3.7. FutterHat man nun also alles zusammen (die richtigen Voraussetzungen, ein ausbruchsicheres Formicarium am richtigen Platz mit Arena und Nest) und hat eine Artwahl getroffen, steht der Schritt zum ersten Volk an. Vorher steht aber fest: die Ameisen müssen auf jeden Fall fressen. Hier geht es nun darum, was man seinen Schützlingen fressbares anbieten muss. Zuerst soll erläutert werden, was man für die oben angegebenen Arten benötigt, also das, was für den Einstieg in die Ameisenhaltung völlig ausreicht. Auch da muss man aber darauf hinweisen, dass es zwischen diesen und andere Arten durchaus Unterschiede hinsichtlich der Ernährung gibt. Dies soll im dritten Teil noch etwas deutlicher werden, in dem zwei besondere Ernährungsformen kurz vorgestellt werden. Für alle Futterbestandteile gilt aber: die richtige Futtermenge ist Ermessenssache. Man muss ausprobieren, wie viel Futter die Ameisen in einem bestimmten Zeitraum verwerten, das ist dann die richtige Menge. Dies muss man auch immer wieder neu beurteilen, denn mit dem Volk wächst der Appetit. HonigAls erstes wichtiges Element der Fütterung ist Honig zu nennen. Ameisen benötigen zum Leben vor allem Zucker, und (siehe nächsten Abschnitt) Eiweiß, In der Natur bekommen die Tiere diesen Teil der Nahrung z.B. durch die schon beschriebene Trophobiose. In der Haltung ist diese aber schwierig, zudem wird sie normalerweise auch nur von bereits größeren Völkern betrieben. Bis dahin muss ein guter, vielseitiger Ersatz gefunden werden. Und der beste Ersatz ist eben Honig. In ihm ist alles enthalten, was die Ameise braucht. Welchen Honig man nimmt, ist im Prinzip egal, solange er flüssig ist ( nicht streichzart oder wie man das auch noch immer nennen mag), denn gerade in Deutschland gibt es eigentlich keinen qualitativ minderwertigen Honig (der z.B. zu hoch erhitzt wurde, wodurch wertvolle Inhaltsstoffe zerstört werden). Einzige Ausnahme: Backhonig. Dieser kann verschiedenste unnatürliche Inhaltsstoffe enthalten und unterliegt weniger strengen Auflagen, dieser ist also nicht empfehlenswert. Es muss aber auf keinen Fall die teuerste Sorte sein und man muss sich auch keinen teuren Imkerhonig besorgen, auch Discounthonig ist eine hervorragende Nahrungsquelle und zudem preiswerter als Markenprodukte. Es lohnt sich aber, ein wenig zu experimentieren: manche Sorte wird sehr gern angenommen, eine andere möglicherweise nicht. Auch zwischen Völkern der selben Art gibt es durchaus Unterschiede. Richtet euch also ruhig nach den Vorlieben eurer Tiere. Als Hinweis kann man an dieser Stelle anführen, dass die im Handel erhältlichen Dosierflaschen sehr praktisch sind, weil man den Honig damit perfekt und sauber portionieren kann. Ferner muss man erwähnen, dass viele Halter den Honig im Verhältnis 1:1 mit Wasser mischen. Das kann man machen, aber nötig ist es eigentlich nicht. Diese Verfahrensweise stammt aus der Laborhaltung, wo täglich dutzende Völker mittels Spritzen/Pipetten gefüttert werden müssen, was bei verdünntem Honig natürlich schneller und einfacher geht. Nur in einem Fall ist es zu empfehlen: in Vorbereitung auf die Winterruhe, in der die Ameisen noch gefüttert werden, es aber schon deutlich kühler wird, neigt Honig zum Festwerden bzw. kristallisiert er oft auch bei langer Lagerung. Bei niedrigeren Temperaturen also ruhig ein wenig Wasser zugeben, damit das ganze flüssig bleibt oder den Honig in einem warmen Wasserbad wieder verflüssigen. Die träge werdenden Ameisen neigen darin auch weniger häufig dazu, kleben zu bleiben... allerdings ertrinken sie auch schneller Frischwasser.Dieses muss man in jedem Fall immer gesondert frisch anbieten, am Besten in einem Schälchen und dort am Besten in Watte, denn wie schon beim Wassergraben ausgeführt können Ameisen ertrinken, im Extremfall sogar in einem einzigen Wassertropfen. Weder die Feuchtigkeit im Nest noch das Wasser im Honig sind als Wasserzufuhr ausreichend, ein Schälchen Frischwasser ist in jedem Fall notwendig. Sowohl Honig als auch Frischwasser sollten alle drei Tage gewechselt werden, damit sie nicht verderben. (Anmerkung: bei Wasserschälchen mit Watte, die nicht zu stark verschmutzt sind, reicht es meistens aus, sie nachzufüllen, während beim Honig ein frisch gereinigtes Schälchen verwendet werden sollte) Wichtiger Hinweis an dieser Stelle: sollte doch mal ein Tier „ertrinken“, darf man es nicht gleich entfernen... häufig lebt es noch! Die Atemorgane sind mit Kohlendioxid angereichert, die Ameise ist quasi nur „bewusstlos“! Legt sie einfach in die Arena (sollte sie im Honig ertrunken sein vorher mit klarem Wasser abspülen) und wartet, nicht selten kommt es zur wundersamen „Auferstehung“. Besser noch werdet ihr sogar aktiv. Denn mit hygroskopen (also wasserbindenden) Stoffen, wie z.B. haushaltsüblichem Salz, notfalls aber sogar mit Asche, kann man "ertrunkene" Ameisen "wiederbeleben". Diese Stoffe ziehen das überschüssige Wasser aus dem Ameisenkörper bzw. dessen Atmungssystem. Folgend kann auch der Sauerstoff wieder frei aufgenommen werden - und die Ameise beginnt sich nicht selten bald wieder zu regen. Diese Methode ist v.a. auch dann sinnvoll, wenn man den Eindruck hat, dass das oder die "ertrunkenen" Tiere sich ggf. schon länger in diesem kritischen Zustand befinden - das überschüssige Wasser sollte dann schleunigst mittels der geschilderten Methode entfernt werden. EiweißDie zweite Säule der Ameisenernährung stellt Protein dar, also letztendlich Fleisch (diese Ernährungsweise nennt man „Zoophagie“). Üblicherweise gibt man dieses in Form von Futterinsekten. Dazu eignen sich Mehlwürmer, Maden, kleine Grillen, Fliegen und alles, was man so an Insekten selbst fangen kann. Gekaufte Futtertiere sollte man übrigens vor dem Verfüttern immer „aufwerten“. So, wie man sie erwirbt, wurden sie normalerweise schlecht bis gar nicht gefüttert und enthalten somit auch nur wenige Nährstoffe. Dagegen kann man etwas tun, wenn man sie ordentlich füttert (bei Mehlwürmern beispielsweise mit Haferflocken, Apfel, Karotte,... Vorsicht: kein Mehl nehmen, auch wenn der Name das nahe legt, darin können die Tiere womöglich ersticken). Es empfiehlt sich, beim Fangen von Futtertieren nichts zu sammeln, was man nicht kennt. Nicht, weil es unbedingt gefährlich für die Ameisen wäre (obwohl das durchaus möglich ist), sondern weil man möglicherweise geschützte Tiere (z.B. einige Schmetterlingsraupen) einsammelt und das sollte man vermeiden. Ansonsten sind gefangene Insekten sehr gehaltvoll und bereichern den Speiseplan unheimlich. Wer aber nicht ständig selbst Futtertiere fangen kann oder will, ist mit gekauften Mehlwürmern (also: den Larven des Mehlkäfers) bereits auf der sicheren Seite. Diese eignen sich gut, weil sie sehr preiswert sind und man sie sogar recht problemlos selbst züchten kann. Besonders gern angenommen werden übrigens die Puppen, die aus Mehlwürmern entstehen, denn diese haben die scharfen Verdauungssäfte der Larve nicht mehr und scheinen daher besonders leckerer zu sein. Außerdem verderben sie nicht so schnell wie die Larven. Nachdem diese aufgewertet wurden muss man sie einfach nur bei Zimmertemperatur lagern, dann verpuppen sie sich recht schnell. Bevor man die Tiere nun den Ameisen serviert, sollte man sie mit kochendem Wasser ganz kurz überbrühen. Das hat zum Einen den Sinn, dass das Tier bereits tot ist und den Ameisen nicht mehr gefährlich werden kann (eine kleine Spinne zum Beispiel ist enorm gefährlich, aber sogar ein wehrhafter Mehlwurm kann unter den oft viel kleineren Ameisen enormen Schaden anrichten). Zum Anderen dient es der Gesundheit des Volkes: Futterinsekten (besonders die gekauften, aber natürlich auch die gefangenen) haben nicht selten Parasiten, die natürlich auch den Ameisen oder ihrer Brut gefährlich werden können. Einige Sekunden im kochenden Wasser machen ihnen den Garaus und die Gefahr ist vom Tisch. Eine gute Methode ist es, mit dem Wasserkocher etwas Wasser zum sieden zu bringen, sofort in eine Tasse oder ähnliches zu füllen und das Futtertier kurz hineinzuwerfen und mit geeignetem Werkzeug (also eigentlich alles außer euren Fingern) wieder heraus zu holen. Einige Halter verzichten übrigens auf diesen Schritt, dies ist jedem selber überlassen. Die Lebendfütterung hat zudem bei den genannten Arten keine bekannten Vorteile und ist somit unnötig (ganz im Gegensatz zu einigen exotischen Arten, die generell nur lebende Kost annehmen... dies ist aber ein Thema für fortgeschrittene Halter und bedarf einiger Erfahrung). Ferner empfiehlt sich, alle Futtertiere danach etwas auf zuschneiden, denn sie haben mitunter einen recht harten Panzer (auch Mehlis sind mitunter schwer zu „knacken“). Futterinsekten sollten, etwa alle paar Tage angeboten werden,Tipp: was nicht mehr gut ist nehmt ihr einfach raus, ansonsten füttert alle paar Tage ausreichend. Dieser Rhythmus funktioniert eigentlich durch die Bank sehr gut. Es gibt die abenteuerlichsten Versuche, die in Bezug auf die Proteinzufuhr schon unternommen wurden. Das reicht von Proteinshakes bis hin zu Fleisch und Wurst vom Metzger. Dazu muss man ganz klar sagen: alles, was für den menschlichen Verzehr aufbereitet ist, ist für Ameisen völlig ungeeignet. Rohes Fleisch könnte man, sofern es noch ungewürzt ist, anbieten, es hat aber den Nachteil, eines vergleichsweise geringen Proteingehaltes. Ferner wird es nicht so gern angenommen. Die herkömmliche Methode ist also mal wieder die beste. Zudem gibt es immer wieder irgendwelche künstlichen Nährgels oder fertige Futtermischungen (mit Protein und Kohlenhydraten usw.) zu kaufen. Die sind nur eins: teuer! Besondere ErnährungsformenEine Ernährungsform, nämlich die Trophobiose, wurde bereits beschrieben, Es gibt aber natürlich noch diverse andere Formen, die bei den benannten Einsteigerarten aber nicht vorkommen. Die beiden Wichtigsten sollen nun hier noch in einem kleinen Exkurs angesprochen werden, da ich sie für enorm spannend und zudem wissenswert halte. Dabei sei allerdings erwähnt, dass diese Themen (wie eigentlich alles in der Ameisenhaltung) sehr komplex sind und daher hier nur angerissen werden können. Granivorie (bei Ernteameisen)Die Granivorie bezeichnet eine Ernährungsweise auf der Basis von Pflanzensamen. Diese werden von den Ameisen quasi durchgekaut und über ein Enzymsekret zu so genanntem Ameisenbrot verarbeitet, welches dann gefressen wird. Als Futter werden also naturgemäß alle möglichen Samen und Körner angeboten. Das kann von Sonnenblumenkernen (natürlich geschält und naturbelassen, also ungesalzen), Hirse, Sesam, Nachtkerzensamen, bis hin zu Löwenzahnsamen oder gar Anzuchtsamen diverser Gemüsesorten gehen. Zu beachten ist, dass das Futter keine Zusatzstoffe beinhalten sollte - fertige Vogelfuttermischungen sind daher teils nicht geeignet. Pilzzucht (bei Blattschneiderameisen, den so genannten „Attini“)Arten, die diese Ernährungsform betreiben, ernähren sich ausschließlich von ihrem Pilz. Jede neue Königin trägt ein Stück des Pilzes bei sich und beginnt mit der Gründung eine neue Zucht. Der Pilz wird von den Ameisen mit Pflanzenmaterial (also normalerweise Blättern, was den Arten den Namen Blattschneiderameisen einbrachte) versorgt und zusätzlich mit dem eigenen Kot gedüngt. Der Pilz dient gleichermaßen als Nest und kann bei ausgewachsenen Kolonien mehrere Becken füllen. |
Ein kleiner Wegweiser zum eigenen VolkEinleitung2.Ameisenhaltung im Allgemeinen2.1 Warum eigentlich Ameisen?2.2 Die Ameisenhalterin, Der Ameisenhalter 3.Die Ameisenhaltung im speziellen3.1 Winterruhe3.2 Das Formicarium 3.3 Das Nest 3.4 Die Arena 3.5 Die Einrichtung 3.6 Die Ausbruchssicherung 3.7 Futter 3.8 Das erste Volk 3.9 Stress 3.10. Winterruhe 4. Gefahren durch Ameisenhaltung4.1 Exoten4.2 Biologische Invasion 4.3 Parasiteninfektion 4.4 Intraspezifische Homogenisierung 4.5 Fazit |
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