4.4. Intraspezifische Homogenisierung – das Problem „einheimischer Exoten“

4.4. Intraspezifische Homogenisierung – das Problem „einheimischer Exoten“



Hinter dem komplizierten Begriff „intraspezifische Homogenisierung“ verbirgt sich eine Gefahr, die oft vergessen oder vernachlässigt wird. Nicht nur die Einschleppung fremder Arten in ein Ökosystem können gefährlich werden, sondern auch die Einschleppung von Arten, die auch unter natürlichen Bedingungen im Ökosystem vorkommen. Ein Beispiel aus der Praxis ist, dass man immer wieder von Ameisenhaltern hört, sie möchten ihr Ameisenvolk aussetzen (weil sie kein Interesse mehr daran haben oder sich eine andere Art anschaffen wollen). Da sie ein Volk einheimischer Ameisen (z.B. Lasius niger) haben, meinen sie, das sei kein Problem. Weit gefehlt! Jede Population, egal welchen Lebewesens, ist an spezielle standortspezifische Bedingungen (z.B. das Klima) angepasst. Diese Bedingungen variieren allerdings zum Teil erheblich, und das bereits innerhalb einer Entfernung von einigen Kilometern. Setzt man jetzt ein Ameisenvolk in einem fremden Habitat aus, welches weit von dem Ort entfernt liegt, an dem sie gefangen wurde (z.B. eine Kolonie aus Stuttgart in Cottbus), ist sie an die dortigen Umweltbedingungen natürlich weniger perfekt angepasst als die einheimische Population. Die Folge ist, dass sie entweder zugrunde geht oder – was viel wahrscheinlicher ist – sich mit der einheimischen Population vermischt, welche dann möglicherweise ebenfalls Anpassungen an bestimmte lokale Bedingungen verliert. Dies ist natürlich ein Problem für die Ameisen selbst, andererseits aber auch für Wissenschaftler, die in jahrelanger und sehr teurer Kleinarbeit versuchen Forschungen (z.B. über DNA-Tests) an bestimmten Populationen zu betreiben. Das unüberlegte aussetzen eines kleinen Volkes kann also nicht nur unter den Tieren Schaden anrichten, sondern auch unheimlich aufwendige Forschung völlig wertlos machen.

Auch diese Theorie hat in der Vergangenheit immer wieder zu Kontroversen unter den Ameisenhaltern geführt, da nach der Evolutionstheorie sich die stärksten Tiere ja ohnehin wieder durchsetzen würden - letztendlich kann aber eine Population auch kurzfristig so stark geschwächt werden, dass schlussendlich andere Umweltfaktoren sie auslöschen. Und Hand aufs Herz: Man findet eigentlich immer einen Halter, der eine Kolonie gerne übernimmt - ein Aussetzen ist also überhaupt nicht notwendig.

Ein kleiner Wegweiser zum eigenen Volk

Einleitung

2.Ameisenhaltung im Allgemeinen

2.1 Warum eigentlich Ameisen?
2.2 Die Ameisenhalterin, Der Ameisenhalter

3.Die Ameisenhaltung im speziellen

3.1 Winterruhe
3.2 Das Formicarium
3.3 Das Nest
3.4 Die Arena
3.5 Die Einrichtung
3.6 Die Ausbruchssicherung
3.7 Futter
3.8 Das erste Volk
3.9 Stress
3.10. Winterruhe

4. Gefahren durch Ameisenhaltung

4.1 Exoten
4.2 Biologische Invasion
4.3 Parasiteninfektion
4.4 Intraspezifische Homogenisierung
4.5 Fazit