2.2. Die Ameisenhalterin, Der AmeisenhalterIst man sich einmal klar geworden, dass man gern Ameisen halten möchte und hat sich vor Augen geführt, dass man sich auch um diese Tiere kümmern muss (wie genau soll in den folgenden Kapiteln etwas näher betrachtet werden) sollte man sich nicht nur fragen, welche Ameisen für einen selbst geeignet sind, sondern auch, ob man selbst für Ameisen geeignet ist. Einige wenige Eigenschaften sollte ein angehender Ameisenhalter unbedingt mitbringen. Die wesentlichste Voraussetzung für dieses Hobby ist Geduld. Im Normalfall beginnt man die Haltung mit einem kleinen Gründervolk oder gar nur einer Königin. Es kann (was natürlich auch wieder ganz auf die Art ankommt) sehr lange dauern, bis sich hieraus die großen Völker entwickelt haben, die man im Normalfall gern möchte. Dazu kommt, dass derartig kleine Völker auch noch nicht wirklich ausgeprägte Außenaktivitäten zeigen. Ganz im Gegenteil, sie vermeiden sogar jeden unnötigen Weg ins Freie, denn dieser ist gerade für so wenige Individuen in der Natur sehr gefährlich - die Ameisen wissen nicht, dass sie sich in einer absolut sicheren Umgebung befinden. Die Ameisen brauchen in dieser Phase nur sehr wenig Futter und so besteht die Gefahr, dass sie dem/der frischgebackenen Halter*in schnell langweilig werden. Die Faszination dieser Zeit ist nämlich eine ganz andere:Aus einem einzigen oder wenigen Lebewesen werden Stück für Stück mehr. Die Ameisen lassen uns an ihrem Leben teilhaben, wir können beobachten, wie aus einem winzigen Ei eine Larve, später eine Puppe und schließlich eine erwachsene Ameise entsteht. Und jeder Halter wird mir sicher Recht geben, dass man sich gerade am Anfang, mit jeder neuen Arbeiterin wie ein stolzes Elternteil fühlt.Und natürlich hat das kleine Volk auch noch einen weiteren Vorteil:es ist überschaubar. Wenn man seine ersten Ameisen bekommt, sind Dinge wie Ausbruchssicherung, Futter oder Feuchtigkeit noch alles andere als Routine. Hätte man nun schon ein Ameisenvolk mit mehreren hundert oder gar tausend Tieren, wäre man wohl recht schnell überfordert oder mit einem Ausbruch im ganz großen Stil konfrontiert. Das wäre natürlich nicht erstrebenswert. Aber wenn nichts Unvorhergesehenes geschieht, wird sich aus den wenigen Tieren zu Beginn bei entsprechend guter Pflege, verhältnismäßig schnell ein großes Volk entwickeln und der Halter bekommt die Gelegenheit, mit seinen Tieren „mitzuwachsen“, nämlich an Erfahrung und Wissen. Die zweite notwendige Eigenschaft, die aus meiner Sicht unbedingt erforderlich ist, ist Neugier.Der Grund dafür ist schnell benannt:es gibt zwar eine Vielzahl von Informationen, die man benötigt, aber ganz selten zusammengefasst und vollständig irgendwo findet. Und natürlich entwickelt sich auch die Ameisenhaltung und deren Techniken weiter. Es ist einfach notwendig, sich selbstständig aus mehreren Quellen Informationen zu suchen. Auch und gerade dieser Text kann dafür nur ein Anfang sein. Wissen findet man, im Gegensatz zu anderen Haustieren, leider nicht überall. Bücher, die sich mit dem Thema beschäftigen, sind kaum vorhanden. Die Hauptinformationsquelle für Menschen, die Ameisenhaltung im nicht-wissenschaftlichen Kontext als bloßes Hobby betreiben, ist zweifellos das Internet. Nicht nur Shops, die mit Ameisen handeln, sondern auch Informationsseiten wie die benannten, sowie diverse Foren und Discordchannel, die sich ausschließlich mit diesem Thema beschäftigen und bei denen es inzwischen sowohl gute als auch weniger gute gibt, sind hier zu finden.Das bedeutet aber vor allem eins:man muss eine Menge lesen. Auch sollte man sich niemals mit nur einer Meinung oder einer Lösung zufrieden geben. Einheitliche Haltungstipps wird man nur schwierig finden. Manche Meinungen gehen so weit auseinander, dass man hier kaum über “richtig“ und “falsch“ entscheiden kann. Die meisten Informationen basieren auf Erfahrungen der jeweiligen Halter. Und wie man sich sicher vorstellen kann gibt es davon nahezu ebenso viele wie es Ameisen gibt. Oftmals gibt es einfach kein Patentrezept, nur eine Menge von Möglichkeiten, aus denen man ein auswählen muss.Das bedeutet ganz konkret, dass man immer auch eigene Erfahrungen machen und selbst Wissen produzieren mussDas soll aber nicht heißen, dass man "zur Übung" eine Kolonie nach der anderen bis zu deren Tod verschleißen sollte. Manchmal stellen sich sogar gebräuchliche Praktiken als fragwürdig heraus und neue Aspekte der Haltung treten ins Licht. Eine letzte Eigenschaft, die ich für ganz zentral halte ist, ist Respekt. Respekt vor dem Lebewesen, das man vor sich hat (und wenn es noch so klein und preiswert ist) und vor der Umwelt, in der man lebt. Über die Ethik der Tierhaltung sollen hier keine langen Ausführungen gemacht werden, sie versteht sich von selbst (auch wenn es inzwischen sogar erfahrene Halter*innen gibt, die sich daraus nicht mehr allzu viel machen). Man muss aber auch berücksichtigen, dass die Ameisenhaltung diverse spezielle Gefahren birgt, die im Folgenden ebenfalls noch erläutert werden sollen. |
Ein kleiner Wegweiser zum eigenen VolkEinleitung2.Ameisenhaltung im Allgemeinen2.1 Warum eigentlich Ameisen?2.2 Die Ameisenhalterin, Der Ameisenhalter 3.Die Ameisenhaltung im speziellen3.1 Winterruhe3.2 Das Formicarium 3.3 Das Nest 3.4 Die Arena 3.5 Die Einrichtung 3.6 Die Ausbruchssicherung 3.7 Futter 3.8 Das erste Volk 3.9 Stress 3.10. Winterruhe 4. Gefahren durch Ameisenhaltung4.1 Exoten4.2 Biologische Invasion 4.3 Parasiteninfektion 4.4 Intraspezifische Homogenisierung 4.5 Fazit |
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