit Deckel inkl. Verschluss. Die würde ich aber nicht gerade als Standard sehen, zudem ist es sehr spartanisch (nur Sand). Da ist nichts mit Bepflanzung, Deko oder Ähnlichem.
Das kleinste Becken, das ich sonst nutze ist 20x30x20 cm, das größte bisher 40x80x40 cm. Damit kann man bei den meisten Arten schon einige Jahre auskommen, da reicht auch ein Becken/Kolonie.
Aber du hast es ja richtig gesagt: Es kommt eben auf die Art an. Erstens wachsen viele äußerst schnell, zweitens gibt es Arten, die bei mangelndem Platz zu Fehlverhalten neigen wie dem "Sich-zu-Tode-Laufen". Die Arbeiterinnen laufen da durchgehend an den Beckenrändern entlang, auf der Suche ihr Territorium zu erweitern, bis sie erschöpft sterben. Drittens gibt es Arten, die von Anfang an mehrere Becken benötigen, z.B. Blattschneiderameisen.
Ich habe mich gerade noch etwas weiter informiert und festgestellt, dass es recht selten vorkommt, dass eine Ameise beißt.
Woher stammt diese Info? Nicht böse gemeint, aber ein großer Teil der einheimischen Ameisenarten beißt beim Angriff und spritzt dann über den Anus ihre Ameisensäure (= Giftcocktail plus ein geringer Anteil Ameisensäure und andere Säuren im chemischen Sinne) in die Wunde. Andere stechen direkt in die Haut, haben also wirklich einen Stachel.
Alle Formicinae (Schuppenameisen), also z.B. Camponotus, Formica, Lasius, beißen + spritzen, Formica mit sehr viel Säureeinsatz. Ebenso mWn alle Dolichoderinae (Drüsenameisen). Viele Myrmicinae (also z.B. Myrmica, Crematogaster, aber auch Acrymoyrmex und Messor) haben einen Giftstachel. Dieser ist bei vielen Gattungen/Arten aber entweder verkümmert (z.B. Acromyrmex, Messor), oder aber er fällt sehr klein aus. Bei anderen ist er hingegen sehr effektiv und wird auch aktiv eingesetzt, z.B. bei Myrmica (in großer (!) Masse gestochen Gefühl wie Brennnesseln) oder Manica rubida (wespenstichartig). Natürlich gibt es viele andere Ameisen-Unterfamilien, das waren nur Beispiele.
Worauf ich mit meinem Exkurs hinaus will: Du wirst keine Ameisenart finden, die nicht Gift in irgendeiner Form ausbringt, denn das ist der natürliche Verteidigungsmechanismus dieser Tiere. Sehr wohl kannst du aber eine Gattung/Art finden, die v.a. beißt, z.B. diverse Messor-Arten, von denen einige auch sehr einsteigerfreundlich sind. Die beißen dafür aber auch gut zu, WENN sie überhaupt beißen. Dafür muss man sie schon reizen, v.a. die Minor-Arbeiterinnen greifen so gut wie nie an. Formica und Camponotus können fies zwicken. Einige davon, wie z.B. die genannten Camponotus fallax sind aber sehr defensiv und rennen lieber davon, als anzugreifen. Die Bisse von Lasius sind wegen ihrer Größe kaum spürbar.
Ansonsten gilt die Faustregel: Je kleiner die Art, desto geringer dürfte bei einem Angriff der Schmerz ausfallen, egal ob Biss oder Stich. Mit Ausnahmen und natürlich auch Anzahl der Angriffe.
So oder so: Du solltest eigentlich mit den Ameisen gar nicht in Kontakt kommen, ergo ist diese Angst relativ unbegründet. Den Großteil des Kolonielebens werden sie von dir komplett abgeschottet sein, wenn du sie richtig hältst. Reinigungen kann man in der Winterruhe machen, wenn die Ameisen nicht in der Arena sind. Die Sorge vor Angriffen ist bei korrekter Haltung unbegründet, wenn man Ausbruchsschutz usw. korrekt verwendet kommt man auch bei Fütterungen niemals in Kontakt zu den Ameisen. Und selbst wenn: Der Schmerz bewegt sich auf dem Niveau eines Zwickens oder bei Stichen meist eben eines sehr leichten Brennens, kein Vergleich zu Bienen, Wespen und Co.
Hoffe, das war ein bisschen hilfreich. Vielleicht beantwortest du noch die o.g. Frage, dann können wir vielleicht ein bisschen die Arten einschränken.